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Die einzige Blume im Sumpf - Geschichten aus Ägypten

Die einzige Blume im Sumpf - Geschichten aus Ägypten

Titel: Die einzige Blume im Sumpf - Geschichten aus Ägypten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
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stolz auf sich selbst und auf den Präsidenten, an jedem Monatsanfang zur Staatskasse ging, um nach Vorlage der erforderlichen Anweisung, ausserdem ihres Personalausweises, das Geld in Empfang zu nehmen. Dass Sainât diesen Ausweis sorgsam wie ihren Augapfel hütete, seit sie ihn erhalten hatte, wird durch nichts besserbewiesen als dadurch, dass sie ihn in einer Plastikhülle aufbewahrte, die sie einen Schilling, ganze fünf Piaster, gekostet hatte; ausserdem, dass sie ihn unter ihrer Matratze verstaute und sich immer wieder versicherte, dass er noch da war. Dies übrigens nicht nur wegen der Rente, bewahre!, sondern weil sie ihn dem Polizisten der Stadtverwaltung einmal triumphierend unter die Nase gehalten hatte, als dieser versuchte, einen Streit mit ihr anzuzetteln und sie anlässlich einer Überprüfung ihrer Tätigkeit auszunehmen. Er hatte angefangen, ihr zu drohen, sie auf den Posten zu schleppen, weil sie sich ja doch nicht ausweisen könnte. Doch dann verzog er sich ganz belemmert und mit einem Kopf wie ein heisser Brotfladen, nachdem sie ihn zum Gespött gemacht und ihm tüchtig ihre Meinung gesagt hatte.
    Aber die drei Pfund waren noch nicht der krönende Abschluss dieser Beziehung mit dem Präsidenten der Republik. Denn obwohl sie eine Summe erhielt, von der sie ihr ganzes Leben über nie zu träumen gewagt hatte – es waren nicht weniger als achtzehn Pfund, weil der Beschluss der Rentenzuweisung an sie rückwirkend galt, wodurch sie Anspruch auf die letzten sechs Monate hatte –, und obwohl sie auch gewaltige Dinge tat mit diesem Geld (kaufte sie sich doch neue rote Backsteine, mit denen sie die Wände ihrer Hütte vervollständigte, nachdem sie die Steine und das Blech entfernt und ein Fenster herausgebrochen hatte, durch das Licht und Luft ins Innere drangen, und erlaubte es sich sogar, ein ganzes Huhn zu erstehen, das sie allein, ohne Gesellschaft irgendeiner Kreatur, verzehrte … ein unvergesslicher Genuss, besonders, weil sie mit dem gekochten Fleisch auch eine Mischung aus gedünstetem und mit warmer Saucegetränktem Reis in den Mund schob) – trotz alledem und auch trotz der grundlegenden Veränderungen, die in Sainâts Leben eingebrochen waren, dass sich zum Beispiel das Angebot der Waren, mit denen sie handelte, erweiterte und sie neue Sachen wie Bleistifte und Radiergummis hinzufügte, riet ihr doch Abduh der Barbier – »Gott segne seine Hand und erhalte das Licht seiner Augen«, so die Bitte Sainâts, die ihm gegenüber immer ehrlich und aufrichtig war –, sie dürfte die Beziehung nicht abreissen lassen und müsste weiterhin Briefe an den Präsidenten schicken. Dabei wäre es wesentlich, dass der Klageton intensiviert würde, dass sie eine Beschwerde vorbrächte und eine Erhöhung ihrer Rente aufgrund der Tatsache verlangte, dass sie eine alleinstehende Frau wäre, ohne Familie und ohne Ernährer, und dass es auf der ganzen, weiten Welt ausser Gott und dem Präsidenten der Republik niemanden gäbe, der ihre Klagen hört.
    Eindeutig übertraf die Anstrengung, deren sich Abduh der Barbier bei der Abfassung der neuen Briefe unterzog, seine Bemühungen bei der Abfassung der Briefe der ersten Periode, die durch Sainâts Rentenbezug gekrönt worden war. Dies einerseits, weil das entsprechende Gesetz im Hinblick auf Sainâts Rentenanspruch eindeutig war. Andrerseits waren die ersten Briefe auch schon dadurch gerechtfertigt, dass Sainât zuvor noch nie eine Rente erhalten hatte. Jetzt dagegen würde die Gutheissung ihres Antrags auf der Grundlage einer Sonderregelung und entsprechend den Direktiven des Präsidenten der Republik erfolgen, der eine solche Rentenerhöhung anordnen könnte, wenn er aufgrund der schriftlichen Formulierung das Gefühl hätte, die Situation sei wahrheitsgemäss dargestellt und Sainâts Lebensverhältnisseseien wirklich so schwierig, dass sie auch ein Herz von Stein erweichen könnten.
    Also schärfte Abduh der Barbier mit aller Kraft seinen Geist und mobilisierte im Versuch, den Präsidenten hinlänglich zu beeindrucken, damit er die nötige Zustimmung zur Erhöhung der Rente gebe, seine hervorragendsten rhetorischen Fähigkeiten. Doch schien das Niveau dessen, was er zu Papier brachte, auf die eine oder andere Art unzureichend zu sein, denn vom Präsidentenbüro kam keine einzige Antwort, die sich auf das Schicksal der neun Briefe bezogen hätte, die Abduh mit Sainâts tätiger Hilfe in dieser Sache verfasst hatte.
    Deswegen war Abduh der Barbier, wenige Tage

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