Die Ehre der Slawen
gelockt?«
Abermals lachte der Graf. Diesmal lachte er aber so laut und heftig, dass ihm das Wasser in die Augen schoss.
»Nicht nur den«, prustete er, »eintausend seiner primitiven Bauernkrieger nebst ihrer Leitwölfe begleiten ihn.«
»Weit außer Landes?«, fragte Udo ungläubig.
»Noch weiter!«, konnte sich Dietrich kaum noch über so viel Unbedarftheit beruhigen.
Der Ritter versuchte in das Lachen seines Herren einzufallen, was ihm aber nicht so recht gelingen wollte. Zu fantastisch waren die Eröffnungen des Grafen, dass er sie kaum glauben konnte.
»Wie …, wie weit außer Landes, mein Herr?«
Mühsam nach Luft schnappend, verriet Dietrich nun ein weiteres Bruchstückchen seines genialen Planes: »Wenn Ihr mit Eurer Streitmacht die Grenzen der Nordmark überschreitet, ist dieses Heidenpack bereits auf den Weg nach Calabrien. Sie begleiten das kaiserliche Heer bis zum Rande der christlichen Welt. Sie wollen für den Heiligen Stuhl in Rom gegen die Sarazenen kämpfen.«
Ungläubig riss Udo die Augen auf.
»Wie? Das ungläubige Wendenpack will an unserer Seite für den Heiligen Vater gegen diese hinterhältige Sarazenenteufel kämpfen?«
»So wahr ich hier sitze«, schnaufte Dietrich und wischte sich mit einem Zipfel seines dunkelblauen Umhangs die Tränen aus den Augen.
Udo atmete tief aus und ließ sich schwer nach hinten fallen.
»Wie um alles in der Welt habt Ihr das geschafft?«
»Das, mein lieber Udo, ist der Unterschied zwischen uns beiden, warum ich Markgraf bin, während Ihr Euch mit Eurer Handvoll magerer Hufe begnügen müsst!«
Dieser verdammte, eingebildete Fuchs , ärgerte sich Udo, lässt keine Gelegenheit offen, mich wie einen dummen Hundsfott vorzuführen. Sein Hochmut wird ihm noch eines Tages den Hals brechen. Bei Gott, wenn ich das noch erleben dürfte!
Dietrich sonnte sich in der Genialität seines Planes, bei dem er gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlug. Mit gespieltem Großmut gönnte er seinem Ritter einen weiteren kleinen Einblick in seine hinterlistige Gedankenwelt.
»Mir gelangte zu Ohren, dass der Balg des alten Barbarenfürsten ein Auge auf die liebreizende Nichte Herzog Bernhards warf und sie zum Weibe begehrt. Dieser dumme Mstislaw hat sich wohl über beide Ohren in sie verliebt und ist nun bereit, wie blind, alles für eine Ehelichung zu tun.«
Um die Mundwinkel des Markgrafen spielte wieder das hämische Grinsen.
»Ich habe diesem Bauerntölpel eine Verlobung zum Scheine zugesagt. Allerdings unter der Bedingung, dass er die besten und kampferprobtesten Reiter aufbietet, die er in seinem dreckigen Heidenlande aufzutreiben vermag. Genau eintausend Stück an der Zahl sollen es sein. Bedingungslos und im absoluten Gehorsam natürlich sollen sie unter der kaiserlichen Flagge gegen den Feind ziehen.«
Udo beugte sich gespannt vor.
»Und hat dieser Hundsfott von einem Heiden zugesagt?«
»Aber gewiss doch, mein treuer Ritter. Ihr glaubt gar nicht, wie dumm und leichtgläubig dieses dreckige Bauernpack ist. Es bedarf keinerlei Beurkundung oder irgendwelcher Sicherheiten, um diese Barbaren zu übertölpeln. Alles, was man zu ihnen sagt, das halten sie für bare Münze. Ihre Ehre gebiete es, sagen sie immer.«
»Bei Gott im Himmel!«, stöhnte Udo auf. »Ihr seid wahrhaftig ein gerissener Fuchs. Mit dieser List gewinnt Ihr einerseits die Gunst des Kaisers und auf der anderen Seite schafft Ihr gleichzeitig ein freies Feld für mich und meine Gefährten. Am Ende seid Ihr wohlhabender denn je, ohne Euch selbst verausgabt zu haben, und auch die Speicher Eurer treuen Untertanen sind wieder prall gefüllt. Fürwahr, ein herrlicher Schachzug.«
Dietrich sonnte sich für einen Moment in der klaren geistigen Überlegenheit, die er seinen Vasallen soeben hatte deutlich spüren lassen. Nie im Leben würde einer seiner Ritter mit einer derart fein geschliffenen Klinge zu kämpfen verstehen. Dies war eine Sache, die nur ein wahrer Herrscher, wie zum Beispiel er selbst, zu meistern verstand.
*
Kapitel 4
Sanft wogte das dichte Schilf in den lauen Abendlüften und erzeugte ein feines einschmeichelndes Rascheln. Auf der Flucht vor gefräßigen Räubern sprangen hier und dort Fischlein aus dem Wasser, immer in der trügerischen Hoffnung, auf diese Weise ihren Verfolgern zu entkommen. Ein leises Platschen, kleine, sich kreisförmig ausbreitende Wellen und schon deutete nichts mehr auf den ewigen
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