Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)
Subtext angereichert, in dem Kevin Kleinlich auf seine sehr spezielle dumme Art das aktuelle politische und gesellschaftliche Tagesgeschehen kommentiert. Um auch die sehr niederen Instinkte effizient anzusprechen, wird die Story nicht mit brachialer und volkstümlicher Sexualität geizen. Kevin Kleinlich und Susanne begatten sich an allen nur vorstellbaren Örtlichkeiten. Um auch bei der Krimikritik zu punkten, beginnt die Geschichte damit, dass wir Kevin Kleinlich auf dem sehr unappetitlichen Klo seiner ebenfalls unappetitlichen Absteige sitzend erleben, wie er gerade scheißt. Bekanntlich ist die Schilderung der Verrichtung der Notdurft eines der letzten Tabus der Kriminalliteratur. Die Kritik wird lobend darauf verweisen und den realistischen Touch des Ganzen loben. Dazu gehört natürlich auch einer der Haupthandlungsstränge, die Ausbeutung der Armen durch die Reichen, was den Absatz des Buches sowohl bei den Armen als auch den Reichen deutlich und erfreulich in die Höhe treiben dürfte. Der Roman wird etwa 300 Seiten umfassen, es gibt sieben Morde, elf Körperverletzungen (schwer), drei Entführungen sowie mehrere sexuelle Übergriffe. Am Ende stellt sich natürlich heraus, dass der verschwundene Laslo Rosenkranz selbst hinter allem steckt, also nicht das Opfer, sondern der Täter ist. Ein Umstand, der so klar auf der Hand liegt, dass ihn Kevin Kleinlich bis zum Schluss in seiner geistigen Minderbemittelung nicht zu erkennen vermag. Erst als sich der clevere Kriminalschriftsteller John P. Markman in den Fall einschaltet, erhält dieser Struktur und wird genregemäß 1 A aufgearbeitet.
„ Hm“, sagte Hermine und sah mich an, „ich will dir nicht zu nahe treten, aber in diesem einen Punkt hat er natürlich recht, dieser impotente, großmäulige Dichter. Darauf, dass Georg Weber gar nicht Opfer einer Straftat wurde, sondern selbst hinter den Morden steckt, bist du wirklich noch nicht gekommen.“ Die Contra-Marxer-Stimmung hatte sich ohne Vorwarnung gedreht und drohte zur Contra-Klein-Stimmung zu werden. Es war wie beim Ausstieg zum Atomausstieg, plötzlich war das eben noch gehätschelte Cäsiumatom der Bösewicht.
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Die Torte war inzwischen vollständig vom Erdboden verschwunden und somit der Beweis erbracht, dass selbst die missratensten Produkte der Schöpfung auf dem irrwitzigen Markt von Angebot und Nachfrage ihre Konsumenten finden. Wie auch die Kronen dieser Schöpfung eines Tages dort landen, wo sich die Torte gerade befand: im Magen auf dem Weg zum Darm und aus diesem hinaus.
Oxana streckte sich (alle männlichen Zuschauer streckten sich in Gedanken mit) und sagte, sie lese nun das von Marxer angefertigte Gesprächsprotokoll mit Sonja Weber, die Unterredung habe wohl heute Morgen stattgefunden.
1. Gespräch mit Sonja Weber als Arbeitsgrundlage für den Roman „Im Tal der plaudernden Osterhasen“ – Spontane Idee für einen verkaufsfördernden Untertitel: „Mehr als ein Tierkrimi“.
Frage Marxer: Bist du gerne Buchhändlerin? (Anmerkung: Man muss mit etwas Positivem einsteigen, um dann nach und nach zum eigentlichen Kern vorzudringen. Sollte auch Anne Will, die giggelnde Plaudertasche, mal beherzigen. Da ich als Autor Bücher hasse – die eigenen ausgenommen – hasse ich logischerweise auch Buchhändlerinnen. Jedenfalls, wenn sie so aussehen, wie Buchhändlerinnen nun einmal aussehen. Sonja Weber ist eine Ausnahme, mal schauen, was sie antwortet.)
Antwort Sonja Weber: Ja, bin ich. Ich liebe Bücher. Wir hatten diese kleine Buchhandlung bei uns, fast nur alte Bücher. In Großmuschelbach ist man der Meinung, dass ein Roman mindestens 100 Jahre alt sein muss, um wirklich gut sein zu können. Doch, es war eine schöne Zeit. Trotz der bitteren Armut um mich herum. Die Leute kauften nur sehr wenige Bücher, meistens Biografien von Stars und Adligen. Dennoch. Jedesmal wenn wir einen Raabe oder Dickens, einen Stendal oder Fenimore Cooper verkauft hatten, fühlten wir uns glücklich.
Frage Marxer: Und wie hast du Lothar kennengelernt? Auch in der Buchhandlung? Stammt er aus Großmuschelbach?
Antwort Sonja Weber: Nein, nein, ich habe Lothar über meinen Bruder kennengelernt. Er war ja der Bruder von Georgs Chefin und eines Tages, nach dem Tod unserer Mutter, sind beide in Großmuschelbach aufgetaucht, wir mussten doch das Erbe regeln, also das kleine Häuschen. Aus irgendeinem Grund war Lothar dabei, und er war so anders als ich. Gar nicht an Büchern interessiert, eher grob, weißt
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