Die ehrenwerten Diebe
Knopfloch stecken.
Natürlich sahen wir uns ganz gründlich ausgeschiedene Mitarbeiter an, und noch penibler nahmen wir Neuzugänge unter die Lupe. Fehlanzeige. Wir nahmen uns sogar des elfjährigen Klaus an, dieses Kronprinzen der Werbung, aber auch der frühreife Bengel brachte uns nicht weiter.
Nach ein paar Tagen hatte ich begriffen, warum die beiden Firmeninhaber so energisch für ihre Leute eingetreten waren, und das kam dem Bankrott unserer Ermittlungen gleich.
Natürlich gaben wir nicht auf. Ich ackerte die Terminkalender durch, verglich die Termine, untersuchte die Papierkörbe nach verräterischen Abfällen, ließ am Ende jeden Tages die Farbbänder der Schreibmaschinen vernichten, hielt Ausschau nach neugierigen Putzfrauen, und über Nacht ließ ich das ganze Haus nach versteckten Abhörgeräten untersuchen: Außer Spesen nichts gewesen.
Ich erfuhr auch, daß die Werbung geistige Knochenarbeit ist. Die Spezialisten grasten auf einer gemähten Wiese. Was konnte schon weißer sein als superweiß? Kein Wunder, daß ihnen gelegentlich das Ende ihrer Weisheit drohte. Ihr Fach war keineswegs so gut, wie es manchmal tönte. Ohne Werbung kein Massenkonsum, ohne diesen kein Lebensstandard. Für ihre Arbeit konnte eine Firma 15 Prozent des Werbe-Etats kassieren, aber sie mußte von Jahr zu Jahr ihre Fähigkeit beweisen, denn der Kunde verlangte Erfahrung. Ideen. Diskretion. Und vor allem Erfolg.
Das ganze Haus fieberte dem Zigarettenauftrag entgegen. Wenn es den Herren Raschke & Plaschke wirklich gelang, diesen Etat an Land zu ziehen, könnten sie ihr leicht angebeultes Ansehen mit einem Schlag wieder aufbügeln. Die Entscheidung sollte in ein paar Tagen fallen. Noch immer fehlte der RAPLA die zündende Idee, aber man setzte darauf, daß der bewährte Junior sie wie immer aus dem Ärmel schütteln würde.
Siegfried Plaschke war übrigens ganz anders, als ich ihn mir vorgestellt hatte: zierlich, fast schmächtig; sein mageres Gesicht wirkte asketisch, aber dieser mönchische Eindruck war sofort weggewischt, wenn er sprach: »Sie also sind das«, sagte er bei der ersten Begegnung zu Cora, deren eigentliche Aufgabe er außer seinem Senior-Partner als einziger kannte. »Na ja, jedenfalls sehen Sie recht passabel aus. Aber mit Ihrer Arbeit werden Sie hier keinen Blumentopf gewinnen.«
»Sie aber auch nicht«, erwiderte ich.
Im ersten Moment drohte er böse zu werden, dann lachte er schallend. Er hängte sich bei Cora ein, zog sie in sein Arbeitszimmer.
»Gut«, sagte er. »Vertragen wir uns.«
Der Mann hatte einen Schlag bei Frauen. Er wirkte auch auf Cora; es machte sie ärgerlich.
»Warum sperren Sie sich so gegen unsere Nachforschungen?« fragte ich.
»Erklär' ich Ihnen gerne«, antwortete Plaschke. »Ich bin ein freier Mensch. Ich möchte mit freien Menschen arbeiten. Sie sollen privat tun und lassen, was sie wollen. So wie ich. Es verstößt einfach gegen die menschliche Würde, in ihren Kochtöpfen und Schlafzimmern herumzuwühlen.«
»Der engere Kreis umfasst vierundzwanzig Mitarbeiter«, erwiderte ich an Coras Stelle. »Dreiundzwanzig werden entlastet sein, wenn wir einen entlarven.«
»Machen Sie das«, erwiderte er ironisch. »Aber bitte bald.«
»Außerdem behaupte ich ja gar nicht, daß es um vorsätzlichen Verrat geht …«
»Sondern?«
»Vielleicht plaudert hier jemand interne Dinge aus, ohne es zu merken?« Es machte mir Freude, auf ihn loszugehen. »Was turteln Sie denn immer so mit Ihren Gespielinnen?« hielt ich ihm das rote Tuch vor.
»Mein lieber Herr Fabian«, entgegnete er, keine Spur beleidigt. »Glauben Sie ja nicht, daß mir in galanten Dingen jemals der Gesprächsstoff ausgeht.« Sein Lächeln deutete an, daß er jederzeit bereit sei, die Nagelprobe anzutreten. »Außerdem bin ich ein Liebhaber und kein Dampfplauderer«, schloß er dieses Thema.
Selbstverständlich hatten wir seinen Umgang mit dem weiblichen Geschlecht recht sorgfältig untersucht, wofür wir eigens zwei Leute einer Detektivagentur benötigten. Die Damen seiner Wahl, recht verschieden in Figur und Haarfarbe, wollten allenfalls etwas von Siegfried Plaschke, jedoch nichts von seiner Firma.
»Sie können getrost annehmen, daß wir von hundert Ideen neunundneunzig wegwerfen, bevor wir uns für die letzte entscheiden. Die Jury im Endstadium besteht dann nur aus Herrn Raschke und mir. Höchstens noch Herrn Niebier. Kein anderer weiß, was wir zu zweit oder zu dritt im stillen Kämmerlein aushecken.« Er stand
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