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Die Ehre des Ritters (German Edition)

Die Ehre des Ritters (German Edition)

Titel: Die Ehre des Ritters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian Schreibt als Tina St. John
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nicht der Wahrheit entsprachen. Henry mochte ihn, er hätte das Wort meines Vaters akzeptiert. Meine Mutter flehte ihn an, die Anschuldigungen zurückzuweisen, sie warnte ihn vor dem Preis, den es zu zahlen gelten würde, wenn er die Anklage nicht von sich wiese. Alles wäre dann verwirkt: sein Titel, sein Besitz und vermutlich auch sein Leben … indes er wollte nicht auf sie hören. Es war, als ob all das – wir alle – ihm gleichgültig wären. Als der Richter und die königlichen Soldaten erschienen, um die Anklage zu verlesen, hörte mein Vater ruhig zu. Nachdem sie geendet hatten, stand er einfach auf und ließ sich abführen.«
    Griffin fluchte leise. Es war für ihn kaum vorstellbar, welche Qualen dieser Tag ihr bereitet haben musste, welch große Pein dem Mädchen zugefügt worden war, das hilflos zusehen musste, wie seine Familie auseinandergerissen wurde.
    »Ich habe ihn dafür gehasst«, flüsterte Isabel. »Ich habe ihn dafür gehasst, dass er so selbstsüchtig war, dass ihn so wenig kümmerte, was aus mir werden würde oder meiner Mutter und Maura. Ich konnte nicht verstehen, warum er uns alle aufgab. Und als meine Mutter an dem Grab dieses Verräters weinte, krank vor Herzeleid und bald auch krank im Kopf, da schwor ich mir, dass ich alles wiedergutmachen würde, wenn ich könnte.«
    Und so war das Ehr- und Pflichtgefühl einer jungen Frau erwacht, wurde Griffin mit einem Stich des Bedauerns klar. Wenn er zuvor auch nicht recht hatte nachvollziehen können, warum sie sich der Familie so tief verpflichtet fühlte und sie so hoch schätzte, so begriff er es nun umso besser. Seine Brust schmerzte bei der Vorstellung an all das Leid, das sie in solch jungem Alter erlitten hatte, das sie selbst jetzt noch in sich trug. Nur mühsam konnte er das Bedürfnis unterdrücken, sich zu ihr umzudrehen und sie in die Arme zu ziehen. Aber es stand ihm nicht zu, sie zu trösten, und er nahm auch nicht an, dass sie sein Mitleid wollte.
    »Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal bereit sein würde, meine Pflichten zu vergessen«, sagte sie nach langem, gedankenverlorenem Schweigen. »Ich dachte, nie könne mir etwas wichtiger sein als das Versprechen, das ich an diesem Tag gegeben habe.«
    Jede Faser in Griffins Körper spannte sich bei ihren Worten an. Reglos verharrte er, wagte nicht einmal mehr zu atmen. Er stand da, blickte in die Dunkelheit, lauschte dem schweren Klopfen seines Herzens und Isabels sanfter Stimme in seinem Rücken.
    »Ich weiß nun, was mein Vater durchgemacht haben muss. Wie sehr er mit sich gekämpft haben muss, um eine ehrbare Entscheidung zu fällen. Ich hielt ihn für selbstsüchtig und feige, doch in den vergangenen Tagen habe ich festgestellt, dass diese Makel auch auf mich zutreffen.«
    »Nein, auf Euch nicht«, widersprach Griffin, denn die beiden Worte beschrieben eher ihn.
    Isabel stand nun ganz nahe bei ihm. Er konnte die Wärme ihres Körpers in seinem Rücken spüren. Ihre Körper berührten sich nicht, aber sie waren sich nah, wärmten die Luft zwischen ihnen und füllten sie mit einer Anspannung, die mit jeder Sekunde, die sie getrennt waren, stieg.
    »Obwohl mein Vater wusste, es würde sein Verderben sein, musste er tun, was sein Herz ihm befahl. Er hätte nicht weiterleben und Loyalität gegenüber einem König vorschützen können, den er nicht guthieß. Er hätte gewusst, dass er eine Lüge lebte, also gab er auf. Alles. Auch uns. Und jetzt stehe ich hier, kurz vor einer Hochzeit, die ich nicht gutheiße – einer Verbindung, die nie richtig und wahrhaft sein wird. Wenn ich auch nur einen Funken der Ehre meines Vaters im Leib hätte und nur einen Bruchteil seines Mutes besäße, würde ich dasselbe tun wie er …«
    »Nein!«, sagte Griff und wich einen Schritt vor ihr zurück, in der Hoffnung, er könne sie dadurch daran hindern weiterzusprechen. Er konnte sie nicht aussprechen lassen, was sie bereit wäre, für ihn aufzugeben, denn er konnte nicht darauf vertrauen, dass er sie zurückweisen würde. »Es wäre ein Fehler, Mylady. Und ich werde nicht zulassen, dass Ihr ihn begeht.«
    »Und ich würde Euch niemals bitten, Eure Zukunft aufzugeben«, murmelte sie. »Aber mir ist so, als hätte ich nur diese eine Chance – als ob ich etwas Kostbares in meinen Händen hielte, etwas, das nie wiederkommen wird. Etwas, das mir für immer entschlüpfen wird, wenn ich es nicht wenigstens einen kurzen Augenblick festhielte. Wenigstens für eine Nacht.«
    »Isabel«, sagte er und drehte

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