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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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sich keine Sorgen, Moritz würde entdecken, dass sie ihm folgte. Selbst in der morgendlichen Stadt fühlte sie sich sicher, 30 Meter hinter Klein, kaum jemand sonst unterwegs, nur ein paar Typen von der Stadtreinigung und einer, der vier tote Ratten auf einem großen Kehrblech vor sich her trug.
    Klein betrat eine Bäckerei, die Frühstück an Stehtischen anbot. Er trank Kaffee, futterte drei süße Teilchen, ließ sich ein Sandwich zum Mitnehmen machen. Vika wartete geduldig im Hauseingang gegenüber.
    Wieder ließ sie ihm 30 Meter Vorsprung, bevor sie aus ihrem Versteck schlüpfte. Der Himmel war bedeckt und voller Möwen. Klein schlenderte durch enge Gassen, es sah so aus, als ginge er einem festen Ziel entgegen und tatsächlich, er blieb jetzt stehen. „Les Saints“, ein winziges Restaurant im Erdgeschoss, darüber Zimmer für Gäste.
    Klein begann zu rauchen, auf und ab zu gehen. Vika, hinter einem Brunnen versteckt, den eine steinerne Meerjungfrau mit Wasser vollspuckte (nur von Mai bis August, Touristenzeit), sehnte sich nach einer Zigarette und wartete ebenfalls. Watching the Detectives fiel ihr ein, Elvis Costello. Sie summte die Melodie, wartete, tat nichts sonst.
    Irmi tat nichts sonst als zu warten. Die Typen tappten gerade durch die Küche und unterhielten sich leise, einer von beiden (es mussten zwei sein) lachte. Dann kamen die Schritte näher. Und ich trag diesen albernen Schlafanzug im Bett, was sollen die Herren Verbrecher nur von mir denken.
     
     
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    Alberner Weise erinnerte sich Irmi an einen Slogan aus alten Zeiten. „Für ein dünnes Butterbrot schlägt er seine Mutter tot“, auf einem Transparent gegen die Kapitalistenschweine, damals nach dem Attentat auf Rudi. Sie war gewiss nicht die Mutter der beiden Typen, die gerade vor ihrer Schlafzimmertür standen, aber deren Sinne standen auch bestimmt nicht nach dünnen Butterbroten. Es klopfte sachte, fast zögerlich an die Tür und Irmi, gut erzogen, sagte mit fester Stimme: „Herein“.
    Hermine sagte „Tschüss“. Das musste sie, das war kundenorientierte Freundlichkeit, das stand sogar in ihrem Arbeitsvertrag. Sie zog mechanisch junge Erbsen und Schokoriegel über das Scannfeld, pieppiep, sie hörte es schon gar nicht mehr. Eingeschweißtes Brot von vorgestern, halber Preis, dazu Butter mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum, ebenfalls halber Preis: Da wusste man, mit wem man es zu tun hatte. Aber normalerweise war es Hermine egal, was die Leute einkauften. Sie musste nur darauf achten, wann Samstag war, denn dann musste man den Kunden „Schönes Wochenende“ wünschen, gar nicht zu reden von den hohen Feiertagen, die gemäß Arbeitsvertrag ein „Frohe Weihnachten, frohe Ostern, Prost Neujahr“ verlangten. Jeder Kundenkontakt begann mit einem „Guten Morgen“, einem flüchtigen Blick in ein sofort wieder verschwundenes Gesicht, dann Kopf etwas anheben und in den Spiegel oben gucken, einen Kontrollblick in den Einkaufswagen. Wie oft sie das während der Schicht tat, wusste sie nicht, würde man mal zählen müssen. „Guten Tag.“
    „Guten Morgen.“ Der gerade seinen Kopf ins Schlafzimmer streckte, hatte ein schelmisches, gutgelauntes Gesicht. „Wir sind die Herren von der Volkszählung und machen Hausbesuch.“ Hinter ihm lachte es meckernd. Irmi fröstelte. Sie riss sich zusammen und sagte „Ach ja?“ Der Mann machte zwei Schritte ins Zimmer, der Mann hinter ihm auch. Mittelalte Burschen, eine Idee in Irmis Kopf. Die Kerle, die Moritz... Sie richtete sich auf. „Was kann ich für Sie tun?“ Der vorne nickte und leckte mit der Zunge über die Oberlippe. „Wusste ich’s doch, Bernie, diese Frau ist einfach höflich, die hat Stil, die hat Klasse, das ist alte Schule, damals wurde noch Anstand beigebracht, Gruß an Ihre Eltern unbekannterweise.“ „Die sind längst tot“, antwortete Irmi lakonisch. Der Hintere machte bedauernd „ooooch“. Und fragte: „Wenn jemand tot is, is nicht so schön, Jonny, gell?“ Der Jonny Genannte stand jetzt am Fußende von Irmis Bett und stützte sich mit beiden Handflächen ab, etwas vorgebeugt. „Tja, Bernie, tot zu sein ist eine schöne Scheiße. Natürlich müssen wir alle mal sterben. Aber ebenso ist alles relativ. Wann man stirbt, wie man stirbt, warum man stirbt.“ Bernie machte „aaaaaaah“. Und: „Du hast heute wieder deinen Philosophischen, aber hammerhart, Jonny.“ Der nickte versonnen und betrachtete die Frau im Bett.
    Marxer nickte versonnen und betrachtete die Frau im

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