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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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und drückte ihn mit seinen langen Krallen zu Boden. Glücklicherweise kam er aber nicht mehr dazu, seinen scharfen Schnabel in den Nacken seines neuen Opfers zu schlagen, denn in diesem Moment waren Paddie und Rapak zur Stelle. Wären sie nur einen kleinen Moment später gekommen, dann wäre es sicherlich um die kleine Dusa geschehen. Ohne Zweifel hätte das starke Tier dem kleinen Mädchen den Nacken zerfetzt. So aber ruckte der Adler verärgert seinen Kopf herum, fixierte die beiden Jungen mit seinen großen, klugen Augen und stieß einen lauten, heiseren Schrei aus, der durch Mark und Bein ging.
     Rapak sprang mit ausgebreiteten Armen vor den Augen des Vogels auf und ab, brüllte aus Leibeskräften und versuchte ihn auf diese Weise zu verjagen. Der dachte jedoch nicht daran, seine Beute so schnell aufzugeben. Mit weit gespreizten Flügeln und aufgerissenem Schnabel nahm er eine drohende Haltung an. Und in der Tat bot er mit seiner Flügelspannweite, die gut und gerne anderthalb Mannslängen betragen mochte, einen sehr bedrohlichen Anblick. Bikus hatte seine Atemnot inzwischen überwunden, sprang neben Rapak und vollführte einen wahren Teufelstanz. Während der Kopf des Adlers angriffslustig zwischen den beiden Jungen hin- und herruckte, schlich Paddie sich mit wurfbereitem Netz von hinten an das Tier heran. In dem Moment, als der Vogel drohend mit seinen kräftigen Schwingen schlug, nutzte er die Gelegenheit. Schwungvoll warf er das Netz über den Adler, der sich flügelschlagend sofort in den Maschen verfing. Vom unerwarteten Angriff überrascht ließ das Tier von seiner sicheren Beute ab, sprang in die Höhe und versuchte davonzufliegen. Dabei verhedderte es sich aber nur noch mehr im Netz und stürzte zu Boden. Seine anfängliche Überlegenheit verwandelte sich plötzlich in eine panische Todesangst. Mit aller Kraft versuchte der Vogel das Netz zu zerreißen, schlug wild mit den Flügeln um sich, hackte nach den engen Maschen und pflügte mit seinen langen Fängen den Boden. Während Rapak und Bikus das gefangene Tier argwöhnisch umkreisten, sprang Paddie sofort zu seiner kleinen Schwester, die reglos im zerwühlten Gras lag. Bikus kleines Brüderchen kniete bereits mit gesenktem Haupt neben ihr und große Tränen kullerten über seine Pausbäckchen.
     »Oh Paddie«, bettelte er wehleidig, »ich will nicht, dass Dusa zu den Göttern fährt. Bitte, bitte, hilf ihr, damit sie bei uns bleibt.«
     Paddie schob den kleinen tapferen Freund seiner Schwester sacht beiseite und beugte seinen Kopf tief hinab. Swarozyc sei Dank, der Gott des Lebens hatte sein Schwesterchen noch nicht zu sich gerufen. Dusa atmete noch. Kurz entschlossen riss Paddie ihr blutdurchtränktes Hemdchen auf dem Rücken auseinander und betrachtete entsetzt die tiefen Wunden, die die Fänge des Adlers auf ihren schmalen Schultern hinterlassen hatten. Blut sickerte an zehn Stellen gleichzeitig aus ihrer hellen zarten Haut und färbte ihren Rücken rot. In einer besonders schlimmen Wunde glaubte Paddie gar, die Knochen ihres rechten Schulterblattes zu erkennen.
     Sofort den Blutstrom stillen, war der einzige Gedanke, zu dem Paddie noch fähig war. Mit zitternden Händen riss er sein mit Schlamm verkrustetes Hemd in Streifen und legte die Stofffetzen vorsichtig auf die Wunden. Sofort färbten sie sich rot, ohne dass sich die Blutung merklich verringerte.
     Hilflos und wie im Fiebertrauma wurde Paddie plötzlich bewusst, dass er nicht in der Lage war, seiner kleinen Schwester ausreichend zu helfen. Die Wunden waren zu zahlreich und zu tief. Dusa würde ihm unter den Fingern verbluten, ohne dass er etwas dagegen tun könnte. Tränen der Verzweiflung schossen ihm in die Augen. Es war alles seine Schuld!
     Nur am Rande registrierte Paddie, wie im schnellen Galopp schwere Pferdehufe heranstampften und eine Gruppe bewaffneter Männer direkt neben ihm aus den Sätteln sprang. Kräftige Männerhände schoben ihn beiseite, während andere sich sofort sachkundig um die Wunden seiner Schwester kümmerten. Einer der Krieger schmierte dickes Biberfett in die offenen Wunden, während ein anderer Mann getrocknete Kräuter darüberstreute. Ein Dritter stellte einen fachmännischen Verband her, indem er lange Leinentücher um Dusas Oberkörper und die Schultern wickelte. Dabei achtete er sorgfältig darauf, dass die Heilkräuter nicht von den Wunden rutschten. Welch ein Glück für die kleine Dusa, dass die Krieger so trefflich ausgerüstet waren. Sie hatten

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