Die Eheprobe
Joaquin.
»Und vorgestern«, sagt Kelly.
»Würdet ihr mir erlauben, meinen Satz zu Ende zu bringen?«, fragt Urminder.
»Lass mich raten«, meint Harry. »1.234.589 Treffer.«
»Blödmann«, erwidert Urminder.
»Du stiehlst ihm die Schau, Har«, sagt Kelly.
»5.881 klingt doch wirklich erbärmlich«, schmollt Urminder.
»10.263 klingt definitiv alles andere als erbärmlich«, sagt Harry.
»Oder 20.543«, sagt Kelly.
»Ihr beide lügt«, sagt Joaquin.
»Nicht eifersüchtig sein, Mr 1.031«, sagt Kelly, »das gehört sich nicht.«
»50.287«, sagt William und bringt damit alle zum Schweigen.
»Mann!«, sagt Urminder.
»Das liegt an dem Clio, den du gewonnen hast«, sagt Harry. »Wann war das, Boss? 1980?«
»Mach weiter so, Harry, und ich zieh dich von den Halbleitern ab und steck dich zur Frauenhygiene«, meint William.
Ich kann meinen bestürzten Gesichtsausdruck nicht verstecken. Sie konkurrieren untereinander damit, wie viele Treffer ihr Name hat. Und die Quote liegt bei allen in den Tausendern?
»Guck mal, was du da angerichtet hast. Alice ist erschüttert«, sagt Kelly. »Und ich kann es ihr nicht verdenken. Wir sind wirklich ein Haufen kleinkarierter Narzissten.«
»Nein, nein, nein. Ich maÃe mir da kein Urteil an. Ich findâs witzig. Egosurfing. Macht doch jeder heute, oder? Die meisten haben nur nicht den Mut, es zuzugeben«, sage ich fröhlich.
»Und du, Alice? Hast du dich vor Kurzem mal gegoogelt?«, fragt Urminder.
William schüttelt den Kopf. »Es gibt keinen Grund, warum Alice sich googeln sollte. Sie hat kein öffentliches Leben.«
»Tatsächlich? Und was für ein Leben ist es, das ich stattdessen habe?«, frage ich.
»Ein gutes Leben. Ein sinnvolles Leben. Eben nur ein kleineres Leben.« William reibt sich die Falten zwischen den Augen. »Tut mir leid, Jungs, es war sehr nett mit euch, aber wir machen uns mal auf den Weg. Wir müssen ja noch über die Brücke.«
»Müsst ihr wirklich schon los?«, fragt Kelly. »Ich sehe Alice kaum noch.«
»Er hat recht«, sage ich. »Ich habe den Kindern versprochen, dass wir gegen zehn wieder zu Hause sind. Morgen ist ganz normal Schule.«
Kelly und die drei jungen Männer steuern die Bar an.
»Ein kleineres Leben?«, sage ich.
»Ich wollte damit überhaupt nichts werten. Sei nicht so empfindlich.« Williams Blick schweift durch den Saal. »AuÃerdem habe ich recht. Wie lange ist es her, dass du dich gegoogelt hast?«
»Letzte Woche. 128 Treffer«, lüge ich.
»Tatsächlich?«
»Warum klingst du so überrascht?«
»Bitte, Alice, ich habe jetzt wirklich keine Zeit für so etwas. Hilf mir lieber mal, Frank zu finden. Ich muss kurz was mit ihm abklären.«
Ich seufze. »Er ist dahinten, am Fenster. Los, komm.«
William legt mir eine Hand auf die Schulter. »Warte hier, ich bin gleich wieder da.«
Auf der Brücke ist kein Verkehr, und ich wünsche mir, das Gegenteil wäre der Fall. Normalerweise genieÃe ich die Fahrt nach Hause: die Vorfreude auf meinen Schlafanzug, mich dann mit der Fernbedienung aufs Sofa zu kuscheln, während die Kinder oben schlafen (oder so tun, als ob sie schliefen, sich aber aller Wahrscheinlichkeit nach mit Skypen und SMS-Schreiben die Zeit im Bett vertreiben). Aber heute Abend würde ich gerne im Auto bleiben und einfach weiterfahren, egal wohin. Der Abend hat mich durcheinandergebracht, und ich werde das Gefühl nicht los, dass William sich für mich schämt.
»Warum bist du so still? Hast du zu viel getrunken?«
»Müde«, murmele ich vor mich hin.
»Frank Potter ist ein ScheiÃkerl.«
»Ich mag ihn.«
»Du magst Frank Potter? Er ist so ein Selbstdarsteller.«
»Ja, aber er ist ehrlich. Er versucht erst gar nicht, sich zu verstellen. Und er war immer nett zu mir.«
William klopft zur Musik im Radio mit den Fingern aufs Lenkrad. Ich schlieÃe die Augen.
»Alice?«
»Was denn?«
»Du bist in letzter Zeit irgendwie komisch.«
»Inwiefern komisch?«
»Keine Ahnung. Machst du gerade so ein Midlife-Ding durch?«
»Keine Ahnung. Machst du gerade so ein Midlife-Ding durch?«
William schüttelt den Kopf und dreht das Radio lauter. Ich lehne meinen Kopf ans Seitenfenster und blicke hinaus auf die Millionen von Lichtern, die
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