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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Goldmedaillen mit Hilfsmitteln gewinnen konnten? Pferde, Fahrräder, Boote. Andere sprangen einfach ins Wasser und schwammen los oder nahmen ihre Beine in die Hand und liefen was das Zeug hielt. Deutsche brauchten immer Gegenstände. Materialistisches Volk halt, die Besserverdienenden.
    Interessierte sie das überhaupt? Nein, klar, überhaupt nicht. Aber es half. Sie wurde ruhiger, döste vor sich hin. Sah Moritz Klein vor sich, der nicht ahnte, in welcher Gefahr er schwebte und in welche er Marxer gebracht hatte. Okay, es gab viel zu viel Krimiautoren auf der Welt, da würde man einen nicht vermissen. Im Gegenteil. Aber es war eine Sache der Moral. Sogar Krimiautoren waren menschliche Wesen. Jedenfalls dann, wenn sie nicht gerade Krimis schrieben.
     
     
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    Ok, dann eben Krieg. Was dachte sich dieser Mensch nur? Als real existierendes Wesen eine komplette Null, als literarische Gestalt immerhin existent, wenn auch ein Idiot. Andere wären froh darüber, andere hockten sich in dämliche Talkshows, hielten ihre Fressen in jede Kamera, nur um das Gefühl zu haben, dass irgendjemand sie für etwas Besonderes hielt. Nicht so dieser Klein. Und was für einen Mist der so absonderte! Das war ja beinahe FDP-Niveau! Aber ok, ok, dann eben die harten Bandagen. Marxer würde ihn vorführen, in den Staub schreiben, zur größten Lachnummer seit Westerwelle degradieren. Er nahm sich vor, heute Abend in die „Bauernschenke“ zu gehen, vielleicht war der Typ ja anwesend. Als Mann oder als Frau? Noch überlegte Marxer.
    Aber er kam kaum zum Überlegen. Alle Welt wollte seinen Kommentar. Er war wichtig, er war eine Person des Zeitgeschehens, er war nicht mehr weit von Prinz William und dieser Kate entfernt. Schwarz, genau. Er würde sich heute wie ein Existentialist kleiden oder wie diese Typen im Kino. The man in black, Johnny Cash oder wie der hieß, jedenfalls war der schon tot. Zufällig anwesende Journalisten würden sofort schreiben: „Marxer, Protagonist des Roman Noir, jetzt auch an der Kleidung erkennbar“, nicht schlecht, dieses Image hatte er noch nicht, musste man mal testen.
    Er beauftragte Olya damit, sein schwarzes Halbarmshirt zu bügeln und auch die schwarze Jeans, die mit den Bundfalten. Weiße Socken? Nein, das trugen nur Innenarchitekten. Dunkelgraue Socken mit schwarzen dünnen Streifen darin, das sorgte für die nötige modische Differenzierung. Wie sah seine Haut aus? Hatte sich die Zehnerkarte für das Sonnenstudio schon bezahlt gemacht? Okay, hätte besser sein können, aber wie ein ständiger Bewohner von Malle wollte er auch nicht rüberkommen. Olya sah ihn so komisch an, anscheinend machte es ihr keinen Spaß, seine Klamotten zu bügeln. Stand nur aber mal im Arbeitsvertrag.
    Er brauchte einen Leibwächter. Nein, Bodyguard hieß das wohl. Schließlich hatte jemand ein Attentat auf ihn verübt, das hatte schon John F. Kennedy – Dimensionen, irgendwie. Gut, das kostete, aber das Geld käme wieder rein. Er wäre dann wohl der einzige deutsche Schriftsteller mit Bodyguard, von den Typen einmal abgesehen, gegen die gerade eine Fatwa ausgesprochen worden war, aber die konnten sich wahrscheinlich überhaupt keinen Bodyguard leisten. Wo bestellte man so etwas? Amazon? Da konnte man inzwischen auch Klopapier kaufen, also wohl auch einen Bodyguard. Oder, noch besser: eine Bodyguardistin. Vika fiel ihm spontan ein, aber die würde ihm einen Korb geben, wegen Oxana und überhaupt.
    Olya brachte ihm Hose und Shirt, er begutachtete sie flüchtig. Also Hose und Shirt, nicht Olya. Die sah blendend aus, keine Bügelfalten, wusste er doch. Was man von der Hose jedenfalls nicht sagen konnte. Aber Marxer verkniff sich einen Kommentar. Ein bisschen unperfekt war vielleicht sowie ganz gut, schließlich wollte er als Existentialist durchgehen, Camus oder Sartre, die hatten auch keine einwandfrei gebügelten Jeans getragen, konnte er sich jedenfalls nicht vorstellen. Er zog sich um und betrachtete sich im Spiegel. Nicht schlecht. Vielleicht etwas zu braun, blass wäre besser, von wegen Existentialismus eben. Aber man konnte nicht alles haben. Aber eine Bodyguardistin brauchte er. Unbedingt.
     
     
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    Ich hatte versprochen, Irmi abzuholen. Sie wollte – natürlich nur aus Protest – mit in die „Bauernschenke“ kommen, diesen, wie sie es nannte, „Schickeriatempel, also da schmeckt mir sogar der Eierlikör nicht mehr und du kannst mir glauben ey, das ist eigentlich so unvorstellbar wie ein wahres Wort im

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