Die Elben - 02 - Die Könige der Elben
stolz darauf, dass er den Ausstoß seiner Manufaktur in kaum anderthalb Jahrhunderten derart hatte steigern können.
Nach wie vor experimentierte Thamandor mit einer Erfindung, die er zunächst Flammenlanze genannt hatte und die angeblich kurz vor ihrer Vollendung stand.
Thamandor war erstaunt, den König in seiner Manufaktur begrüßen zu dürfen, denn bisher war das Interesse des Königs an der Entwicklung neuer Waffen und allem, was innerhalb der Manufaktur vor sich ging, eher gering gewesen. Die Manufaktur lag auf dem Gipfelplateau eines Felsmassivs, das man den »Elbenturm« nannte. Nur ein schmaler Pfad führte hinauf zu den Gebäuden, die man inzwischen mit einer burgähnlichen Befestigungsmauer umgeben hatte. Schließlich war damit zu rechnen, dass in Zukunft Feinde auftraten, die versuchen könnten, die fantastischen Erfindungen aus der Waffenschmiede des Thamandor zu stehlen.
Keandir war nur mit einem kleinen Gefolge aus einem halben Dutzend Elbenkriegern den steilen Pfad zur Manufaktur Thamandors hinaufgeritten. Die meisten von ihnen waren Elbianiter, also bereits in Elbiana geboren und keine Kinder der langen Seereise des Elbenvolks so wie der König selbst.
Krieger, die ihre Aufgabe sehr ernst nahmen, aber noch jung und unerfahren waren. Nur einer von ihnen hatte schon gelebt, als es zur Schlacht an der Aratanischen Mauer gekommen war.
Er hieß Mirgamir und war vor Kurzem zum Kommandanten der Leibwache des Königs erhoben worden.
Zur Manufaktur hatten nur diejenigen Zutritt, die dort arbeiteten, und ein sehr enger Kreis von Vertrauten des Königs. Da König Keandir diesen Ort schon seit Ewigkeiten nicht mehr aufgesucht hatte, war es für sämtliche seiner Leibwächter der erste Besuch des Elbenturms. Sie waren sichtlich beeindruckt. Von dort oben genoss man eine hervorragende Aussicht über Hoch-Elbiana. Im Westen war das Meer zu sehen. Die Luft war auf dem Elbenturm um einiges kälter und klarer als in den Niederungen.
Waffenmeister Thamandor begrüßte den König bereits im Hof der Manufaktur. Er glaubte offenbar erst seinen Augen nicht trauen zu dürfen, denn Keandir hatte seinen Besuch nicht angekündigt.
»Seid willkommen, mein König!«
Keandir stieg vom Pferd, das daraufhin von einem der Leibwächter gehalten wurde. »Ich war lange nicht hier«, gestand der König. »Aber ich hoffe, dass Ihr inzwischen gute Fortschritte bei der Entwicklung neuer Waffen gemacht habt.«
»Das kann ich mit Fug und Recht behaupten.« Thamandor beugte sich etwas nach vorn und fuhr in gedämpftem Tonfall fort: »Sagt, kündigt sich denn ein neuer Krieg schon so bald an? Ich hatte gehofft, dass wir bis zur nächsten Auseinandersetzung mit den Rhagar noch mindestens drei Jahrhunderte Zeit hätten.«
»Niemand weiß, wann der nächste Waffengang mit den Rhagar kommt«, antwortete Keandir. »Ihr wisst um die Sprunghaftigkeit dieses Menschengeschlechts – nicht nur im Charakter, sondern auch, was die Entwicklung angeht. Man hält sie noch in einem Moment für hoffnungslos rückständige Barbaren, doch im Handumdrehen verfügen sie plötzlich über Fähigkeiten, von denen man nie geglaubt hätte, dass sie je in der Lage sein könnten, sie zu erringen.«
»Ihr sagt es, und das heißt auch, dass wir ständig damit rechnen müssen, dass sie erneut zu einer Gefahr werden.«
»Wenn jemand es vermag, sie zu einigen, dann ja«, meinte Keandir. »Und falls es jemand schafft, sie mit der Magie vertraut zu machen, sodass sie uns wirklich gefährlich werden könnten.«
»Nun, um für diesen Fall gewappnet zu sein, arbeiten wir hier in dieser Manufaktur Tag für Tag.« Anders als sonst, wenn er im vollen Kriegsornat auftrat, trug Thamandor weder seine beiden Einhandarmbrüste an den Seiten noch das mächtige und aus einem besonders leichten Metall gefertigte Schwert mit dem Namen »Der Leichte Tod« auf dem Rücken. Stattdessen hatte er einen breiten Gürtel umgeschnallt, an dessen Schlaufen eine Unzahl von Werkzeugen befestigt war.
»Es gibt derzeit Probleme mit marodierenden Trorks in Nordbergen und Meerland«, erklärte der König. »Vielleicht wäre das eine Gelegenheit, um die von Euch entwickelte Flammenlanze auf ihre Kampftauglichkeit zu prüfen.«
»Oh, ich begleite Euch gern auf so einer Fahrt – denn das wäre dann auch vonnöten«, erklärte der Waffenmeister.
»Schließlich bin ich derzeit der Einzige, der mit der neuen Waffe umzugehen weiß.« Er lächelte verschmitzt. »Aber Ihr werdet nicht enttäuscht
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