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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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und zu fluchen, das Nummernschild war nicht zu erkennen, ein dunkelblauer Fiat, so schien es mir, aber ich war schon zu weit entfernt, um etwas Genaues erkennen zu können.
    Endlich – es ging auf Mitternacht zu – daheim. Ich zog mich aus, nahm eine heiße Dusche, setzte mich in Pullover und dicker Hose an den Ofen, schaltete den Fernseher an und informierte mich über den „Wintereinbruch in Deutschland“, was ich mir hätte sparen können, denn ich war ja dabei gewesen. Ein Glas Dosenwurst ging den Weg aller Dosenwurst, durch die Kälte meines Körpers nämlich, die auf jenen Fraß pfiff und nicht daran dachte, die Kurve zu kratzen. Ich suchte die ganze Wohnung nach Alkohol ab, fand keinen. Betrachtete ziemlich unbeteiligt einen Boxkampf, der in Runde 2 durch einen Magenschwinger beendet wurde. Geriet in eine Talkshow mit Heiner Geißler, mit wem auch sonst. Erfuhr, die Fußballweltmeisterschaft 2022 finde in Katar statt. Nahm mir vor, die Wahrscheinlichkeit der Existenz eines Staates mit diesem Namen zu überprüfen. Warf mich sodann ächzend in meinen Schlafanzug und unter die Bettdecke, zitterte eine Weile vor mich hin, dachte noch mal an diesen merkwürdigen Tag, träumte dann von ihm, erwachte und ging aufs Klo, denn die fünf genossenen Glühwein hatten genug von Moritz Klein und wollten ihn schleunigst verlassen. Ich verstand das. Ich beneidete sie um diese Möglichkeit.
     
     
    18
    Der Sonntag war ein Sonntag. Ich verließ das Bett nur zu Zwecken des Im- und Exports, was mich an den Montag denken machte, ein unwillkommener Umstand, denn an Sonntagen verdrängte ich nicht nur die Niederlagen der vergangenen Woche, ich versuchte auch, die der folgenden gar nicht erst zur Kenntnis zu nehmen. Ich bin sicher, so praktiziert es auch die Bundeskanzlerin. Sie liegt im Bett und überlegt sich, ob sie das Wort Klimawandel schon mal gehört haben könnte oder vielleicht doch in Zukunft besser nicht hören sollte.
    Draußen lag Schnee. Ich hasse Schnee. Ich hasse auch Dosenravioli. Jetzt saß ich aufrecht im Bett, gabelte Dosenravioli und sah aus dem Fenster auf nichts als Schnee, Schnee, Schnee. Es hatte Sonntage gegeben, an denen es mir deutlich besser gegangen war, Sonntage mit Dosenravioli und Dauerregen.
    Ich las ein Buch, einen recht lustigen Krimi, in dem der Komiker Groucho Marx den mysteriösen Tod eines Starlets aufklärt. Wir waren ja nun quasi Kollegen, Marx der bessere Komiker, aber dafür weilte ich noch unter den Lebenden. Das Buch hatte ich mich direkt vom Verleger mit der Lüge erschwindelt, ich sei ein Krimigroßkritiker. Auch das war ein Teil der Strategie, meine Ernährungssituation zu stabilisieren. Ich ließ mir sogenannte Besprechungsexemplare schicken, besprach selbstverständlich nichts und niemanden, verkaufte die Bücher in modernen Antiquariaten und schleppte den kärglichen Erlös umgehend zum Discounter. Das machen alle Krimikritiker und es wundert mich seit Jahren, dass die Verleger keinen Wind davon bekommen.
    So dämmerte ich in meiner Matratzengruft vor mich hin. Groucho war soeben auf ein Kasinoschiff entführt worden, überhaupt war bei ihm immer mächtig was los. Er tändelte mit den schönsten Frauen von Hollywood (die inzwischen auch schon alle tot waren, tröstete ich mich), während ich bestenfalls mit zickigen Wirtinnen ältlicher Gasthäuser verkehrte, aber immerhin würde ich morgen der bundesdeutschen Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts einen Besuch abstatten, was mich in den Augen von Hammett und Chandler deutlich heben dürfte. Aber genug von diesem Firlefanz. Ich klappte das Buch zu, seufzte in den einsetzenden Schneefall, lauschte dem Wind, der an meinem undichten Fenster rüttelte, kuschelte mich in die Steppdecke, bis mich der Import der Dosenravioli zum schleunigen Export zwang, womit ich wieder beim Montag war, an den ich nicht denken mochte, aber pausenlos dachte. Aufstehen und auch diese unbezahlte Arbeit erledigen.
    Dann wurde es endlich dunkel. Kein Telefonanruf hatte meine Kontemplation gestört, selbst meiner Klientin schien die Sonntagsruhe heilig. In der Küche betrachtete ich den nun leeren Stuhl, auf dem sie gestern gesessen hatte. Was wusste ich von Sonja Weber? Nicht viel, eigentlich gar nichts. Sie hatte möglicherweise einen Geliebten namens Lothar, der beschattet wurde, und zwar nicht nur von mir. Gleich gegenüber wirkte eine gewisse Helga oder Monika in ihrer Kneipe und war Sonjas Nebenbuhlerin. Auch das nur möglicherweise. Und über allem

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