Die Elben - 02 - Die Könige der Elben
Euch dazu drängte, Meerland zu einem vollwertigen Herzogtum und Asagorn zum Herzog zu machen. Aber das war zu einem Zeitpunkt, da die Entwicklung schon nicht mehr rückgängig zu machen war.«
»Habt Ihr vielleicht vor, Rhagar anzusiedeln und für Euch Wachdienst schieben zu lassen, so wie das inzwischen in Nuranien und Elbara praktiziert wird?«, erkundigte sich der König.
»Ich glaube kaum, dass man große Massen von Rhagar dazu bewegen könnte, in diese im Großen und Ganzen doch recht ungastliche Gegend umzusiedeln, meint Ihr nicht?«
Keandir zuckte mit den Schultern. »Vielleicht habt Ihr recht, werter Herzog.«
Einen ganzen Tag zog Keandir mit seinem Heer weiter gen Osten an der Grenze zwischen Wäldern und Bergen entlang.
Man lagerte an einer Wasserstelle. Eine Quelle entsprang in den nahen Bergen, und ein Bach schlängelte sich durch den Wald.
In der Nacht ließ Keandir die doppelte Anzahl der sonst üblichen Wachen aufstellen und postierte außerdem noch Spähtrupps im nahen Wald. Darüber hinaus gab es Posten in den Felsen, von wo aus das Umland besser zu überblicken war.
Hin und wieder vermeinte der eine oder andere Elbenkrieger, die Schritte einzelner Trorks zu vernehmen, die große Masse der augenlosen Barbaren aber war verschwunden; vermutlich hatte sie sich in einzelne Horden aufgeteilt. Und was die Eldran anging, so sah man auch von ihnen nichts mehr.
»Es wäre möglich, dass dies eine einmalige Erscheinung war«, äußerte Eónatorn der Kriegsheiler im Gespräch mit Siranodir, dem er den Verband am Ohr wechselte. Eónatorn hatte die Eldran selbst nicht gesehen, da er keinem der Spähtrupps zugeordnet gewesen war. Aber seiner Ansicht nach war es nicht ausgeschlossen, dass die Bewohner des Reichs der Jenseitigen Verklärung von selbst aktiv geworden waren und einen Zugang zur Welt der Lebenden von sich aus gesucht und auch gefunden hatten.
»Ihr redet mit einer Selbstverständlichkeit, als wärt Ihr ein Magier oder Schamane«, meinte Siranodir.
»Es hätte auch nicht viel gefehlt, dass Ihr mich jetzt Brass Eónatorn nennen müsstet, werter Siranodir«, sagte der Heiler,
»denn ich habe tatsächlich die Ausbildung zum Schamanen bei Brass Shelian begonnen und auch beinahe abgeschlossen.«
»Was kam dazwischen?«, fragte Siranodir. »Hat die Prüfung zum Brass zu hohe Anforderungen an Euch gestellt, oder seid Ihr schon zuvor an der Aufnahmeprüfung zum Novizen gescheitert? Meiner Beobachtung nach steigen die Ansprüche dieser Prüfungen nämlich in dem Maße, wie die tatsächliche spirituelle Stärke unserer Schamanen abnimmt.«
»Mit dieser Beobachtung mögt Ihr recht haben«, gab Eónatorn zu.
»Meine Tochter Sarámwen beispielsweise begehrte Aufnahme in den Orden, doch man verlangte Dinge von ihr, die eine geistige Stärke voraussetzen, wie sie viele der ehrenwerten Träger des Brass-Titels selbst nicht aufzuweisen haben.«
»Ich vermag das im Fall Eurer Tochter Sarámwen nicht zu beurteilen, aber im Allgemeinen stellt man an andere gern hohe Ansprüche, um genau diese von sich selbst abzuweisen.«
»Ihr sagt es«, stimmte Siranodir zu.
»Aber bei mir war es ein anderer Grund, der dafür sorgte, dass ich mich vom Schamanentum abwandte. Ich war bereits als Novize aufgenommen und hatte alle weiteren Grade des Noviziats bestanden. Somit stand ich tatsächlich kurz vor der letzten Prüfung, die mich zum Brass gemacht hätte.«
»Was verhinderte dies, werter Kriegsheiler?«
»Ich erkrankte an einem schwer zu erklärenden Leiden. Es glich einer allgemeinen Schwäche und Mattigkeit.«
»Eine Form des Lebensüberdrusses?«
»Nein, es war kein seelisches Leiden, und am Lebenswillen lag es auch nicht; der war vorhanden. Vielmehr schwanden meinem Körper kontinuierlich die Kräfte. Ich begab mich bei verschiedenen Heilern in Behandlung, nachdem ich erkennen musste, dass mir das Zuführen spiritueller Kraft durch meine Schamanenbrüder und -schwestern nicht im Mindesten genutzt hatte. So lernte ich die große Heilerin Nathranwen kennen.«
»Was diagnostizierte sie?«
»Eine Krankheit, die niemand ihrer Heilerkollegen erkannt hatte, weil sie alle glaubten, es wäre unmöglich, dass auch Elben davon betroffen sein könnten, wenn man nicht gerade das legendäre Alter eines Brass Elimbor erreicht hat.«
Siranodir runzelte die Stirn. »Ihr sprecht von Altersschwäche bei einem Elben?«
»So ist es.«
»Ihr seid ein Elbianiter, also nach der Ankunft unseres Volkes im Zwischenland geboren,
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