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Die Einsamkeit des Chamäleons

Die Einsamkeit des Chamäleons

Titel: Die Einsamkeit des Chamäleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Holland Moritz
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ebenfalls einen Martini . »Schön, dass Sie Zeit haben. Und noch schöner, dass wir nun jede Menge gemeinsame Bekannte haben.«
    Rebekka hob ihr Glas, als der Kellner ihm den Martini brachte.
    Â»Zum Wohl, Herr Assmann. Auf unsere neuen Freunde.«
    Für eine Sekunde veränderte sich Erik Assmanns Gesichtsausdruck. Als hätte jemand in seinem strahlenden Gesicht für einen Moment das Licht ausgeschaltet. Doch sofort wieder freundlich lächelnd stieß er mit Rebekka an. »Lassen Sie uns weniger förmlich miteinander reden. Ich bin Erik.«
    Â»Rebekka.«
    Â»Den Freundschaftskuss sparen wir uns.«
    Das war keine Bitte, sondern eine Festlegung, stellte Rebekka fest und war angenehm berührt.
    Â»Du wolltest mich treffen. Weiß Ingrid davon?«
    Nun war Erik Assmann tatsächlich verblüfft, und Rebekka spürte im selben Moment ihren faux pas .
    Â»Was, bitte, hat meine Frau damit zu tun? Was sollte sie daran stören?«
    Mit einer Frau, die er wenige Tage zuvor kennengelernt hatte, in einer Bar zu sitzen, schien für Erik tatsächlich nicht die Spur einer anrüchigen Situation in sich zu tragen. Und während sie ihn so dasitzen sah, einen etwas übergewichtigen Mann mit Stirnglatze und Gesichtszügen, in denen es sich das Altern bereits gemütlich eingenistet hatte, schüttelte Rebekka unmerklich den Kopf, war seine Frage doch das Ehrlichste, was sie seit Langem gehört hatte.
    Â»Tut mir leid, da habe ich mir wohl etwas eingebildet.«
    Erik griff nun nach ihren Händen und drückte sie fest. Während sie von der Wärme und Festigkeit seines Händedrucks beeindruckt war, sagte er im Brustton der Überzeugung: »Du bist eine attraktive Frau, Rebekka, und ich kann mir nur annähernd vorstellen, wie viele meiner Spezies jetzt und hier gerne mit mir tauschen würden, aber glaub mir«, der Druck seiner Hände nahm zu, und Rebekka war die Situation mehr als peinlich, »ich bin ein glücklicher Mann. Und damit meine ich: Ehemann und Vater.«
    Â»Erik«, Rebekka befreite ihre Hände aus seinen, »so war das nicht gemeint. Bei mir gehen nur die Lampen an, wenn jemand auf einen bestimmten Schalter drückt. Und dein Anruf hat genau dieses Schema F in Gang gesetzt.«
    Â»Das ist interessant.« Erik lockerte seine Krawatte und schien nachzudenken. »Schema F wurde bei mir in Gang gesetzt, als ich von Karl-Heinz’ Tod hörte. Ich kenne die Familie erst seit Kurzem.«
    Das überraschte Rebekka. »Ihr schient sehr vertraut. Vor allem Ulrike und du.«
    Â» Touché !«
    Erik nahm einen Schluck Martini , und Rebekka war froh, dass sie recht zwanglos auf das Thema gekommen waren.
    Â»Ulrike und ich sind uns nicht nur vertraut, manchmal habe ich so etwas wie Vatergefühle für sie.«
    Rebekka runzelte die Stirn. Erik schaute sie an und schien zu ahnen, was nun kam.
    Â»Als Vater hättest du Ulrikes Umgang mit Medikamenten und Alkohol besser im Blick.«
    Beschwichtigend hob Erik die Arme.
    Â»Genau das meine ich. Schema F. Ulrike hat ihre Anwandlungen, das stimmt. Und ich verbot ihr nicht, zu ihrer Aspirindosis aus meinem Bierglas zu trinken. Stimmt auch. Wenn du aber schon einmal erlebt hättest, wie Ulrike reagiert, wenn man ihr etwas verbietet, wäre auch dir diese Variante lieber.«
    Â»Aus lauter Angst ignorierst du, was sie sich antut?«
    Genüsslich lehnte sich Erik zurück.
    Â»Das sagt ausgerechnet diejenige, die sie mit Zigaretten versorgt. Siehst du, dass hier keiner den ersten Stein werfen sollte? Er könnte voll ins Auge gehen.«
    Erik trank einen Schluck und schaute Rebekka dann herausfordernd an. Als habe er soeben eine Entscheidung getroffen, nahm sein Gesicht wieder den entspannten Ausdruck an, und er redete weiter.
    Â»Ulrike arbeitete eine Zeit lang als Aushilfe für mich.«
    Rebekka überlegte fieberhaft, was eigentlich Eriks Arbeit war und womit er sein offenbar reichliches Auskommen verdiente. Sie wollte nicht unhöflich erscheinen, doch schließlich hatten Erik und sie noch nie über seine Arbeit gesprochen und er sie nun schon zum zweiten Mal erwähnt. Sie wusste nur, dass er häufig unterwegs war. Er war genau der Typ, von dem man sagte, dass er ›irgendetwas mit Versicherung‹ machte oder ›bei irgendeiner Bank‹ angestellt war und bei dem man sich mit genau dieser Information zufrieden gab, weil man nichts anderes

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