Die Ehre des Ritters (German Edition)
zuerst glaubte, seine Ohren hätten ihm einen Streich gespielt. Sich insgeheim davor fürchtend, sie anzuschauen und festzustellen, dass sie immer noch schlief, immer noch der Welt der Lebenden fern war, hob er den Kopf. Aber sie regte sich tatsächlich. Langsam schlug sie die Lider auf, ihr bleicher Mund öffnete sich und erneut rief sie nach ihm. Lauter diesmal. »Griffin …«
»Ich bin hier«, sagte er leise. »Ich bin hier.«
Rasch lief er zur Tür und rief nach Bruder Ronan, dann kehrte er an ihr Bett zurück und beugte sich über sie. Isabel blinzelte, und er sah im dämmrigen Kerzenlicht der Kammer, dass ihre Augen strahlender wurden, wacher. Sie blickte ihn an und ließ anschließend den Blick langsam umherwandern. Griffin drückte ihre Hand und widerstand nur mühsam dem Drang, sie in seine Arme zu ziehen. »Du hast mir solche Sorgen bereitet. Gott sei Dank bist du endlich aufgewacht. Wie fühlst du dich?«
Blinzelnd krauste sie die Stirn und schaute zu ihm auf. »Ich bin am Verhungern.«
Glücklich und zutiefst erleichtert lachte Griffin auf. »Am Verhungern, soso«, sagte er schmunzelnd und strich ihr eine Locke aus der Stirn. Er wandte sich um, weil er Bruder Ronans Schritte hinter sich vernahm. »Mylady ist aufgewacht und hat Hunger«, teilte er dem schweigsamen, lächelnden Mönch mit. »Könntet Ihr etwas aus der Küche für sie holen? Vielleicht etwas Brot und Wein und ein Stück Käse?«
»Rüben«, murmelte Isabel schläfrig. »Ich hätte zu gern gekochte Rüben.«
Griffin zog ihre Finger an seine Lippen und küsste sie. »Alles, was du willst. Wenn keine in der Küche sind, gehe ich selbst in den Garten hinaus und grabe ein paar für dich aus.«
Kurz darauf kam Bruder Ronan mit Isabels Mahl zurück. Er stellte das Tablett mit dem dampfenden Essen vor ihren Füßen ab und verließ den Raum so still, wie er gekommen war, als spürte er die Intimität des Augenblicks und wüsste, dass er daran nicht teilhaben dürfe. Griffin half Isabel, sich aufzusetzen, und steckte ihr das Kissen als Stütze hinter den Rücken. Er fütterte sie, hielt ihr den Becher, während sie trank, und als sie aufgegessen hatte und beim letzten Bissen vor Müdigkeit bereits eingeschlafen war, legte er sie sacht zurück, deckte sie zu und wachte über ihren Schlaf.
Griffin war selbst über alle Maßen müde und zugleich von einem Gefühl der Untröstlichkeit erfüllt, denn er wusste, nun, da Isabel aufgewacht und gesund war, musste er bald die passenden Worte finden, um Abschied von ihr zu nehmen.
Auch am nächsten Morgen dachte Isabel zunächst nur ans Essen. Griffin hatte sie zu ihrer Toilette und zum Anlegen eines frischen Verbandes allein gelassen, kehrte aber danach sogleich an ihre Seite zurück, erfreut zu sehen, dass sie aufrecht im Bett saß. Sie bedankte sich bei Bruder Ronan, der ihr eine dampfende Schale Fischeintopf und ein Stück Brot brachte. Ihr Frühstück war weitaus herzhafter und reichhaltiger ausgefallen als das der Mönche, indes schienen sich diese über den guten Appetit ihres heißhungrigen Gastes zu freuen.
»Ich bin froh, dass es dir anscheinend besser geht«, sagte Griffin und nahm ihr die Schale ab, da sie Schwierigkeiten hatte, sie auf ihrem Schoß zu balancieren.
Man hatte ihr einen dunkelbraunen Habit gegeben, ein kastenförmiges, grob geschnittenes Kleidungsstück, das ihr von den schlanken Schultern hing wie ein Getreidesack. Doch über dem schlichten Kragen waren ihre Wangen gerötet, ihre Augen blickten klar und strahlend, und Griffin schien es, als habe er noch nie einen schöneren Anblick gesehen.
Gott, wie sehr er sich danach sehnte, sie zu umarmen, ihr zu sagen, welch große Furcht er gehabt hatte, sie nie wieder so wohlauf zu sehen. Wäre Bruder Ronan nicht gewesen, der seine Tiegel gerade wegräumte, hätte Griffin seinem Verlangen vielleicht nachgegeben. Stattdessen wartete er ab und sah zu, wie der junge Mönch seine Kräutertöpfe wegstellte und einige frische Bandagen zurechtlegte. Schließlich nickte er ihnen zu und verließ mit leise klatschenden Sandalen das Zimmer.
Kaum hatte sich die Tür hinter ihm geschlossen, kratzte Isabel an der Binde an ihrem Arm und versuchte, die Finger unter die Knoten zu stecken.
»Lass das«, schalt Griffin und ergriff ihre Hand.
»Aber es juckt.«
»Es heilt.«
Sie sah auf die Bandage und krauste die Nase. »Es stinkt.«
»Bruder Ronan ist kein Parfümeur, aber seine Kräuterumschläge sind sehr wirksam. Außerdem gewöhnst du dich
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