Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)
schmeckte. Aber immerhin nur 23,90 kostete, absoluter Schnäppchenpreis. Fünf von diesen Portionen und man wäre leidlich satt.
„Oxana kommt auch“, grinste Irmi. „Ich hab sie eingeladen. Falls Marxer hier auftauchen sollte, gibt es ein heißes Tänzchen mit vager Chance auf Eiertransplantation, ganz im Stil der Speisekarte.“ Wie aufs Stichwort öffnete sich die Tür – und Gritli Moser betrat den Schankraum. Hübsch im Schweizer Minidirndl, kleine Kuhglocken als Ohrringe. Etwas übertrieben schweizerisch, aber wohl genau passend in diesem Ambiente des Geschmacklosen.
„Gut siehst aus“, lobte Irmi und Gritli lächelte. Ein hübsches Lächeln, wie mir sogleich auffiel, sehr warm und ehrlich. „Ich muss doch mal etwas fürs Klischee tun“, sagte die Schweizerin und hatte, wie man den Blicken der Gäste entnehmen konnte, ihr Ziel erreicht. Sie bestellte ein Bier, fragte, ob man Käsefondue bekäme, erhielt eine negative Antwort und entschied sich schließlich für „Wurstbrot prekär“, zwei Scheiben Industriebrot mit Billigbutter und noch billigerer Wurst. Der Befrackte murmelte „Aldibrot“ und schlich von dannen. 12 Euro glatt, auch sehr preiswert.
Hermine war beschäftigt und beachtete uns nicht, jedenfalls nicht auffällig. Ich frage mich, ob Mohamad und Mirjam noch in der Küche arbeiteten, fragte endlich auch Irmi danach, die schüttelte den Kopf. „Nee, die sind gegangen. Mit ihrer Aufenthaltserlaubnis können sie ja jetzt legal arbeiten, ich glaube, Mohamad versucht es als Ingenieur und Mirjam macht irgendwas Soziales. Kannst sie ja selber fragen, ich hab sie übers Wochenende zu mir eingeladen. Wir machen bei mir eine geile Achtundsechzigerparty mit Beatmusik, Salzstangen und Dope. Ihr kommt hoffentlich auch.“
Wir versprachen es und aßen schweigend, was der Befrackte vor uns hin gestellt hatte. Wo blieb Oxana? Wo Marxer? Wir hofften auf ein Spektakel.
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Wozu hatte man denn so viele Freunde in den besten Kreisen. Einfach rumtelefonieren. B-Prominenz, C-Prominenz, Frauen, die von der Größe ihrer Euter lebten, Männer, die von der Länge ihres … Bildungsganges profitierten (was haben Sie Ferkel denn gedacht). Menschen in der Öffentlichkeit, Menschen im Fadenkreuz des Interesses, Menschen, auf die Psychopathen aufmerksam wurden, Menschen, die folglich Schutz brauchten. Eine Bodyguardistin? Ziemlich exotisch. Die meisten bevorzugten Männer mit Muckis und Kleinkalibergewehren. Aber endlich hatte Marxer die Adresse einer Agentur mit 24-Stunden-Sofortservice. Er rief an und erreichte natürlich nur den Anrufbeantworter. Man solle ihn zurückrufen. Was keine fünf Minuten später geschah.
Der Mann am anderen Ende der Leitung hieß Barry und zerkaute professionell ein Kaugummi. Nein, mit einer Bodyguardistin sei nicht zu dienen, man nenne das eine Bodygardine, kleiner Scherz am Rande. Und natürlich, so etwas sei auf Lager, garantiert beste Qualität, „unsere Mitarbeiterinnen kommen aus erstem Stall, alle mit Militärausbildung“. Marxer war beeindruckt. Was so etwas koste? Die Antwort raubte ihm für einen Moment die Luft. Aber es gab kein Zurück. „Okay“, sagte Barry und schluckte das Kaugummi. „Ich schicke Ihnen Chiara vorbei. Kennen Sie Angelina Jolie? Chiara sieht so ähnlich aus, nur besser.“ Das raubte Marxer für mehr als einen Moment die Luft. Er war total beeindruckt.
Olya war stinksauer. Sie hatte mitbekommen, was Marxer plante und hielt es für Verschwendung. Ob sie ihm hätte erzählen sollen, dass sie Majorin in der ukrainischen Volksarmee gewesen war und jede Menge Nahkampfgürtel besaß? Dass sie, damals noch mit 15, einer Taube den Ölzweig aus dem Schnabel geschossen hatte – und zwar mit einer altersschwachen Kalaschnikoff? Aber wenn der Kerl unbedingt sein Geld zum Fenster hinauswerfen wollte… Außerdem fand sie, dass er als Frau besser aussah. Den Existentialisten nahm ihm niemand ab. Sie schwieg und fraß die Wut in sich hinein. Heute war ihr freier Abend, sie machte eh schon Überstunden. „Du kannst dann gehen“, sagte Marxer beiläufig und bewunderte sich im Spiegel. Angelina Jolie, nur noch ne Klasse besser. Das war ihm die Ausgabe wert.
Schade, dass Chiaras Dienst erst morgen beginnen würde. Er nahm den kleinen roten Sportwagen, lenkte ihn lässig durch die engen Straßen und parkte direkt vor der „Bauernschenke“. Wurde Zeit, dass Hermine den Namen änderte. Bauernschenke, wie klang denn das. Allerdings musste Marxer
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