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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Stammesgrenze der heilige Tempel Rethra befand. Irgendwie hatte er sich die Entfernung zu den Nachbarstämmen aber immer als etwas wahnsinnig Weites vorgestellt. Und nun standen ebendiese Krieger direkt vor ihm und plauderten mit ihm, als sei es die normalste Sache der Welt.
    Durch das derart vertrauliche Auftreten des Anführers fasste Paddie schnell wieder Mut und antwortete bereitwillig: »Unser Fürst nennt sich Milosc von Morcze und wohnt auf der Insel im Feisnecksee. Ich will euch gerne den Weg weisen, denn unser Fürst ist ein weiser und gerechter Knese. Mein großer Bruder Witka steht oft in seinen Diensten.«
     Nacheinander nannten nun auch die anderen Männer ihre Namen und auch Rapak und Bikus, welche die Krieger neugierig umkreist hatten, wurden in die Begrüßung mit eingeschlossen. Der kleinen Dusa ging es nicht besonders gut. Sie war zwar wach, aber ihre Blicke wanderten unstet über das Geschehen. Mutig ertrug sie ihre Schmerzen, und obwohl ihr das Wasser in den Augen stand, drang kein Laut des Jammerns über ihre Lippen. Da sie zum Aufstehen allerdings viel zu schwach war, ließ sie ihren Kopf einfach im Schoße ihres kleinen Freundes ruhen. Beide wurden indessen von der kleinen Kinderschar umringt und als wahre Helden bestaunt.
     Die Dämmerung schritt mit Riesenschritten voran, als es an den Aufbruch ging. Kaum hatten sie sich auf den Weg gemacht, als ihnen eine aufgeregte Bauernschar, mit Paddies und Bikus Vätern an der Spitze, entgegeneilte. Das Ausbleiben der kleinen Kinder hatte im Dorf natürlich für Aufregung gesorgt, sodass sich die besorgten Eltern auf die Suche begeben hatten.
     Schuldbewusst machte sich Paddie so klein wie möglich und ließ sich an das Ende des Zuges zurückfallen. Irgendwie war heute fast alles schiefgelaufen: Dusa wäre ihm beinahe unter den Fingern verblutet, wenn nicht im rechten Moment die hilfsbereiten Krieger gekommen wären, fast alle Schafe waren auf und davon gelaufen, die große Jagdgöttin hatte ihm gezürnt - und all dies nur, weil er seinen Pflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen war. Ja, nicht einmal das Fischen hatte sich in irgendeiner Weise gelohnt.
     Paddie bezweifelte stark, dass ihm seine Eltern nach all diesen Missgeschicken einen richtigen Namen geben würden. Viel eher konnte er sich auf eine gehörige Schelte gefasst machen. All dies wollte er aber gerne über sich ergehen lassen, wenn nur sein kleines Schwesterherz wieder gesund werden würde.
     Hängenden Kopfes trottete er in einigen Schritten Abstand seinen beiden Freunden hinterher.
     
    *
                                                                              
     
     
    Kapitel 5
     
     
    Zur selben Zeit, irgendwo in Magdeburg …
     
     
    Graf Liuthar blickte betroffen auf seinen kleinen Neffen Thietmar. Er mochte den neugierigen, quirligen Sohn seines Bruders von ganzem Herzen und hatte ihm bisher noch niemals einen Wunsch verweigert. Was dieser Unruhegeist sich aber diesmal in den Kopf gesetzt hatte, das verblüffte und entsetzte ihn gleichermaßen. Wie hätte sich wohl sein Bruder Siegfried in dieser Situation verhalten? Leider konnte er diesen nicht fragen, da er, mit dringenden Regierungsangelegenheiten betraut, außer Landes weilte.
     »Lieber Oheim«, bettelte Thietmar erneut, »ich möchte doch so gerne das Land sehen, in dem die Wenden wohnen. Ich habe doch schon so viel von ihnen gehört und bin jetzt so furchtbar neugierig.«
     Seine Kinderaugen leuchteten, als er schnell hinzufügte: »Ihre Sprache kenn ich ja auch, sodass ich mich mit ihnen ganz bestimmt gut unterhalten könnte.«
     »Ach ja?«, fragte Liuthar, um Zeit zu gewinnen.
     Thietmar nickte eifrig und blickte flehend seine Mutter an. Kunigunde, Gräfin von Walbeck, war von der Bitte ihres Sohnes indessen hin- und hergerissen. Zwar wollte sie all ihren Kindern die bestmögliche Ausbildung zuteilwerden lassen, so wie es sich für alle Sprösslinge edler Abstammung ziemte, aber so einen Wunsch wie Thietmar ihn hatte, der war bisher von noch keinem ihrer Lieblinge geäußert worden. Warum nur schlug ihr Drittgeborener so aus der Reihe? Und das bei seinem Alter! Thietmar war grade sieben Jahre alt und sollte eigentlich mit gleichaltrigen Kindern spielen und lernen. Aber was tat er? Statt sich an seinem Spielzeug zu erfreuen oder mit Gleichaltrigen um die Wette zu laufen, trieb er sich am liebsten bei den wendischen Dienstleuten, den

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