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Die Eheprobe

Die Eheprobe

Titel: Die Eheprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Gideon
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dein Auto, Jude?« William zeigt auf einen Toyota, der vor unserem Campingplatz geparkt ist. Jude nickt.
    William hilft Peter auf die Füße. »Los geht’s, du fährst. Peter kann sich auf der Rückbank ausstrecken. Alice, du und Zoe fahrt in unserem Auto hinterher.«
    Â»Du fährst wie eine Bekloppte, du musst ihnen nicht am Hinterrad kleben«, blafft Zoe mich an.
    Â»Wusstest du, dass Jude herkommt?«
    Â»Nein! Natürlich nicht.«
    Â»An wen hast du die ganzen SMS auf dem Weg hierher geschrieben?«
    Zoe verschränkt die Arme und sieht aus dem Fenster.
    Â»Was läuft da zwischen euch beiden?«
    Â»Nichts.«
    Â»Und wegen nichts fährt er sechshundertfünfzig Kilometer durch die Nacht, um dir ein Ständchen zu bringen?«
    Auch wenn ich wütend bin auf Jude – warum konnte er seinen Überraschungsbesuch nicht bei Tageslicht absolvieren? –, finde ich seinen Auftritt unglaublich romantisch. Teen Lover war mein Lieblingsfilm, vor allem die Kultszene, in der John Cusack auf seinem Auto steht und seinen Ghettoblaster hochhält und diesen Trenchcoat mit den gigantischen Schulterpolstern anhat – I see the doorway to a thousand churches in your eyes. Elf Wörter, die ziemlich treffend zusammenfassen, wie es war, in den Achtzigerjahren Teenager zu sein.
    Â»Ich kann nichts dafür, dass er mir nachläuft.«
    Â»Er hat ein Lied für dich geschrieben, Zoe.«
    Â»Da kann ich auch nichts dafür.«
    Â»Ich hab doch bemerkt, wie du ihn angesehen hast. Offensichtlich hast du immer noch Gefühle für ihn. Endlich!«, sage ich, als wir auf eine geteerte Straße einbiegen und Jude Gas gibt.
    Â»Ich möchte nicht darüber reden.« Zoe verbirgt ihr Gesicht hinter einem Arm.
    Wir fahren die verlassene Straße entlang, vorbei an Wiesen und Feldern. Der Mond sieht aus, als hockte er auf einem Zaunpfosten.
    Â»Wo zum Teufel ist dieses verdammte Krankenhaus!«, brülle ich nach zehn Minuten los. Schließlich sehe ich zu meiner Rechten einen Gebäudekomplex im Lichterglanz erstrahlen.
    Der Parkplatz ist fast leer. Ich schicke ein stilles Dankesgebet los, dafür dass wir uns mitten in der Walachei befinden. Wäre das hier das Kinderkrankenhaus in Oakland, müssten wir fünf Stunden warten, bis wir drankämen.
    Ich hatte ganz vergessen, wie das mit dem Nähen funktioniert. Genau genommen habe ich auch die Betäubungsspritze vergessen, die man vor dem eigentlichen Nähvorgang bekommt.
    Â»Vielleicht schauen Sie einfach weg«, schlägt der Notarzt mit der Spritze in der Hand vor.
    Immer wenn wir im Fernsehen einen Film ansehen, in dem ein bisschen Sex vorkommt, fragt Peter mich: »Soll ich wegschauen?« Wenn es sich nur um Herumwälzen im Bett in Klamotten oder Küssen oder ein paar Trockenübungen handelt, verneine ich. Wenn es irgendwelche Hinweise auf sich zeigende Körperteile gibt, bejahe ich. Ich weiß, dass er im Internet Brüste gesehen hat, aber nicht mit seiner Mutter neben sich auf dem Sofa. Ich weiß nicht, wer von uns beiden sich unwohler fühlen würde – er oder ich. Er ist noch nicht so weit. Er ist auch noch nicht so weit, dabei zusehen zu müssen, wie man ihm eine Betäubungsspritze verpasst.
    Â»Sieh nicht hin«, rate ich Peter.
    Â»Ich habe eigentlich Sie gemeint«, sagt der Arzt.
    Â»Ich habe kein Problem mit Spritzen«, widerspreche ich.
    Peter krallt sich an meiner Hand fest. »Ich werde mich jetzt ablenken«, sagt er. »Durch eine belanglose Unterhaltung mit dir.«
    Er sieht mich durchdringend an, aber meine Augen stürzen sich unwillkürlich immer wieder auf die Spritze.
    Â»Mom, ich muss dir etwas sagen, und es wird dich vielleicht überraschen.«
    Â»Autsch«, sage ich und sehe dem Arzt dabei zu, wie er das Mittel rund um die Wunde injiziert.
    Â»Ich bin hetero.«
    Â»Das ist schön, Liebling«, sage ich, als der Arzt beginnt, das Betäubungsmittel mitten in die Wunde zu spritzen.
    Â»Du machst das super, Peter«, sagt der Arzt, »bin schon fast fertig.«
    Â»Mrs Buckle«, wendet der Arzt sich an mich, »ist alles in Ordnung?«
    Mir ist schwindelig. Ich stütze mich seitlich am Bett ab.
    Â»Immer das Gleiche«, sagt der Arzt zu William. »Wir sagen den Eltern, sie sollen wegschauen, aber sie können nicht anders – sie sehen genau hin. Ich hatte neulich einen Vater hier, der ist plötzlich

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