Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
Vom Netzwerk:
erst mal auf. Aber erschrick nicht. Die Jungs sehen leicht lädiert aus.“ Die Untertreibung des Jahrhunderts. Zwei Arme griffen unter die des Dichters, der nun auf seinem Hosenboden und dieser auf einem verschlissenen Teppichboden hockte und um sich schaute. Anzeichen eines Kampfes. Auch so eine Untertreibung. In einer Ecke lagen, gut verschnürt, zwei dickliche ältere Männer und bluteten vor sich hin. Dass sie noch lebten, verrieten nur ihre Augen, und wenn Marxer noch einmal „Man sah Angst in ihren Augen“ schreiben würde, er hätte stets das Bild der beiden Männer vor sich. Jetzt sah der Dichter auch Sonja Weber, die ihm aufmunternd zulächelte. Und zwei weitere Frauen am Tisch, die ihm ebenfalls aufmunternd zulächelten, zwei Frauen der Sonderklasse, was Größe und Gewicht anging. Marxer erschauderte. Und hörte die Stimme der einen von vorhin: „Noch mal sorry, aber ich war grad so schön am Prügeln, dass ich dachte, du wärst auch einer von denen. Aber is ja nix passiert. Ohne dich hätte das nicht funktioniert.“
    Dann kam Oxana mit einer Tasse, aus der es dampfte. „Kaffee“, sagte sie, „trink mal, mein Held.“ Reichte sie ihm und ließ einen flüchtigen, aber immerhin einen Kuss auf der Stirn des Helden zurück. Der trank in kleinen Schlucken. Tat gut, obwohl er husten musste. „Ich verstehe gar nichts. Was soll das hier? Was sind das für Typen? Was ist hier passiert?“ Oxana streichelte ihm zärtlich über den Kopf. „Werden wir dir alles erzählen, mein Großer. Du hast übrigens was bei mir gut.“ Oh. Mein. Gott. „Aber zuerst müssen wir überlegen, wie wir von hier weg kommen. Draußen verstopfen 2000 junge Leute die Straßen.“ Aus drei gewaltigen Mündern kamen gewaltige Stöße monströser Erheiterung. „Na, das lass mal unsere Sorge sein, Schätzchen.“
     
     
    264
    Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ha, ha. Ich seufzte laut auf. Konnte mir zur Abwechslung nicht einmal eine weniger dämliche Tröstung einfallen? Die Hoffnung stirbt zuletzt, Moritz Klein stirbt also vorher und seine Hoffnung stromert heimatlos wie der letzte Penner über die Erdscheibe. „Hey, brauchen Sie zufällig eine ziemlich robuste Hoffnung? Ganz wohlfeil, universell einsetzbar.“ Interessenten würde es genug geben und die Hoffnung des Moritz Klein wäre das, wozu sie in die Welt gesetzt worden war: Ein Furz von Selbstberuhigung, kurz vor dem Ableben.
    „Die tun uns schon nix“, sagte Katharina, „die warten nur ihr Islandding ab und dann...“ Das Pünktchenende beruhigte uns keineswegs. Borsig hatte seine Schalkemütze abgezogen, drehte sie in den Händen, dachte vielleicht an seine größte Lebenslüge, die abstruse Annahme nämlich, Schalke 05 sei eine klasse Fußballmannschaft und Dortmund der Teufel mit acht Buchstaben.
    Seit man uns hier eingeschlossen hatte, war niemand mehr aufgetaucht, nicht einmal, um uns mit Wasser und sonstigem Proviant zu versorgen. Für einen schrecklichen Moment mutmaßte ich, wir seien auserkoren, die große afrikanische Hungersnot im Kleinen nachzustellen. Doch dann näherten sich Schritte.
    „Aha“, sagte Katharina und es klang wie „Aber bitte beschädigen Sie meine Halskette nicht, wenn Sie mir gleich den Kopf abschlagen.“ Borsig seufzte und setzte sein Mützchen auf, Schalke war doch eine tolle Mannschaft, im Angesicht des Todes eine lässliche Lüge. „Sie bringen Verpflegung“, hoffte ich irrsinniger Weise. „Hoffentlich keine Brötchen mit Schwartenmagen drauf, ich hasse Schwartenmagen“, tat Borsig überraschende Details seiner kulinarischen Befindlichkeiten kund. „Wie ist es eigentlich, eine Kugel in den Kopf zu kriegen?“ fragte Katharina. Wir wussten es mangels einschlägiger Erfahrung nicht. Der Schlüssel wurde gedreht.
    „Aha“, machte Jonas. Laura schwieg, ich sagte an ihrer statt „cool“. Es war eine ehrliche Gefühlsäußerung. „Habt ihr die Tür von außen zugesperrt und kommt jetzt nicht mehr raus oder was läuft hier eigentlich?“ Jonas' Humor war nie köstlicher gewesen, ich hätte den Wonneproppen knutschen können. Katharina tat es. „Ey, ihr Zwerge seid einfach geil! Und jetzt raus hier.“ Gute Idee.
    Aber einfach so abhauen? Mir war irgendwie danach, die Bude abzufackeln, wenigstens diesen Johann auf gute alte deutsche Art zu verprügeln. Doch schon schlichen wir über den Flur dem Ausgang entgegen und meine Entrüstung verflüchtigte sich mit dem Körper, der sie transportierte. Wir erreichten den Zaun, schwangen uns

Weitere Kostenlose Bücher