Die Elben - 02 - Die Könige der Elben
sein.«
»Hauptsache, Ihr brennt nicht aus Versehen mein Flaggschiff oder dessen Mannschaft nieder«, erwiderte Keandir, womit er auf manch brenzligen Vorfall in der Vergangenheit anspielte.
»Keine Sorge, mein König. Die letzte Version dieser Waffe ist absolut sicher. Ich hatte eine ganze Reihe von Komponenten noch einmal völlig neu entworfen, und darum nenne ich die Waffe jetzt auch nicht mehr Flammen lanze , sondern Flammen speer , um diesen Unterschied deutlich zu machen. Mir wurde nämlich schon von verschiedenen Offizieren des Elbenheers signalisiert, dass sie niemals bereit wären, den Einsatz von Flammen lanzen zu befürworten, weil sie diese für viel zu gefährlich halten.«
»Manchmal hilft es in der Tat, einer Sache einen anderen Namen zu geben«, gestand Keandir zu. »Und wie habt Ihr nun die Verringerung der Gefahr erreicht?«
»Durch eine Vielzahl von Modifikationen an allen Einzelteilen der Waffe – aber vor allem dadurch, dass ich den Anteil jenes Pulvers verändert habe, das ich aus dem Stein des Magischen Feuers gewann, den ich einst von Naranduin mitbrachte. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass es sich um eine äußerst wirksame magische Substanz handelt, von der schon kleinste Mengen genügen, um einen durchschlagenden Effekt zu erzielen. Ich werde Euch zeigen, was ich meine, mein König!«
»Ich bitte darum.«
Auf der Insel des Augenlosen Sehers hatten die Elben jenen Stein gefunden, aus dem damals ein magisches Feuer gedrungen war. Eigentlich war entschieden worden, den Stein, dessen Magie niemand kannte, auf der Insel zurückzulassen, doch Thamandor hatte ihn heimlich eingesteckt. Inzwischen wusste dies jeder, aber niemand hatte es ihm je zum Vorwurf gemacht. Vielleicht war der Grund dafür, dass er damals mit König Keandirs Einverständnis auch die Zauberstäbe des Augenlosen Sehers von Naranduin mitgebracht hatte.
Thamandor führte König Keandir in eines der Gebäude, in dem blankes Chaos zu herrschen schien. Überall standen halb volle Tiegel und Kolben herum. Eigenartige Gerüche hingen in der Luft, und mehrere Elben arbeiteten hochkonzentriert an Apparaturen, deren Sinn Keandir auf den ersten Blick nicht erkennbar waren.
Auf einem der Tische lag die vollkommen erneuerte Flammenlanze, die dadurch in der Terminologie ihres Schöpfers zum Flammenspeer geworden war. Sie war von höchst sorgfältiger Verarbeitung, was sich vor allem in den Details zeigte. Hauptbestandteil war ein Metallrohr, an dessen Vorderseite es eine trichterförmige Spitze gab, während sich in der Mitte ein Hebel befand, der dem Abzug einer Armbrust ähnelte. Oberhalb dieses Hebels gab es eine zylinderförmige Verdickung, die nicht nur mit Ornamenten reich verziert, sondern auch mit mehreren Dutzend kleiner und kleinster Hebel und Schalter ausgestattet war. Außerdem hatte die Waffe noch einen Riemen aus nach Elbenart gegerbtem Leder des Riesenhirschs, der in den Bergen von Hoch-Elbiana lebte.
Thamandor hob die Waffe an. »Der Schwerpunkt ist genau ausgependelt«, erklärte er. »Und sie ersetzt eine ganze Kompanie von Bogenschützen. Wenn ich Euch die Wirkung einmal demonstrieren darf!«
In diesem Augenblick unterbrachen sämtliche elbischen Handwerksmeister, die gerade noch so konzentriert bei der Arbeit gewesen waren, ihre Tätigkeiten und blickten auf. Eine Atmosphäre sorgenvoller Spannung erfüllte auf einmal die Halle.
»Schon gut«, beruhigte Thamandor sie. »Wir gehen nach draußen. Ein bisschen mehr solltet Ihr schon noch darauf trauen, dass Euer Waffenmeister denselben Fehler nicht zweimal begeht…«
Ein allgemeines Aufatmen folgte.
Thamandor nahm die Waffe und führte Keandir zurück ins Freie. »Ich habe einmal einen Schussversuch innerhalb der Werkstatt unternommen«, murmelte er. »Manche meiner Handwerker sind daraufhin etwas überängstlich geworden.«
»Mir kam es gleich so vor, als wäre das Gebäude noch recht neu.«
»Es gibt immer ein gewisses Maß an Schäden und Verlusten, wenn man versucht, etwas Neues zu schaffen, mein König.«
Keandir schmunzelte. »Da werde ich nicht widersprechen.
Aber wahrscheinlich kommt es immer auf das an, was man als gewisses Maß bezeichnet!«
»Gewiss«, sagte Thamandor. »Allerdings müsst Ihr wissen, dass der letzte Schaden durch ein Vorgängermodell verursacht wurde und dieses hier – der Flammen speer – noch kein einziges Malheur dieser Art verursacht hat.«
Thamandor führte Keandir zu einem Turm, der zur Befestigungsanlage der
Weitere Kostenlose Bücher