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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Schlepptau, dessen Frauen möglicherweise auch die entsprechenden „Sachen“ mit sich herumtrugen. Und jetzt stand der Bursche vor meiner Tür. „Moment!“ schrie ich und stand auf. Sofort wurde mir schlecht und ich legte mich wieder hin. Es klopfte abermals.
    „Schalt den Fernseher an!“ kommandierte, an mir Verdutztem vorbei in die Wohnung stürmend, der aufgeregte kleine Mann. Mir fiel auf, dass er seine Schalkemütze nicht trug, ein unerhörtes Ereignis von historischen Dimensionen. „Hallo?“ fragte ich zaghaft und trottete Borsig nach, der aber hatte längst meinen Fernseher eingeschaltet (er traute es mir wohl selbst nicht zu) und sagte: „Gleich werden dir die Augen wie Billardkugeln aus der Rübe kugeln.“ Er hatte unbezweifelbar seinen poetischen Vormittag.
    Nun ja. Die übliche morgendliche Kochsendung war nicht dazu angetan, meine Augen in der beschriebenen Weise zu malträtieren. „Shit“, fluchte Borsig und suchte nach der Fernbedienung. Als er sie gefunden hatte, zappte er sich durch die Programme, bis zu einem Nachrichtensender. Was dort zu sehen und zu hören war, ließ mir die Augen wie Billardkugeln aus der Rübe kugeln, obwohl ich die Wortdoppelung als Besitzer eines Vollabiturs vermieden hätte.
    „Aufgabe des neuen Beauftragten für die Beförderung des Bürgerglücks wird es sein, die Sinnhaftigkeit des Daseins zu betonen, zu unterstreichen, nach Kräften zu promoten und in Wort, Tat und Schrift zu unterstützen. Das Bürgerglück – so die Erklärung der Bundeskanzlerin – müsse als eine Art stabile Edelwährung an die Stelle des launischen Geldes treten, denn Glück sei kein materielles Gut. Sie sei davon überzeugt, mit der Person des Beauftragten eine mehr als gute Wahl getroffen zu haben, einen Mann von moralischer Integrität, der sich in seinem bisherigen Leben stets erfolgreich dagegen geweigert habe, Geld in größeren Mengen anzusammeln. Die Opposition kritisierte die Wahl als nicht transparent und forderte eine Volksbefragung, da das Thema Bürgerglück von noch größerer gesellschaftlicher Relevanz und soziologischer Tragweite sei als etwa die Themen Stuttgart 21, Bürgergeld oder Wer wird Fußballeuropameister, wenn wir vom Schiedsrichter beschissen werden.“
    Das alles durchrauschte mein Bewusstsein wie ein Strom wirbelnden Wassers. Meine Augen – die Billardkugeln – lagen längst auf dem Boden und starrten von dort aus auf den Bildschirm. Was sie sahen, glaubten sie nicht. Dieses Porträtfoto. Der neue Beauftragte für die Beförderung des Bürgerglücks. Ich. Moritz Klein.
     
     
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    Ihm schmeckte das nicht. Er war für klare Verhältnisse, eine gerade Linie, er verabscheute alles im Zickzack, alles mit Umwegen. Aber das war nun einmal Taktik, das war Diplomatie. Wie hatte die Bundeskanzlerin gesagt? Wenn du sie nicht besiegen kannst, umarme sie. Ja doch. Deshalb war SIE die mächtigste Person im Staate und ER nur ein Beamter der Maschinerie. Trotzdem. Dieses Land wird noch einmal an seinen Denksportlösungen zugrunde gehen, sagte er sich. So dass es niemand hörte. Dann wandte er sich wieder – seufzend – seinen Unterlagen zu.
    Moritz Klein. Erledigt. Beauftragter für das Bürgerglück, ein kleines Büro samt Sekretärin in einem Ort seiner Wahl, nur möglichst weit weg von hier. Ein auskömmliches Salär, Pensionsanspruch, Einladung zum Neujahrsempfang des Bundespräsidenten, wenn es zukünftig einen Bundespräsidenten, wenn es zukünftig neue Jahre geben sollte. Okay, abgehakt. Weiter im Text.
    Dieser Marxer. Leider kannte man in Deutschland nicht das Amt des Hofdichters, in Großbritannien gab es so etwas. Einen Krimipreis zuschanzen? Schnell im Internet recherchieren. Ach Gottchen, lieber nicht! Wenn man das liest, weiß man, was ein Danaergeschenk ist. Bleibt die Standardlösung: Dem Mann einen Auftritt in einer Talkshow verschaffen, Thema beliebig, er wird schon das Maul aufkriegen und was sagen. Das ist dann die Hauptsache. Erledigt.
    Nächster Fall: Hermine. Knackiges Persönchen, lebt in prekären Verhältnissen, kein Abitur, also wird nix mit Stellvertretender Staatssekretärin im Familienministerium, Abteilung Empfängnisverhütung. Kleine schicke Boutique zuschanzen? Gibt Ärger mit dem Haushaltsausschuss, siehe Schuldenbremse. Wäre am elegantesten, die Lady würde ihren Besamer heiraten, den frischbestallten Bundesbeauftragten für Bürgerglück. Mal schauen, was sich da tun lässt.
    Oxana. Schwieriger Fall. Die Frau ist

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