Die Ehre des Ritters (German Edition)
diese Verpflichtungen zu stellen, wäre die größte Unehrenhaftigkeit, die sie begehen könnte.
Und sie musste auch an Griffin denken. Es ging ihr nicht aus dem Kopf, wie dringend er die Belohnung benötigte, die Sebastian für ihre Rettung zahlen würde. Obwohl er es nicht mehr erwähnt hatte, wusste Isabel, dass dies seine einzige Hoffnung war, sich irgendwo eine Zukunft aufzubauen, wenn dieser Irrsinn endlich vorüber war.
Der Gedanke, dass er diese Zukunft ohne sie verbringen würde, brach ihr das Herz. Sie sah keine Möglichkeit, wie sie daran teilhaben konnte, und sie wusste auch nicht, ob sie ein Leben ohne ihn ertragen konnte.
Seufzend blinzelte sie die Tränen fort, die bei der bloßen Vorstellung an den bevorstehenden Abschied in ihre Augen getreten waren, und horchte unvermittelt auf. Schritte erklangen im Flur, vertraute gemessene Schritte, die viel zu zielstrebig klangen, um zu einem der Mönche zu gehören. Ihr Herz füllte sich mit Freude, als die Tür aufschwang und Griffin über die Schwelle trat. Sie schenkte ihm ein unverhohlen glückliches Lächeln.
»Du bist wach«, sagte er lachend und streckte die Hand nach ihr aus. »Komm, gehen wir spazieren.«
Isabel nickte, schlug die Decke zurück und schwang die Beine über die Bettkante. Sie hob den Saum ihres geborgten Gewandes, schlüpfte in die Sandalen, die ihr die Mönche gegeben hatten, und trat zu Griffin. Allein durch seine Anwesenheit hatte sich ihre Stimmung gehoben.
Sie fragte nicht, wohin er sie führen würde, es war ihr gleich, solange sie nur bei ihm sein konnte. Glücklich über seine Nähe folgte sie ihm von einem zugigen Flur in den nächsten. In einem engen Korridor ergriff er ihre Hand, und als sie schließlich vor einer Tür stehen blieben, lächelte er Isabel über die Schulter hinweg an, ehe er die Hand auf das dunkle Eichenholz legte und es aufstieß. Ein prächtiger Hofgarten erstreckte sich dahinter.
Kletterrosen bildeten einen Bogengang, der in ein wahres Paradies führte, ein von Hecken umgebenes Fest für die Sinne, reich an Farben, Düften und warmem Herbstsonnenschein. Isabel trat an Griffin vorbei in den Garten, legte den Kopf in den Nacken und atmete das Duftpotpourri aus Wacholder, Rosen und Gewürzlorbeer tief ein. Ein Vogel zwitscherte auf dem Ast eines Apfelbaums, der voller reifer Früchte hing. Sein Gesang wurde von der sanften, erfrischenden Brise, die dem leisen Seufzer eines Engels gleich durch die Hecken wehte, zu ihnen herübergetragen.
»Es ist himmlisch«, murmelte Isabel und blickte Griffin strahlend vor Glück an.
»Komm«, sagte er.
Fest hielt er ihre Hand in der seinen und führte sie weiter hinein in das Herz des Gartens, zu einer lauschigen, schattigen Nische, in der eine mit Graspolstern bedeckte Bank stand, die einen kleinen Spiegelteich überblickte. Ganz in der Nähe lag eine Decke ausgebreitet im Gras, auf der sich verführerische Speisen befanden: ein Laib Brot, ein Stück gelber Käse, drei rote Äpfel – sogar eine Schale gekochter Rüben.
»Hast du das für mich gemacht?«, fragte sie, ließ sich lachend auf der Decke nieder und nahm sich einen Apfel.
Griffin legte seinen Schwertgürtel ab und setzte sich zu ihr, die Ellbogen auf die angezogenen Knie gestützt. »Du warst so lange ans Bett gefesselt, da dachte ich, ein Tag im Freien würde dir gefallen.«
»Es ist wunderbar.«
Sie biss in den Apfel und beugte sich vor, um die restlichen Speisen zu begutachten, wobei ihr eine seltsame Wölbung in der Decke auffiel. Etwas war darunter verborgen – ein viereckiges, in Leinen gehülltes Päckchen, mit einem roten Band verschnürt und etwa so breit wie ihre Brust. »Was ist das?«, fragte sie, nachdem sie das Päckchen aus seinem Versteck geholt hatte.
Griffin nahm es ihr aus der Hand und versteckte es hinter seinem Rücken. »Das wirst du später bestimmt noch herausfinden.«
Er hatte ihre Neugier angestachelt. »Nun sag schon, was ist darin?«, fragte sie. »Kuchen? Oder Zuckerwerk?«
»Nicht ganz«, antwortete er lachend. In seinen Augen glitzerte immer noch ein amüsiertes Funkeln, doch seine Miene wurde ernst, als er das Päckchen wieder hervorzog und ihr reichte. »Es ist für dich.«
Isabel legte den angebissenen Apfel zur Seite und nahm das Geschenk entgegen. Ihr Herz flatterte unvermittelt aufgeregt. Nachdem sie das weiche Päckchen in ihren Schoß gebettet hatte, krauste sie die Stirn und sah ihn unschlüssig an. »Für mich?« Als er nickte, löste sie vorsichtig das
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