Die Ecstasy-Affäre
weinte er, die Finger in Christas Zeitungsbild verkrallt.
Es war, als hätte Franz von Gleichem Ulrikes Besuch erwartet. Er hatte zwei Cognacgläser auf dem Schreibtisch stehen und die entkorkte Flasche. Von Gleichem wies auf einen der Ledersessel und lehnte sich zurück.
»Sie sehen irgendwie erregt aus, Ulrike«, sagte er. »Ihre Augen haben einen anderen Ausdruck. Was bedrückt Sie?«
»Haben Sie die Zeitungen gelesen?« Sie setzte sich – und tatsächlich, ihre Hände zitterten leicht.
»Das tote Mädchen vom Wörthsee? Natürlich habe ich das gelesen. Sagen Sie bloß, Sie kennen sie.«
»Nein – aber Robert.«
»Ihr Goldjunge?« Von Gleichem wurde sehr ernst. »Ulrike, so sehr er Ihnen ans Herz gewachsen ist, ich mag ihn immer weniger. Kommt das Mädchen aus seinen Kreisen?«
»Nein. Er … er hat sie irgendwo kennengelernt.« Ihre Finger verkrampften sich ineinander. »Und dann sind sie zum Wörthsee gefahren, dort hat er sie gebumst …«
»Wundert Sie das?«
»Er hat mich betrogen!« schrie sie.
»Denken Sie an meine Worte. Der Sklave Spartacus hat seine Fesseln gesprengt. Das mußte so kommen. Aber Sie haben mich ausgelacht.«
»Und dann ist dieses Mädchen in seinen Armen gestorben. An Ecstasy …«
Von Gleichem schwieg. Er goß den Cognac in die Gläser, schob ein Glas Ulrike zu und nahm einen Schluck. Er war sehr nachdenklich dabei.
»Das ist peinlich«, sagte er dann leise. Seine gesenkte Stimme bewies, wie gefährlich es jetzt wurde. »Peinlich für das Mädchen, aber auch peinlich für Robert Habicht. Natürlich hat er einen Schock erlitten.«
»Er will mich verlassen und alles hinschmeißen.«
»Das heißt, er will aus dem Geschäft aussteigen?«
»Ja.«
»Ich sage ja: Ihr Jüngling befindet sich in einer peinlichen Lage. Aus unserem Geschäft steigt man nicht einfach aus. Es ist auf Vertrauensbasis aufgebaut, und wenn das Vertrauen fehlt, gibt es keinen Konsens mehr. Ich habe Ihnen immer gesagt, Ulrike: Robert ist ein Risiko. Unsere Geschäfte aber müssen risikolos sein. Das bin ich schon unseren Partnern schuldig. Es sind Geschäftsleute, die gradlinig denken. Hier ist ein Weg, den gehen wir, und was im Weg liegt, muß zur Seite geschoben werden. Eine klare Richtung. Nun liegt plötzlich Ihr Robert auf dem Weg … Was machen wir da? Das ist eine heikle Frage.«
»Deshalb bin ich zu Ihnen gekommen.«
»Lieben Sie ihn noch?«
»Ja. Aber er hat mich betrogen, hat mich verraten. So ein junges Ding … Was konnte sie ihm schon bieten?«
»Ihre Jugend. Dagegen kommen Sie nicht an, Ulrike. Kämpfen Sie nicht gegen Windmühlen wie Don Quichote. Sie werden immer wieder verlieren.« Von Gleichem trank seinen Cognac aus. Ulrike hatte ihren noch nicht berührt. »Sie sagten einmal: Wenn Robert mich betrügt, bringe ich ihn um.«
»Ja, das habe ich gesagt.«
»Und nun? Er hat Sie betrogen.«
»Ich hätte ihn gestern töten können. Ich hatte die Pistole schon in der Hand. Aber dann konnte ich es doch nicht. Ich konnte es einfach nicht.«
»Ich wüßte eine Möglichkeit, Ihnen die Entscheidung abzunehmen.«
»Sie … Sie wollen …« Ulrike kroch in sich zusammen. Panische Angst überfiel sie. Erst jetzt erkannte sie, daß von Gleichem von Beginn des Gespräches an nichts anderes gedacht hatte. »Das … das geht doch nicht …«
»Analysieren Sie unsere Situation.« Von Gleichem sprach, als halte er einen Vortrag. »Da ist ein totes Mädchen. Durch Ecstasy. Schon jetzt hat die Polizei ihren Namen und rollt ihr Umfeld auf. Dabei kann man auf Ihren Robert stoßen. Welch eine Gefahr für uns. Kommt Robert bei den Ermittlungen nicht in den Polizeicomputer, sorgt er selbst dafür: Er will aussteigen, hat er gedroht. Aussteigen heißt aber auch: Er läßt uns hochgehen! Das meint er, der Toten schuldig zu sein. O ja, ich kenne genau die Gedankengänge dieses Jungen. Er will Rache. An wem? An Ihnen und unserem Geschäft. Für ihn sind Sie jetzt eine Mörderin …«
»Ja, genau das hat er gesagt.«
»Und Sie begreifen die Gefahr nicht, in die er uns alle bringt? Ulrike, hier muß schnell gehandelt werden. Es geht um unsere ganze Organisation! Und wenn Sie ihn schützen wollen, sind auch Sie in größter Gefahr. Legen Sie sich nicht auch noch in den Weg. Unsere Partner …«
»Sie würden auch mich töten?«
»Die Sicherheit kostet Opfer. Aber Sie wollen doch leben, Ulrike. Wollen Sie durch Ihren Goldjungen vernichtet werden? Sie haben eine glänzende Zukunft vor sich, wenn Sie jetzt
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