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Die Einsamkeit des Chamäleons

Die Einsamkeit des Chamäleons

Titel: Die Einsamkeit des Chamäleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Holland Moritz
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Leben. Schnauze voll von meiner ›Generation Praktikum‹. Habe Galeristen für Vernissagen assistiert, alten Menschen den Po abgewischt, dann wieder Artikel für Magazine geschrieben, die sich genau eine Ausgabe lang hielten, für Konzerte und Lesungen Flyer in der Stadt verteilt und Plakate geklebt. Nee! Mir reicht’s!«
    Rebekka musste lächeln. Ulrike imponierte ihr mit ihrer direkten Art, die diesem zu groß geratenen Mädchen bisher leider noch so gar keinen direkten Weg zum Ziel beschert zu haben schien. Oder war hier tatsächlich der Weg das Ziel, und Ulrike wollte gar nicht ankommen?
    Â»Nun macht eine gewisse Zuneigung zu einem gewissen Herrn Milchmeyer natürlich Sinn«, stichelte Rebekka, doch Ulrike schien wieder an etwas ganz anderes zu denken.
    Â»Wenn die mich endlich übernehmen, mich fest anstellen mit 13-mal Festgehalt im Jahr, 30 Tagen Urlaub und zur Not mal eine Woche oder zwei auf Krankenschein, dann …«
    Die Armreifen rasselten, Ulrike griff zum Bier.
    Â»Dann?«, hakte Rebekka nach und wollte gern etwas hören über das, was eine wie Ulrike ein Spießerleben nannte und heimlich herbeisehnte, einen Freund, den sie vielleicht einmal heiraten würde, eine gemeinsame Wohnung, ein Kind und Urlaubsreisen mit Vollpension.
    Ulrike warf Rebekka einen prüfenden Blick zu.
    Â»Dann würde ich alles daran setzen, herauszufinden, wer in dieser Firma meinen Vater auf dem Gewissen hat.«

Kapitel 20
    Â»Sie gefällt mir nicht.«
    Â»Du musst sie ja nicht heiraten.«
    Â»Wie aus dem Nichts tauchte sie als Freundin der Familie auf, die keiner aus der Familie kannte.«
    Â»Und wenn sich der Alte nun noch ein bisschen mit ihrer Mutter amüsiert und den vier Gören nichts davon erzählt hat?«
    Â»Rede nicht so von ihnen.«
    Â»Was willst du tun?«
    Â»Innehalten. Gras drüber wachsen lassen. Die Dame etwas genauer unter die Lupe nehmen.«
    Â»Dann hast du eine Menge auf deiner Agenda. In puncto Innehalten stimme ich dir zu. Die Arbeit allerdings muss weitergehen.«
    Â»Ich hatte nicht vor, mich zur Ruhe zu setzen. Habe gerade wieder 60 Quadratmeter luftleeren Raum nach Asien verpachtet.«
    Â»Gut. Bleib an den Skulpturen dran. Nachfrage schaffen. Das A und O. Du hast letzte Woche zu viele auf einmal rausgestellt.«
    Â»Die Auktion lief wie am Schnürchen. Wir könnten demnächst in Hongkong produzieren lassen und würden immer noch nicht genug auf einmal haben.«
    Â»Nicht witzig. Und genau an dieser armseligen Gier von euch Neureichen wirst du scheitern. Dummerweise hänge ich dann mit drin. Werd erwachsen, und wir bleiben im Geschäft. Denn das ist immer noch meins, verstanden?«
    Â»Du kannst die Sache gerne als Ich-AG laufen lassen. Und dich dann beim Bemühen um die echten Künstler ganz hinten anstellen. Dort, wo sich die Anfänger gegenseitig auf den Füßen stehen.«
    Â»Bleib ganz ruhig. Du machst, was ich dir sage, oder du bist raus. Die Skulpturen werden zurückgehalten und in vier Wochen erstmals wieder in den Onlinekatalog aufgenommen. Bestehende Gebote wickelst du still ab. Die nächste Offensive gehört den Belgiern. Nächste Woche bist du in der Leuvenstraat in Antwerpen. Jos de Gruyter & Harald Thys. Zwei Installationen sind vorbestellt. Haben wir uns verstanden?«
    Â»Das haben wir. Trotzdem mach ich mit den Skulpturen weiter. Andrew Cascone ist meine Entdeckung. Und das hast hoffentlich du verstanden.«

Kapitel 21
    Ulrike schloss die Tür auf und schaute sich in ihrer kleinen Wohnung um wie eine Fremde. Ein Plakat von Kurt Cobain an der Wand, darunter ein überdimensionaler Plüschbär auf einem ungemachten Bett. Hier lebt ein Niemand, dachte Ulrike, warf den Schlüssel in die Ecke und zündete sich eine Zigarette an.
    Â»Ruhig bleiben«, redete sie sich zu, laut sogar, ohne es zu bemerken. Sie war wahnsinnig wütend, weniger auf Rebekka als auf sich selbst.
    Die Küche war nur durch einen Vorhang vom Wohnschlafzimmer getrennt, und was Ulrike bisher als kostengünstige Gemütlichkeit von Wohnung betrachtet hatte, fühlte sich mit einem Mal als zu eng an. Vom Flur, in dem ihr Fahrrad gerade so an die Wand passte, ging ein winziger Raum mit Dusche, Toilette und Waschbecken ab. Beide Fenster zu beiden Seiten der Wohnung zeigten auf Hinterhöfe, in die auch im Hochsommer statt Sonne nur Hitze fiel.
    Sie setzte

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