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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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und Feind, die einen würden sich freuen, den anderen würde es das Fürchten lehren!
     »Oheim«, rief Rapak den stämmigen Mann zur Ordnung, nachdem er sich als einer der Ersten beruhigt hatte.
     »Ist dies die Art eines Ehrfurcht gebietenden Schmiedemeisters?«
     Lenik wischte sich mit seinen Pranken die Tränen aus den Augen.
     »Ja, du hast ja so recht, mein Rapakchen!«
     »Altes Lenikchen!«
     Der Hüne prustete erneut los und nichts und niemand auf der Welt hätte ihn in diesem Moment beruhigen können. Auch Rapaks verweisende Blicke nicht. Der Junge musste sich in Geduld üben, bis sein Oheim wieder ansprechbar war.
     Mit beiden Händen den Bauch haltend, schnaufte Lenik letztendlich genauso wie sein großer Blasebalg in der Dorfschmiede und wischte sich erneut die Lachtränen aus dem Gesicht.
     »Aber gut nun, du hast ja so recht, mein lieber Neffe. Benehmen wir uns also wieder wie standesgemäße Männer. Sonst bekommt es der Feind noch mit der Angst zu tun, wenn er unser Gelächter hört. Er denkt womöglich, dass sich die tiefste Unterwelt aufgetan und ein Rudel schwarzer Dämonenbrut ausgespien hat.«
     Noch einmal holte er kräftig Luft und seine Brust hob und senkte sich dabei derart, dass die ledernen Platten seines Harnisches laut knarrende Geräusche von sich gaben.
     »Und, um nun deine Neugierde zu befriedigen«, er beschrieb mit dem Arm einen halbkreisförmigen Bogen nach rechts, »sollst du nun wissen, dass mir aus der Siedlung vom Melzersee 20 etwa drei Mal zehn Freiwillige gefolgt sind. Aus der Sumpfburg, jenseits des Tiefen Sees 21 , haben sich uns nochmals vier Mal zehn tapfere Burschen angeschlossen. Aber das Schönste kommt noch: Aus allen Siedlungen zwischen dem Kleinen Meer und Pacelin werden, noch bevor die Sonne wieder erwacht ist, mindestens zwölf Mal zwölf gut gewappnete Reiter zu uns stoßen. Sie hatten bereits die Ehre, unseren stolzen Ritter …«, er neigte seinen Kopf zu Seite und spie verächtlich auf den Boden, »auf seinem Wege hierher kennenzulernen und wollen nun alle ein Hühnchen mit ihm rupfen.«
     Thietmar, der insgeheim mitgerechnet hatte, zupfte seinem großen Freund am Ärmel: »Dann stehen dem gemeinen Ritter genau doppelt so viele Verteidiger gegenüber.«
     »Was, wieso? Du musst dich verzählt haben, mein kleiner Thietmar.«
     Rapak reckte und streckte sich und sprach aus tiefster Überzeugung: »Ich würde sagen, dass dann unser Heer mindestens drei Mal so stark ist!«
     »Nein, nein, gewiss nicht! Die Männer auf den Booten plus die Leute auf der Insel sind an Zahl den Blutknechten Udos gleich. Jene tapferen Burschen, die dein Oheim mitbrachte, plus die Reiter, welche im Morgengrauen noch zu uns stoßen werden, sind noch einmal genauso viele. Also, summa summarum: gleich zwei Mal so viele Verteidiger wie Eroberer.«
     »Summ summ was?«, rollte Rapak verständnislos mit den Augen.
     »Nicht summ summ was, sondern summa summarum heißt das, wenn man Zahlen addiert, also zusammenrechnet.«
     Voller Stolz über seine Rechenkünste blickte der kleine Knabe zu seinem großen Freund auf und hoffte auf eine stille Anerkennung.
     Rapak hingegen starrte ziemlich ratlos auf seine zehn Finger, krümmte sie abwechselnd und murmelte leise: »Summa summ, Summa summ.«
     »Donnerwetter«, dröhnte Leniks Bass plötzlich, nachdem er in einer anstrengenden Prozedur des Kopfrechnens zum selben Ergebnis kam wie Thietmar, »der kleine Hosenscheißer hat tatsächlich recht!«
     Unglauben spiegelte sich in Rapaks Augen. Abwechselnd blickte er von Thietmar zu seinem Oheim, um festzustellen, ob die beiden ihm einen Bären aufbinden wollten. Als er seine Vermutung aber nicht bestätigt fand, besann er sich eines Besseren.
     »Also gut«, schlussfolgerte er achselzuckend, »wenn ihr beiden es so sagt, dann wird es wohl schon stimmen.«
    »Beim große Swarozyc«, schüttelte Lenik ungläubig den Kopf und betrachtete Thietmar mit einem zusammengekniffenen Auge, »wer hätte das gedacht, dass dieser neunmalkluge Naseweis, der eine gar seltsame Art des Bäumekletterns beherrscht, solch ein kluges Köpfen hat. Aus dem wird bestimmt einmal ein großer Weiser.«
     Thietmar fühlte sich geschmeichelt und fand es auch gar nicht so beleidigend, wie dieser herzerfrischende Hüne ihn titulierte. Seine anfänglich so große Furcht war fast verschwunden und hatte sich in das genaue Gegenteil gekehrt. Auch wenn viele Eigenarten dieses wilden Wendenvolkes ihn anfangs etwas

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