Die Eissphinx
Seemanns, Achtsamkeit, Unerschrockenheit und Ausdauer, außer Acht gelassen wurden.
Hier sah ich mich also in ein Abenteuer verstrickt, das meine früheren Reisen an Ueberraschungen weit zu überbieten versprach. Gewiß hätte das niemand von mir erwartet. Ich war hier aber von einer neuen Macht gefesselt, die mich dem Unbekannten entgegentrieb, dem Unbekannten in den Polargebieten, dem Unbekannten, dessen Geheimnisse so viele kühne Forscher vergeblich zu entschleiern versucht hatten! Doch wer konnte wissen, ob die Sphinx der antarktischen Gebiete jetzt nicht zum ersten Male zu menschlichen Ohren sprechen würde!
Ich vergaß jedoch nicht, daß es sich hier einzig um eine That der Menschenliebe handelte. Die Aufgabe, die sich die »Halbrane« stellte, ging ja dahin, den Kapitän William Guy und seine fünf Genossen zu erlösen, und um sie zu finden, folgte unsere Goëlette dem von der »Jane« eingeschlagenen Wege. Nachher konnte die »Halbrane« sofort nach den Meeren des alten Festlandes zurückkehren, da sie nach Arthur Pym und Dirk Peters nicht zu suchen brauchte, die ja – man weiß nur nicht wie – von ihrer außergewöhnlichen Fahrt heimgekehrt waren.
Im Laufe der ersten Tage mußten sich die neuen Mannschaften mit der Dienstordnung bekannt machen, und die alten – wirklich braven Leute – erleichterten ihnen das nach Kräften. Trotz der dem Kapitän Len Guy zur Verfügung stehenden nur beschränkten Auswahl, schien er doch eine glückliche Hand gehabt zu haben. Diese Matrosen von verschiedener Nationalität zeigten gleich viel Eifer wie guten Willen. Sie wußten übrigens, daß der Lieutenant nicht scherzte. Hurliguerly hatte ihnen zu verstehen gegeben, daß Jem West jedem, der vom rechten Weg abwich, den Schädel zertrümmern würde. Sein Vorgesetzter ließ ihm in dieser Beziehung volle Freiheit.
»Er ist gleich bei der Hand, die Höhe mit der Faust vor den Augen des Andern zu messen!«
An dieser Art einer Mittheilung erkannte ich leicht meinen Hochbootsmann.
Die Neuen ließen sich das gesagt sein, und es machte sich auch keine Bestrafung nöthig. Hunt, der bei seinen Arbeiten die Gelehrigkeit des echten Seemanns an den Tag legte, hielt sich immer abgesondert, sprach mit niemand und schlief sogar in einer Ecke auf dem Verdeck, ohne seinen Platz im Volkslogis einnehmen zu wollen.
Die Temperatur war noch ziemlich niedrig. Die Leute trugen ihre dicken Jacken und wollenen Hemden, nebst Hosen aus demselben Material und den undurchdringlichen Südwester aus getheertem Stoffe, der gegen Wind, Schnee und Regen so vortrefflich schützt.
Der Kapitän Len Guy beabsichtigte die Sandwich-Inseln als Ausgangspunkt nach dem Süden zu nehmen, nachdem er das achthundert Seemeilen von den Falklands gelegene Neu-Georgien angelaufen hätte Die Goëlette befand sich dann, dem Längengrade nach, auf dem Wege der »Jane« und sie hatte diesen nur hinauf, das heißt, nach dem Südpole zu, zu fahren, um bis zum vierundachtzigsten Breitengrade vorzudringen..
Diese Fahrtrichtung brachte uns am 2. November nach der Stelle, wohin verschiedene Seefahrer unter 53°15’ südlicher Breite und 47°33’ westlicher Länge, die Auroras-Inseln verlegt hatten.
Nun, trotz der, meiner Ansicht nach verdächtigen, Versicherungen der Kapitäne der »Aurora« (1762), des »San Miguel« (1769), der »Pearle« (1779), des »Prinicus« und der »Dolores« (1790) und der »Atrevida« (1794), die eine Aufnahme der drei Inseln der Gruppe gemacht haben wollten – sahen wir keine Spur von Land auf der ganzen durchfahrenen Strecke. Ganz ebenso war es Wedell 1820 und William Guy 1827 ergangen.
Wir fügen hinzu, daß es sich mit den angeblichen Inseln des eiteln Glaß nicht anders verhielt. Wir haben an der bezeichneten Stelle auch nicht das kleinste Eiland entdecken können, obgleich der Ausguck nie vernachlässigt wurde. Es ist also zu befürchten, daß seine Excellenz der Gouverneur von Tristan d’Acunha nie die Freude haben wird, seinen Namen unter der geographischen Nomenclatur glänzen zu sehen.
Wir waren jetzt am 6. November. Das Wetter blieb günstig. Die Ueberfahrt schien schneller von statten zu gehen als die der »Jane«. Uebrigens brauchten wir nicht zu eilen. Wie ich schon gesagt habe, würde unsere Goëlette am Packeisrande voraussichtlich eher eintreffen, als sich darin eine Pforte öffnete.
In den nächsten Tagen wurde die »Halbrane« wiederholt von Windstößen getroffen, die Jem West veranlaßten, die obern Segel und die
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