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Die Eissphinx

Die Eissphinx

Titel: Die Eissphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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können….
    – Wenn sich solche überhaupt wieder bis hierher wagen, Herr Kapitän! – Daß das uns gelungen ist, verdanken wir außerordentlich günstigen Umständen, dem frühzeitigen Sommer und der etwas übernormalen Temperatur mit dem schnellen Schmelzen der Eismassen. Wer weiß, ob das alles in zwanzig… in fünfzig Jahren einmal wieder vorkommt!
    – Ich bin dafür auch der Vorsehung dankbar, Herr Jeorling, und es belebt meine Hoffnung ein wenig. Da hier eine so dauernd schöne Witterung herrscht, könnten meine Landsleute ja an dieser Küste, nach der Wind und Strömung sie trugen, gelandet sein. Was unserer Goëlette gelang, mag ihrem Boote wohl auch gelungen sein. Sie werden nicht abgefahren sein, ohne hinreichenden Proviant für sehr lange, vorher nicht zu bestimmende Zeit mitgenommen zu haben. Hilfsquellen maß ihnen die Insel Tsalal doch eine Reihe von Jahren hindurch geboten haben. Sie besaßen ja Waffen und Munition, Fische und Wassergeflügel giebt es in dieser Gegend in Menge… Ja, mein Herz ist von neuer Hoffnung erfüllt und ich wünschte nur, schon um wenige Stunden älter zu sein!«
    Ohne die Zuversicht des Kapitän Len Guy zu theilen, freute es mich doch, daß er – sozusagen – den Kopf wieder höher trug. Waren seine Nachsuchungen jetzt von Erfolg, so hoffte ich es vielleicht zu erreichen, daß diese im Interesse Arthur Pym’s fortgesetzt würden – selbst bis ins Innere des Landes, von dem wir ja nicht weit entfernt waren.
    Langsam glitt die »Halbrane« über das klare Wasser hin. Ueberall wimmelte es von Fischen der schon früher beobachteten Arten. Seevögel zeigten sich in noch größerer Menge und schienen gar nicht zu erschrecken, denn sie flatterten um die Masten oder ruhten auf den Raaen aus. Mehrere weißliche Bänder oder Stränge von fünf bis sechs Fuß Länge wurden an Bord geholt; diese bestanden aus wirklichen Rosenkränzen von Millionen Körnchen – einer Colonie kleinster Mollusken von glitzernder Farbe.
    Walfische mit der ausgeathmeten Wassersäule über dem Kopfe, zeigten sich in einiger Ferne, und ich bemerkte, daß sie alle nach Süden hin zogen. Danach war anzunehmen, daß das Meer sich in dieser Richtung noch weiter fortsetzte.
    Die Goëlette kam in der Stunde zwei bis drei Meilen vorwärts, ohne daß man es versuchte, ihre Fahrt zu beschleunigen. Daß diese zum ersten Male erblickte Küste sich von Nordwesten nach Südosten hin ausdehnte, daran war nicht zu zweifeln, Einzelheiten davon konnten wir freilich auch nach weiteren drei Stunden nicht einmal mit dem Fernrohre erkennen.
    Die auf dem Vordercastell versammelte Mannschaft blickte hinaus, ohne ihrer Empfindung Ausdruck zu geben. Jem West, der sich auf die Höhe des Fockmastes begeben hatte, wo er zehn Minuten lang beobachtend verweilte, brachte auch keine genauern Meldungen.
    Hinter dem Ruff an Backbord auf die Reling gelehnt, verfolgte ich mit dem Blicke die Berührungslinie zwischen Himmel und Wasser, deren Kreisform nur im Osten unterbrochen war.
    Da trat der Hochbootsmann an meine Seite und sagte ohne weitere Vorrede:
    »Wollen Sie mir gestatten, Ihnen meine Gedanken mitzutheilen, Herr Jeorling?
    – Gewiß, Hochbootsmann, ohne daß ich sie mir aneigne, wenn sie mir nicht begründet erscheinen, antwortete ich.
    – Doch, das sind sie, und je näher wir kommen, müßte man mit Blindheit geschlagen sein, das nicht anzuerkennen.
    – Nun, was denken Sie denn?
    – Daß das kein Land ist, was sich da vor uns zeigt, Herr Jeorling!
    – Was sagen Sie, Hochbootsmann?…
    – Sehen Sie nur genau hin und halten Sie einen ausgestreckten Finger vor die Augen…«
    Ich that, wie Hurliguerly sagte.
    »Sehen Sie es nun? fuhr er fort. Ich will doch alles Verlangen, mein Spitzglas Whisky zu trinken, für immer verlieren, wenn jene Massen nicht von der Stelle rücken, nicht in Bezug auf die Goëlette, sondern in Bezug auf sich selbst!
    – Und daraus schließen Sie…?
    – Daß es in Bewegung befindliche Eisberge sind.
    – Eisberge?…
    – Ganz bestimmt, Herr Jeorling!«
    Irrte der Hochbootsmann hiermit nicht? Erwartete uns eine Enttäuschung? Befanden sich da draußen, an Stelle einer Küste, nur treibende Eisberge?
    Bald herrschte über diese Fragen kein weiterer Zweifel und schon seit einigen Minuten glaubte die Mannschaft nicht mehr an das Vorhandensein eines Landes in dieser Richtung.
    Zehn Minuten später meldete der Mann im Elsternest, daß von Nordwesten her und schräg zum Curse der »Halbrane« mehrere

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