Die Eisprinzessin schläft
Ich habe eine Runde durchs Haus und durch den Keller gemacht, aber alles war, wie es sein sollte. Ich habe auch sorgsam abgeschlossen, als ich ging. Ich hatte einen eigenen Schlüssel zur Verfügung.«
Patrik sah sich gezwungen, ganz deutlich nach der Sache zu fragen, die ihn beschäftigt hatte. »Und der Heizkessel. Funktionierte der? War das Haus warm?«
»Ja doch. Mit dem Heizkessel gab es da kein Problem. Der muß irgendwann, nachdem ich dort gewesen bin, kaputtgegangen sein. Ich begreife nicht ganz, was das für eine Bedeutung haben soll. Also, wann der Kessel kaputtging.« Eilert nahm einen Moment die Pfeife aus dem Mund.
»Um ganz ehrlich zu sein, weiß ich nicht, ob es eine Bedeutung hat. Aber ich danke Ihnen für die Hilfe. Es kann wichtig sein.«
»Bloß aus reiner Neugier, warum haben Sie das nicht gleich am Telefon gefragt?«
Patrik lächelte. »Ich bin wohl ein bißchen altmodisch, vermute ich mal. Finde, daß ich am Telefon nicht genausoviel in Erfahrung bringe, als wenn ich jemandem Auge in Auge gegenübersitze. Manchmal denke ich, daß ich eigentlich vor hundert Jahren geboren sein sollte, vor all den modernen Erfindungen.«
»Unfug, Junge. Glaube nicht all dem Gerede, daß es früher besser gewesen ist. Kälte, Armut und Schufterei von früh bis spät, das ist nichts, von dem man träumen sollte. Nein, du, ich nutze so viele von den Neuerungen, wie ich nur kann. Besitze sogar einen Computer mit Internetanschluß. Ja, du, das hast du von so einem alten Knacker wohl nicht erwartet.« Er zeigte mit der Pfeife bedeutsam auf Patrik.
»Eigentlich kann ich nicht behaupten, daß es mich total verwundert. Aber ja, jetzt muß ich los.«
»Ich hoffe, es hat was gebracht, so daß du dich nicht umsonst herbemüht hast.«
»Nein, nein, ich habe genau das erfahren, was ich wissen wollte. Außerdem bin ich so ja auch in der Genuß der guten Kuchen Ihrer Frau gekommen.«
Eilert schnaubte verächtlich. »Ja, backen kann sie, das muß man ihr lassen.«
Dann versank er in ein Schweigen, das fünfzig Jahre Entbehrungen zu umfassen schien. Svea, die sicher mit dem Ohr an der Tür dagestanden hatte, konnte sich nicht länger mäßigen und kam zu ihnen ins Zimmer.
»Nuun, hat er das erfahren, was er wissen wollte?«
»Ja, danke. Ihr Mann war sehr entgegenkommend. Ich möchte auch für den Kaffee und den guten Kuchen danken.«
»Das war doch nichts weiter. Schön, daß es geschmeckt hat. Also, Eilert, räume du jetzt ab, dann bringe ich den Wachtmeister zur Tür.«
Gehorsam begann Eilert Tassen und Teller zusammenzustellen, während Svea Patrik unter ständigem Geplapper nach draußen begleitete.
»Machen Sie die Tür jetzt ordentlich hinter sich zu. Ich vertrage keinen Zug, das versteht er sicher.«
Patrik stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als sich die Tür hinter ihr schloß. Was für ein gräßliches Weib. Aber die Bestätigung, auf die er aus gewesen war, hatte er erhalten. Jetzt war er sich ziemlich sicher, daß er wußte, wer Alexandra Wijkner ermordet hatte.
Zu Anders’ Begräbnis war das Wetter nicht genauso schön wie bei Alexandras Beisetzung. Der Wind peinigte die Haut, wo sie ihm ausgesetzt war, und die Wangen wurden rot vor Kälte. Patrik hatte sich so warm angezogen, wie er nur konnte, aber das war noch immer nicht genug bei diesem unerbittlichen Wind, und er schlotterte an dem offenen Grab, während der Sarg langsam herabgelassen wurde. Die eigentliche Begräbniszeremonie war kurz und trostlos gewesen. Nur ein paar Leute waren in der Kirche erschienen, und Patrik selbst hatte diskret auf der hintersten Bank Platz genommen. Vorn saß Vera ganz allein.
Er hatte gezögert, ob er mit zum Grab gehen sollte, aber sich in letzter Sekunde dann doch dazu entschlossen, weil es das mindeste war, was er für Anders tun konnte. Vera hatte die ganze Zeit über, in der er sie im Blick hatte, nicht eine Miene verzogen, aber er glaubte nicht, daß ihre Trauer deshalb geringer war. Sie war einfach jemand, der seine Gefühle nicht zur Schau stellte. Patrik konnte das verstehen, und ihm gefiel eine solche Haltung. Auf eine Art bewunderte er Vera. Sie war eine starke Frau.
Nachdem die Beerdigung beendet war, entfernten sich die wenigen Begräbnisbesucher in verschiedene Richtungen. Vera ging mit gesenktem Kopf langsam auf dem Kiesweg zur Kirche hoch. Der eisige Wind pfiff ihnen um die Ohren, und sie hatte ihren Schal um den Kopf gebunden. Einen Moment lang zögerte Patrik. Er rang noch immer mit
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