Die Ehre des Ritters (German Edition)
mit ausgestreckter Hand zur offenen Tür.
»Nein, ich werde sie nicht verlassen«, erwiderte Griff grimmig. »Heilt sie, aber heilt sie unter meinen Augen.«
Der junge Mönch blickte ihn entschuldigend an und verharrte regungslos. Bedächtig blinzelte er Griffin an und wartete geduldig darauf, dass dieser seine Bedingungen annahm.
»Mein Sohn«, vernahm er eine freundliche Stimme von der Tür her. Griffin wandte sich um und sah den älteren Mönch auf der Schwelle stehen, die Hände in die weiten Ärmel seines Gewandes gesteckt. »Die Zeit läuft uns davon. Wir sollten den guten Bruder seine Arbeit tun lassen.«
Nach einem letzten Blick auf Isabel ließ sich Griffin widerstrebend zur Tür geleiten. Nachdem ihm die Eichentür den Zutritt zu der Kammer verwehrte, drückte er Stirn und Hände auf das raue Holz und sah zu, wie Wasser aus seinen feuchten Haaren und der nassen Tunika auf den Boden vor seinen Füßen tropfte.
»Habt Ihr hier einen Schreiber?«, fragte er den Mönch, der ihm in dem schmalen Flur Gesellschaft leistete.
»Natürlich. Die meisten unserer Brüder sind der Buchstaben mächtig.«
»Ich muss eine Botschaft schicken«, sagte Griffin. Augenblicklich hatte er beschlossen, was er um Isabels willen tun musste. Es war das Einzige, was er jetzt noch für sie tun konnte. »Ich muss Sebastian Earl of Montborne eine Nachricht zukommen lassen. Er soll erfahren, dass seine Verlobte hier weilt … dass sie krank ist und eine Eskorte benötigt, um nach Hause zu gelangen.«
»Gut.« Sanft erklang die Stimme des Mönches neben ihm. »Es soll geschehen, mein Sohn.«
»Ich danke Euch.«
»Bruder Ronan ist ein guter Heiler«, fuhr der alte Mönch fort und legte Griffin die Hand auf die Schulter. »Wenn Eure Dame zu retten ist, wird es ihm mit seinen Kräutern und Gottes Hilfe gelingen.«
»Ich bete darum, dass Ihr recht habt, Pater.« Die Last seiner Sorgen entlud sich in einem tiefen, kummervollen Seufzer. »Ich bete darum, dass Ihr recht habt.«
»Kommt«, sagte der Mönch. »Lasst uns gemeinsam beten, mein Sohn.«
23
Es dauerte drei Tage. Drei Tage, bis es ein erstes Anzeichen dafür gab, dass Isabel überleben könnte. Bruder Ronan hatte ihren Arm mit verschiedenen Kräutersalben und Umschlägen versorgt, die allesamt eklig aussahen und übel rochen. Griffin fragte des Öfteren, woraus die scheußlichen Mischungen bestanden und wie sie wirkten, indes trugen seine Fragen ihm lediglich ein freundliches, nichtssagendes Lächeln oder ein rätselhaftes Schulterzucken des heilkundigen Mönches ein. Bruder Ronan verriet ihm weder, wie es Isabel ging, noch wann sie wohl aus ihrem tiefen Schlaf erwachen würde. Die fortwährende, unerträgliche Ungewissheit und das Gefühl völliger Hilflosigkeit drohten Griffin schier in den Wahnsinn zu treiben.
Er hatte sich vorgenommen, Isabel der Obhut der Mönche zu überlassen und dem Kloster den Rücken zu kehren, sobald die Nachricht an Montborne geschickt war, aber obwohl die Eilbotschaft sich längst auf dem Weg befand, brachte er es nicht über sich zu gehen. Nicht, solange er nicht wusste, ob sie wieder gesund werden würde. Nicht, solange er sich nicht mit eigenen Augen davon überzeugt hatte, dass sie wohlauf war.
Also war er geblieben, hatte kalte Kompressen auf ihre Stirn gedrückt, verschmutzte Bandagen gereinigt und neue zugeschnitten, wenn Bruder Ronan danach verlangte. Er half, wo und wie immer er konnte. Er aß nicht, schlief nicht und verließ Isabel nur, wenn es unbedingt nötig war. Immer kam er anschließend mit derselben hoffnungsvollen Frage zurück: »Geht es ihr besser?«
Endlich, in der Abenddämmerung des dritten Tages, ließ das Fieber nach.
Beklommen wartete Griff darauf, dass Bruder Ronan seine Vermutung bestätigte. Die Hand auf Isabels Stirn gelegt drehte sich der Mönch zu Griffin um und nickte. Sein ungewohnt breites Lächeln verriet, dass das Schlimmste überstanden war. Dennoch wachte Isabel nicht auf.
Als der Abend ohne ein weiteres Zeichen auf eine voranschreitende Genesung sich schließlich der Mitternacht zuneigte, fragte sich Griffin, ob das Weichen des Fiebers womöglich ein falsches Omen gewesen war, die grausame List eines rachsüchtigen Gottes, der allen Grund hatte, ihm zu zürnen. Erschöpft von den langen Nächten und vielen Stunden, die er wachend an ihrem Bett verbracht hatte, ließ Griffin den Kopf auf den gebeugten Arm sinken.
»Gri … Griffin?«
Die Stimme war so leise, nur der Hauch eines Flüsterns, dass er
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