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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sonnengegerbtes Gesicht, das eine gewaltige, silbrig lockige Haarmähne einrahmte. Ein letzter Gedanke an den Lieben Gott blitzte noch kurz in seinen Gedanken auf, dann verließen ihn die Sinne.
     Thietmar merkte nichts mehr davon, als er behutsam zu Boden gelegt wurde und wie Rapak katzengleich vom Baum geklettert kam. Irgendwie war in der letzten Zeit viel zu viel auf ihn eingestürzt, viel mehr, als sein zartes Gemüt verkraften konnte.
     »Hier wachsen aber seltsame Früchtchen auf den Bäumen«, bemerkte der silberhaarige Hüne mit tiefer Bassstimme und brach in ein dröhnendes Gelächter aus.
     »Oheim Lenik, du?«
     Rapak rannte mit weit ausgebreiteten Armen auf den breitschultrigen Mann zu, sprang in die Höhe und umarmte ihn freudig.
     »Rapakchen? Mein kleiner Neffe Rapakchen, du bist es wirklich. Lass dich anschauen, mein Junge!«
    Voller Freude wirbelte er den Sohn seines Bruders durch die Luft und betrachtete ihn von Kopf bis Fuß.
     »Wie groß du doch geworden bist und welch edle Gesichtszüge du bekommen hast. Du gleichst deiner lieben Mutter, als wärest du ihr aus dem Gesicht geschnitten.«
     Lenik drückte Rapak an sich, dass diesem die Luft wegblieb. Dann legte sich jedoch kurzzeitig ein leichter Schatten über seine Augen und er stellte seinen Neffen wieder behutsam auf den Boden.
     »Mir drang zu Ohren, dass ein paar ungehörige Raufbolde sich an euren Vorräten schadlos halten wollen. Und da ich und meine Freunde vor Langeweile fast umkamen, hatten wir uns gedacht, dass wir diesen ungebetenen Gästen einmal kräftig ins Gewissen reden sollten.«
     Er hieb sich mit der Faust einmal kräftig in die offene Hand, dass es laut schallte.
     »Ich hoffe doch, dass wir nicht zu spät dran sind, oder hat mein kleiner Bruder mit seiner heimtückischen Krämerseele die diebischen Elstern bereits so beschwatzt, dass sie auf und davon geflogen sind?«
     Bevor Rapak antwortete, sah er sich erst suchend um, bis er den kleinen Thietmar gewahrte. Mit einem Satz sprang er ihm zur Seite, kniete sich neben ihn zu Boden und nahm dessen zierliche Händchen auf.
     »Thietmar, mein kleiner Thietmar, so sag doch etwas!«
     »Ach lasse ihn nur. Der Winzling ist bloß vor Schreck in Ohnmacht gefallen, als er meiner ansichtig wurde. Dachte wohl, ich bin der menschenfressende Dämon der Finsternis persönlich.«
     Abermals dröhnte Leniks tiefer Bass durch die Gegend. Amüsiert hieb er sich mit seiner rechten Pranke auf die großen Lederschuppen seines Brustharnisches, dass es knallte, als wenn eine Windböe eine große Tür zuwarf.
     »Und das mir! Dabei bin ich doch der größte Liebling aller Hosenscheißer, die im Umkreis von mindestens drei Tagesmärschen wohnen.«
     Rapak stand auf und betrachtete seinen Oheim mit schief gelegtem Kopf.
     »Du machst Witze und in der Zwischenzeit macht es sich ein fremdes Heer in unserem schönen Dorfe gemütlich.«
     Leniks Stirn legte sich in Falten, seine Augen verfinsterten sich.
     »Sieht’s so schlimm aus?«
     Rapak überlegte laut.
     »Seit einer kurzen Weile eigentlich nicht mehr. Gerade eben kam nämlich Hilfe von vielen Moriczerstämmen. Etwa zehn Boote sind gerade an der Insel gelandet.«
     »Dann braucht ihr mich und meine Männer womöglich gar nicht mehr?«, fuhr Lenik in gespielter Enttäuschung auf.
     »Soll ich etwa unverrichteter Dinge wieder nach Hause ziehen?«
     »Nein, nein! Nur das nicht«, rief Rapak entsetzt.
     »Na denn, mein kleiner Neffe, dann erzähle mir mal, was alles passiert ist. Aber von Anfang an!«
     Rapak berichtete nun von alldem, was er wusste und was er mit seinen Freunden erlebt hatte. Sein Oheim nickte nur stumm dazu und auch die Umstehenden wagten es nicht, den halb erwachsenen Knaben zu unterbrechen. Mit grimmigen Mienen lauschten sie seinem Bericht und nur hin und wieder wurde ein zorniges Knurren laut. Als Rapak an die Stelle seines Berichtes kam, wo der heilige Fels mit den schälchenförmigen Vertiefungen im Boden versenkt wurde, erhoben gar einige Männer ihre Waffen und schüttelten sie drohend. Als Rapak hingegen davon berichtete, wie sie den kleinen Thietmar kennengelernt hatten, konnten sich einige der Männer ein leichtes Kichern nicht verkneifen. Zu drollig musste es ausgesehen haben, als dieser schmächtige Knirps, dessen Kraft kaum ausreichen mochte, um ein Hasenjunges festzuhalten, wie ein zornesblinder Wisentbulle auf Paddie losgestürmt war.
     Thietmar, der inzwischen aus seiner Ohnmacht erwacht

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