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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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sich Geheimnisse an, Sylvia lernt Georg kennen – und die beiden verlieben sich. Die Katastrophe nimmt ihren Lauf, sie ist nicht mehr aufzuhalten.“
    Oxana hatte auch kleine Schälchen mit Schokoladenpudding in ihrem Korb. Wir löffelten andächtig, wieder Kopfkino, etwas Melodramatisches im Romeo-und-Julia-Stil, tragischer Ausgang. Krause spendierte Verdauungsschnaps – „keine Angst, ist nicht von hier“ -, ich spendierte Verdauungszigaretten. Wir pafften und sinnierten und warteten auf die Fortsetzung der Geschichte.
     
     
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    „Tja.“ Krause hielt für einen Moment inne, um mit der Zungenspitze ein Zahnloch nach Essensresten zu durchpflügen. „Gegen die Natur ist der Mensch machtlos. Sylvia und Georg verliebten sich ineinander, eine heimliche Romanze zunächst, dann war Georg mit der Schule fertig und wurde Azubi in der Buchhaltung der Hähnchenfarm. Gunnar Koch schätzte ihn, aber glauben Sie nicht, er hätte ihn besser behandelt als die anderen seiner Arbeitssklaven. Oh nein. Gunnar Koch war ein Schwein durch und durch, geldgeil, und seine Tochter musste demzufolge zum höchstmöglichen Preis verscheuert werden.“
    „Ach Gott“, seufzte Oxana und nahm einen Schluck Wein. „Was ist passiert?“ „Das übliche“, antwortete Krause. „Sylvia und Georg waren ein Liebespaar, sie trafen sich an verschwiegenen Plätzen, aber so verschwiegen ist hier kein Platz als dass die Sache nicht eines Tages auffliegen würde. Sylvia studierte inzwischen. Kunstgeschichte natürlich.“ Der Alte lachte verächtlich. „Genau das Richtige für eine, deren vorzüglichster Daseinszweck es ist, meistbietend verheiratet zu werden, einen Juniorchef mit möglichst viel Kapital in den Laden zu schaffen, damit man investieren kann. Und mit ein wenig Lendenkraft, um den ersehnten männlichen Erben zu produzieren. Sie wussten das beide, Sylvia wie Georg, sie wollten sich dem nicht fügen, nach Sylvias Studium ihren Vater mit der Wahrheit konfrontieren, notfalls abhauen, auf Nimmerwiedersehen.“
    „Richtig!“ rief Oxana. Krauses mitleidiger Blick sagte ihr sofort, es war anders gekommen. „Wir im Dorf ahnten, nein, wir wussten, was zwischen den beiden lief. Wir hatten Angst. Aber wir schwiegen. Bis auf einen, der auch in Sylvia verliebt war und für die Kochs arbeitete. Er hat eines Tages alles verraten, was weiß ich, warum genau, was er sich erhoffte, was es ihm gebracht hat. Gunnar Koch tobte, Gunnar Koch hegte Mordgedanken. Georg erhielt die fristlose Kündigung. Sollte er sich widersetzen und vor dem Arbeitsgericht dagegen klagen, würde die Sekretärin nicht zögern, ihn unter Eid der sexuellen Nötigung zu beschuldigen. Koch hatte seine Leute im Griff. Sylvia verschwand. Bei einer Tante sei sie, hieß es, eine junge Frau von 21,22, man muss sich das vorstellen! Georg suchte sie, hoffte, sie würde zurückkommen. Aber sie kam nicht zurück. Aber sie kam nicht zurück, ein Jahr verging, Georg hatte inzwischen Arbeit in der Stadt gefunden, was blieb ihm auch übrig. Die Dorfbewohner mieden ihn zumeist, Koch drohte ihnen mit Entlassung, sollten sie es nicht tun. An Wochenenden war Georg meistens daheim, fragte nach Nachrichten – und endlich gab es eine. Sylvia war zurückgekehrt, ein Schatten ihrerselbst, mit ihrem Verlobten, der erwarteten guten Partie – und schwanger.“
    Oxana schnappte nach Luft wie ein Goldfisch auf dem Trockenen. „Ooooch!“ „Man hat sie von allen Seiten bequatscht“, stellte Krause nüchtern fest, „das war Psychoterror! Und um die Perfidie perfekt zu machen, hatte der alte Koch einen Privatdetektiv mit einem gewiss großzügigen Honorar dazu gebracht, einen gefälschten Observierungsbericht vorzulegen, in dem Georg Webers amouröses Treiben in typischer Wein, Weib und Gesang – Manier beschrieben wurde. Damit war Sylvia Kochs Widerstand endgültig gebrochen. Sie akzeptierte zutiefst deprimiert den geldschweren Galan und ließ sich von ihm bei der erstbesten Gelegenheit schwängern.“
    Es fehlte nicht viel und Oxana hätte vor Entrüstung ob solchen Frevels ausgespuckt. Doch mir schwante, die Geschichte sei noch nicht zu Ende, ihrer trauriger Höhepunkt noch nicht erreicht. Krauses Mimik bestätigte das. Wir rauchten schweigend eine Runde, leerten die Flasche Wein, sahen flüchtig aus dem Fenster, vor dem sich sternenklare Nacht über dem Schneeweiß spannte. „Schlimm genug“; fuhr Krause endlich fort, „das Ende einer Liebe. Aber noch schlimmer: Es war gar nicht das

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