Die Ecstasy-Affäre
Augen und Herz verschließen.«
»Ich soll …« Sie warf die Hände vor das Gesicht und den Kopf weit in den Nacken. »Wie soll das alles gehen?«
»Vor allem schnell. Wir müssen der Kripo zuvorkommen. Wir werden gleich einen Plan entwickeln. Morgen früh …«
»Schon morgen?« schrie sie auf. Sie schwankte in ihrem Sessel.
»Morgen früh«, fuhr von Gleichem ungerührt fort, »fahren wir, das heißt Robert, Sie und Salvatore, über Land …«
»Salvatore soll …« Ihr Entsetzen war so groß, daß sie kaum Luft bekam.
»Salvatore hat beste Mafia-Erfahrung. Also, Sie fahren aufs Land, und dort wird das Problem gelöst.«
»Ich bin keine Mörderin!« schrie Ulrike. Sie sprang aus dem Sessel auf und rannte zur Tür, aber sie verließ den Raum nicht. Sie preßte nur ihr Gesicht gegen die Tür und ballte die Fäuste.
»Nein. Sie sind keine Mörderin. Wer verlangt das denn von Ihnen? Ist ein Bauer, der am Schlachthof ein Kalb abliefert, ein Mörder? Er hat es nur hingeführt. Mehr sollen Sie auch nicht tun. Dann können Sie spazieren gehen.«
»Begreifen Sie, was Sie da von mir verlangen?« schrie Ulrike gegen die Tür.
»Sie retten Ihr Leben. Und Sie sind hart genug, das zu ertragen. Ich weiß es, ich habe mich noch nie in Menschen getäuscht. Doch, einmal. Es war ein guter Freund. Sogar ein Schulfreund. Leider ist er im Starnberger See ertrunken. So etwas kommt vor, auch bei guten Schwimmern.«
Ulrike drehte sich wieder zu von Gleichem um. Ihre Augen waren gerötet, das Gesicht wirkte wie bei einer Siebzigjährigen. Es war eingefallen.
»Und wie soll ich Robert in diese Falle locken?« fragte sie dumpf.
»Mit der Liebe.«
»Ich verstehe nicht?«
»Beim Bild des toten Mädchens kam mir dieser Gedanke. Wenn Sie ihn hören, werden Sie mir recht geben, daß er genial ist. Hören Sie zu …«
Von Gleichem entwickelte seinen Plan, als erkläre er den Grundriß eines Hauses. Es war eine ganz einfache Falle, in die Robert hineinlaufen würde, weil sie seinem seelischen Zustand entgegenkam. Dabei zeigte sich, wie genau Franz von Gleichem Roberts Psyche kannte.
Als er zu Ende gesprochen hatte, starrte Ulrike ihn voller Angst und Grauen an.
»Ich habe Sie für einen Menschen gehalten«, sagte sie stockend. »Das war ein Irrtum. Sie sind ein Teufel!«
Und von Gleichem antwortete mit einem breiten Lächeln: »Und Sie sind, wie ich schon immer sagte, ein Satansengel. Darum passen wir auch so gut zusammen.«
Auch diese Nacht ging vorüber.
Fast schweigend saßen sie sich gegenüber wie Fremde, die zufällig an einem gemeinsamen Tisch essen mußten, nur ab und zu ein paar belanglose Worte sprechend beim späten Abendessen wie »Gib mir mal die Butter rüber« oder »Wo ist das Salz?«
Erst als Ulrike abgeräumt hatte, brach Robert das belastende Schweigen.
»Ich ziehe morgen mittag aus.«
»Hast du dir das genau überlegt?« Sie lehnte an der Wand neben dem Fernseher und hatte die Augenbrauen zusammengezogen. Wenn Robert jetzt sagen würde, sie sollten es doch noch einmal miteinander versuchen, war sie bereit, gegen von Gleichem um ihn zu kämpfen. Sie glaubte sogar, Christa vergessen zu können und Robert von seinem Schock zu befreien. Es konnte alles wieder so werden wie vorher, und in der Zukunft lag ihr gemeinsames Glück. Noch zwei, drei Jahre, dann würden sie im weißen Sand einer Bahama-Insel liegen, ein schönes Strandhaus bewohnen, unter Palmen träumen und die Vergangenheit dem Vergessen überlassen. Eine neue Welt …
Warum greifst du nicht zu, Bob? Kein Leben verläuft geradlinig, die Umwege sind zahlreich, und ab und zu liegt vielleicht auch ein Toter auf der Straße zum Ziel. Man darf sich nicht aufhalten lassen, man muß mit einem großen Schritt darüber hinwegsteigen. Du mußt nur denken: Ich will dahin, in die Sonne des Lebens, und nichts hält mich auf! Bob, wir können es gemeinsam schaffen, auch jetzt noch. Sag, daß wir darüber reden können.
Aber Robert sagte in einem Ton, der Endgültigkeit signalisierte:
»Es gibt nichts mehr zu überlegen. Ich kehre um …«
»Davon wird Christa auch nicht mehr lebendig.«
»Sie hätte gar nicht zu sterben brauchen!«
»Hab ich ihr Ecstasy in den Mund gesteckt?«
»Wer hat mich mit Ecstasy bekannt gemacht? Wer hat mich über die Wirkung belogen? Wer hat mich mit dieser Droge zum Narren gemacht?«
»Waren wir nicht glücklich?«
»Ein höllisches Glück. Ein chemischer Rausch. Aber jetzt bin ich aufgewacht.«
»Bist du das? Dann solltest
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