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Die Eistoten: Thriller (German Edition)

Die Eistoten: Thriller (German Edition)

Titel: Die Eistoten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Buder
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war verriegelt. Wie sollte es auch anders sein, sie hatte sie selbst abgesperrt. Der Schlüssel am Brett neben dem Telefon. Lehmko war zu nahe. Sie wäre nicht einmal in die Nähe des Schlüssels gekommen. Im ersten Stock hatte sie auch alles verriegelt. Alice hatte an die Leiter gedacht. Woher sollte sie wissen, dass er durch die Tür der Waschküche kam. Sie hörte seine Schritte auf der Treppe. Er ließ sich Zeit. Sie schlug die Deckenbeleuchtung im Flur kaputt. Der Gang im ersten Stock war dunkel. Doch sie kannte jeden Winkel in diesem Haus. Ein Vorsprung von ein paar Sekunden. Ihr Herz raste. Die Angst war übergekocht, sie spürte sie nicht, sie war ein Teil von ihr geworden.
    Im Halbdunkel ihres Zimmers erkannte sie Wittgenstein. Er stand da und zeigte auf das Fenster. Ich bin im ersten Stock … Die Schritte Lehmkos kamen näher. Alice öffnete die Fensterläden und das Fenster. Kalte Nachtluft, eisige Schneeflocken wehten ihr aus der Dunkelheit entgegen. Dann sprang sie. Der freie Fall war kürzer, als sie dachte, und auch der Schneehaufen war lange nicht so weich, wie er von oben ausgesehen hatte. Oben am Fenster sah sie Lehmko. Alice rannte quer über das Feld zum Berghang. Sie hatte nicht einmal Schuhe an. Sie spürte die Kälte nicht.
    Ihre Füße sanken in den lockeren Schnee. Sie drehte sich kurz um. Ihr Haus lag jetzt schon tiefer. Im ersten Stock brannte noch Licht. Von Lehmko war weit und breit nichts zu sehen. Die Kälte drang durch ihre Socken, und der eisige Wind, dervon den Gipfeln herabstürzte, ließ sie frösteln. Lange würde sie ohne Schuhe und ohne Jacke nicht überleben. Nicht in den Bergen, nicht im Winter, nicht in dieser eisigen Kälte. Die Temperatur sank in dieser Nacht bis zu dreißig Grad unter null. Warum hatte sie im Haus nicht wenigsten die Schuhe angelassen? Lehmko hatte alles geplant. Wo war er nur? Warum hatte er sie entkommen lassen?
    Sie wartete und dachte, ob sie einfach wieder zum Haus gehen sollte, um wenigstens ihre Schuhe und ihren Anorak zu holen. Dicke Schneeflocken trieben durch die eisige Luft. Das Haus verschwand hinter den dichten weißen Schleiern. Ungefähr fünfzig Meter über ihr war das Haus ihres Großvaters. Um diese Zeit brannte bei ihm normalerweise Licht im Wohnzimmer, und Großvater saß über einem Buch im Schein einer Stehlampe.
    Alice stapfte weiter in Richtung Berghang. Sie konnte nicht zurück. Er wartete auf sie … Dann sah sie ihn. Er stieg gleichmäßig, als wäre er auf einer Bergwanderung, die Anhöhe empor.
    Alice musste an die Spritze denken. Er hatte seine Opfer erst betäubt, bevor er sie gelähmt erfrieren ließ. Er richtete sie her wie Puppen, wie Gestalten auf seinen Familienfotos.
    Lehmko war langsamer, dafür trug er Schuhe, und er hatte Zeit, denn sie hatte den Weg zum Berg eingeschlagen, und der war im Winter eine Sackgasse. Zu spät erkannte Alice ihren Fehler. Es gab nur einen Weg zurück, und auf diesem Weg folgte ihr Lehmko. Warum war sie nicht ins Dorf gelaufen? Sie hätte um Hilfe schreien oder in den »Schwarzen Bichl« laufen können. Auch wenn sie keinem der Saufköpfe im »Bichl« traute und auch sonst kein Einwohner in Hintereck einer elfjährigen Beachtung schenkte, sie hätte einer Straße folgen können, stattdessen ragten jetzt vor ihr grauschwarze Wände auf. Der einzige Weg war der Pfad zu ihrer Aussichtsplattform bei der verkohltenMarienstatue. Sie rannte weiter. Alle drei Schritte blieb sie stehen und schaute, ob Lehmko tatsächlich hinter ihr war.
    Nein, du befindest dich nicht in einem Traum. Die Kälte, die jetzt wie Nadeln in ihre Füße stach, die Schritte Lehmkos, all das war Realität.
    Nach zwei weiteren Biegungen erreichte sie die Plattform. Der Weg endete an einer senkrechten Wand. Zwei Minuten später tauchte Lehmkos Kopf auf.
    Die verkohlte Marienfigur schien sich in den treibenden Schneeflocken zu bewegen. Alice war bis ans Ende des Weges gelaufen. Der Boden fiel schon leicht ab. Sie fand kaum Halt mit ihren Socken. Wenn sie ins Rutschen geriete, dann gäbe es keinen Halt mehr. Fünf Meter und dahinter war die Kante, zwanzig Meter steiler Felsen. Der gesperrte Weg würde sowieso irgendwann einmal ganz wegbrechen, hatte Tom gemeint, samt der Marienstatue und den Resten der Ruine. Zurück bleiben würde ein Geröllhaufen, der sich für die nächsten hunderttausend Jahre nicht verändern würde.
    Lehmko hatte die Plattform erreicht. Er zog seine Handschuhe aus und holte die Spritze aus der Tasche.

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