Die Elefanten Hannibals
bei ihm bleibt, nehmen ihm die Römer sein Reich. Aus dem Munde des römischen Feldherrn hat das Schicksal zu ihr gesprochen.
Mit einer heftigen Bewegung führt sie den Giftring an die Lippen.
Von drinnen hört Masinissa, daß Merges aufgeregt wiehernd mit den Hufen stampft.
„Verzeih!" fällt er Publius hastig ins Wort. „Ich komme sogleich zurück. Mein Pferd ruft mich."
Als er aus dem Zelt stürzt, stolpert er beinahe über Sophonisbe. Sie liegt auf dem Rücken, das Gesicht dem Himmel zugekehrt. Er kniet neben ihr nieder und blickt ihr in die starren Augen.
„Sophonisbe! Sophonisbe! Hörst du mich!" flüstert er leidenschaftlich. „Ich brauche die Federkrone nicht. Komm, wir reiten in die Steppe. Dort bau ich uns ein Zelt. Warum antwortest du nicht, Sophonisbe?"
Plötzlich flammt ein Stern am Himmel auf, fällt und verlischt.
Ist es der Stern, den Masinissa in den afrikanischen Steppen und den iberischen Bergen am nächtlichen Himmel suchte?
Hannibals Traum
Hannibal träumte, daß er von einem Elefanten verfolgt würde. Um ihm zu entgehen, schlug er Haken wie ein Hase, der von einem Bluthund gehetzt wird. Aber die stampfenden Schritte des Elefanten kamen immer näher. Hannibal blickte sich um und sah, daß der Inder Richad auf seinem Rücken saß. Also war der Elefant nicht tollwütig, er wurde gelenkt von Richad, der doch vor Casilium gefallen war. Er trug seinen alten Turban und hielt den Eisenstachel in der Hand.
„Richad, töte den Elefanten!" befahl Hannibal.
Aber Richad grinste nur tückisch und drohte Hannibal mit der Faust.
„Richad!" schrie Hannibal in Todesängsten. „Töte den Elefanten! Ich halte dich nicht länger in meinem Heer. Du darfst nach Indien zurückkehren!"
Da packte der Elefant ihn mit dem Rüssel und riß ihn hoch in die Luft. Hannibal stieß mit dem Hinterkopf gegen die harte Kajütenwand und erwachte, in Schweiß gebadet. Was hatte der Traum zu bedeuten? Elefanten bringen Glück! sagte das Sprichwort. Doch weshalb hatte der Elefant ihn verfolgt? Und weshalb war er von Richad gelenkt worden? Von Toten zu träumen bedeutete Unglück. Und wie tückisch der tote Richad obendrein gegrinst hatte!
Hannibal kleidete sich an und ging an Deck. Der Fahrtwind zerzauste ihm das Haar. Das Ufer Italiens verschwand gerade hinter grauen Nebelstreifen. Er blickte zurück, wie erstarrt vor Kummer. Fünfzehn Jahre lang hatte er sich in Italien aufgehalten. Er kannte es besser als seine karthagische Heimat. Er hatte davon geträumt, es zu erobern und als Bezwinger der Römer, als Held eines großen Krieges, nach Karthago zurückzukehren. Doch was brachte er jetzt zurück? Die Erinnerungen an einstmalige Siege! Oder waren all diese Jahre, all diese Schlachten und Gefechte nur ein Traum? Wie schön wäre das! Könnte er doch jetzt in Iberien erwachen, auf den griechischen Lehrer Sosylos mit seinen Schriftrollen warten und den Vater sagen hören: „Lernt, junge Löwen! Die Menschen lernen immer - aus ihren eigenen Fehlern und aus denen ihrer Feinde!"
Habe ich das getan? grübelte Hannibal. Habe ich nicht eher den Fehlern des Vaters meine eigenen hinzugefügt? Und jetzt, da ich erkenne, Fehler gemacht zu haben, ist es zu spät. Ich kann nicht in die Vergangenheit zurückkehren. Das Leben gleicht den endlos heranrollenden Meereswogen, deren Lauf selbst die Götter nicht zum Stillstand bringen können, geschweige denn wir schwachen Sterblichen!
Der Kai des auf karthagischem Gebiet gelegenen Ortes Hadrumetum war mit bunten Fahnen geschmückt. Musikanten bliesen in silberne Hörner. In der Menge entdeckte Hannibal mehrere karthagische Ratsherren, in Purpurgewänder gekleidet.
Zusammen mit dem Rauch von Syphax' ausgebranntem Lager waren auch die Hoffnungen verweht, die Karthago auf die numidische Reiterei gesetzt hatte. Sie würde die Legionen der Römer nicht mehr ins Meer werfen. Hannos Plan, der noch vor kurzem als staatsmännische Meisterleistung gegolten hatte, wurde als verbrecherisch erklärt. Hanno selbst war nur mit Mühe seiner Verhaftung und Kreuzigung entronnen. Ganz Karthago glaubte jetzt, daß nur Hannibal noch fähig wäre, die Stadt zu retten.
„Hannibal hat keine einzige Schlacht verloren! Nur er kann Publius Scipio besiegen!" sagten die Karthager auf den Sitzungen des Großen Rates ebenso wie in den Werkstätten und auf dem Hafenmarkt. Selbst die Priester, die Hannibal bisher gezürnt hatten, weil er ihnen niemals Geschenke sandte, bezeichneten ihn
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