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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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war, stellte sich in diesem Moment schüchtern neben seinen großen Freund und beobachtete den riesigen silbermähnigen Mann mit scheuen Blicken. Irgendwie erinnerte er ihn plötzlich an den großen wilden Löwen, den er einmal auf dem Jahrmarkt in Stade gesehen hatte. Aber gleichzeitig erinnerte dieser Recke ihn auch an das Bildnis des Himmlischen Vaters, welches der fromme Oddar immer gerne während der Bibelstunden präsentiert hatte.
     Kurz bevor Rapak seinen Bericht beendet hatte, zupfte Thietmar ihm am Ärmel. Als der Freund den Kopf neigte, bemerkte er leise: »Vergiss auch nicht zu erzählen, dass die gemeinen Blutknechte schon aus vielen Schlachten siegreich heimkehrten. Sie kennen sich darin sehr gut aus, wie man anderer Leute die Arme, Beine oder gar den Kopf abschlägt. Sie sind ja so gemein und je mehr Blut sie sehen, desto wilder hacken und schlagen sie einfach drauflos. Und besonders vor diesem Ritter, der seinen heiligen Eid schon längst vergessen hat, vor dem müssen sie sich besonders in Acht nehmen. So etwas Furchtbares wie in der Nacht bei Vilim habe ich in meinen schlimmsten Träumen noch nicht erlebt. Es war alles so furchtbar blutig und laut. Ja, und als ich bei diesem Gemetzel noch meinen guten alten Starislav verlor, da hatte es mir fast das Herz gebrochen.«
     »Sagtest du eben Starislav?«, fragte plötzlich ein kleiner sehniger Mann, der unmittelbar hinter Rapak stand.
     Thietmar nickte heftig.
     »Jawohl, Starislav, so hieß der beste Freund in meinem Leben. Ich kam mit ihm hierher, weil es doch sein größter Wunsch war. Er wollte doch nur noch einmal in seinem Leben seine Heimat sehen. Er wusste alles über Pferde und er kannte alle Sagen und Geschichten, alle, die von der Feisneck und seiner Insel erzählen.«
     »Ja, das muss er gewesen sein«, nickte der Mann plötzlich traurig.
     »Wer?«
     »Mein kleiner Junge, der Mann von dem du soeben berichtet hast, das war mein Vater.«
     Er senkte seinen Kopf, ließ kraftlos die Arme hängen und fragte mit einer solch leisen Stimme, dass Thietmar sie kaum verstand: »Mein Junge, wenn das hier alles vorbei ist …«
     »Ja?«
     »Magst du mir dann seine letzte Ruhestätte zeigen?«
     Thietmar war vor Rührung und aufkeimender Erinnerungen den Tränen nahe, nickte aber heftig mit dem Kopf.
     »Gerne will ich das tun, aber du musst mir suchen helfen, denn ich weiß nicht mehr so genau, wo ich ihn begraben habe.«
     Der bärenstarke Lenik seufzte laut und unterbrach das kleine Zwiegespräch.
     » Auch ich kannte den Starislav, bevor er eines Tages von Kriegsknechten des Markgrafen verschleppt wurde. Bevor ihr aber sein Grab sucht, wartet hier noch so einiges an Arbeit auf uns. Und wenn ihr den soeben vernommenen Worten aufmerksam gelauscht habt, dann wisst ihr nun, was euch erwartet. Glaubt mir, es wird wohl wahrlich kein Honigschlecken geben, auch wenn wir nun in vortrefflicher Überzahl sind.«
     Rapak, der nur einige wenige der umstehenden Männer vom Angesicht her kannte, fragte plötzlich neugierig: »Woher kommen denn alle deine Begleiter? Es sind so viele Gesichter dabei, die ich noch nie gesehen habe. Wie viele Mannen hast du denn überhaupt mitgebracht?«
     Lenik reckte sich zur vollen Größe auf und blickte stolz in die Runde.
     »Das möchtest du wohl gerne wissen, mein kleines Rapakchen, was?«
     »Oheim, bitte, nennt mich nicht immer Rapakchen. Ich sag ja auch nicht altes Lenikchen zu dir.«
     Für einen Moment blinzelte Lenik - der Bärenhäuter - verdutzt zu seinem Neffen herunter und bewunderte dessen Schlagfertigkeit. Dann leuchtete allerdings wieder der unverkennbare Schalk in seinen Augen auf und er brach in ein derart lautstarkes Gelächter aus, dass es vom nahen Waldrand nur so widerhallte.
     »Altes Bärenhäuterchen!«, er konnte es einfach nicht fassen, »das hat noch niemand zu mir gesagt!«
     Auch die umstehenden Krieger fielen lauthals mit ein und für einen winzigen Augenblick vergaßen sie fast, welche Sorgen sie plagten, weswegen sie eigentlich hier waren, und - dass für viele von ihnen vielleicht der letzte Tag angebrochen war. Sie gebärdeten sich wie kleine Kinder: Frei, ungezwungen und von einem ganz eigenen Stolz erfüllt.
     »Nun höre sich doch einer diesen Grünschnabel an: Altes Bärenhäuterchen nennt er mich!«
     Das Gelächter wurde so laut, dass man es sowohl auf der Insel als auch im Feindeslager hören musste, aber niemanden scherte dies. Sollten es ruhig alle hören, Freund

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