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Die Elefanten meines Bruders (German Edition)

Die Elefanten meines Bruders (German Edition)

Titel: Die Elefanten meines Bruders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Pöll
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mit Iguanodon herumphantasiert. Iguanodon ist nämlich ein totaler Zungenbrecher. Es hört sich an wie Guano, dieser Vogelmist, den Monas Mutter auf die Geranien auf dem Balkon gießt und die dann wuchern wie nach einem Reaktorunfall. Guano, Iguanodon. Es gibt noch eine ganze Reihe von Zungenbrechern, mit denen man sich einen ganzen Nachmittag beschäftigen kann. Aber für Frau Dr. Müller-Nöllendorf blieben wir bei der Iguanodondame.

5
    Einmal bin ich auf dem Heimweg von der Schule mit Mona in der Stadt unterwegs gewesen, als sie mich plötzlich am Ärmel gepackt und in eine Tierhandlung gezogen hat. Eine ältere Frau hing gelangweilt hinter dem Tresen rum und musterte uns. Dann stand sie ächzend von ihrem Stuhl auf und schob sich an die Kasse. Sie hatte diesen „Jetzt bestell schon dein Kanarienvogelfutter“-Blick. Wir sahen eben aus wie Kinder, die für ihre Eltern Kanarienvogelfutter holen gingen. Aber wir wollten gar kein Kanarienvogelfutter und Mona sagte ganz ungeniert:
    „Mein Vater schickt mich, wir brauchen Iguanodon-Futter.“
    „Eine große oder eine kleine Dose?“
    Mona sah mich an und hätte fast angefangen rumzueiern. Das macht sie manchmal, wenn sie nicht mehr weiter weiß. Deshalb sagte ich schnell:
    „Eine große. Es ist schon ein halbes Jahr und frisst jetzt so viel.“
    Die Frau nickte verständnisvoll und schlurfte dann so langsam wie ein Zombie in den hinteren Teil des Ladens. Wir hörten sie ächzen und schnauben, als würde sie in einem Bergwerk so kleine Karren mit Steinen rumschieben. Hinter uns warteten bereits fünf Leute, alle mit dem „Kinder-kommen-erst-nach-den-Erwachsenen-dran“-Blick.
    Dann kam die alte Frau mit leeren Händen zurückgeschlurft.
    „Was genau habt ihr gesagt? Leguanfutter?“
    „Nein, Iguanodonfutter“, sagte ich ganz schnell.
    „Es ist ein Iguanodonweibchen. Sechs Monate alt. Es frisst viel, deshalb wollten wir eine große Dose“, schlaumeierte ich.
    „Sind das diese mittelgroßen, die die Farbe wechseln? Ich kenne nicht alles, weil ich nur für meinen Sohn aushelfe.“
    „Nein, das sind Chamäleons. Iguanodons sind viel größer.“
    Ich war jetzt voll in Fahrt, ungefähr auf 200. Einen Moment habe ich fast gedacht, dass wir wirklich ein Iguanodon-Baby daheim haben und es jetzt hungern muss, wenn wir keine Futterdose finden.
    Hinter uns wurden die Leute nervös, aber irgendwas hatte die alte Frau misstrauisch gemacht, denn sie kniff die Augen zusammen und musterte uns böse.
    „Um wie viel größer?“
    „Um einiges.“
    „Kann es sein, dass Iguanodons zehn Meter groß werden“, fragte sie eisig.
    „Bei liebevoller Pflege.“
    Jetzt fing Mona zu kichern an und die alte Frau schnaubte wie ein Schlachtross aus einem Ritterfilm. Ohne ein Wort machte sie Anstalten, um den Tresen rum zu galoppieren. Mona und ich rannten wie auf Kommando los, aus dem Laden, die Treppe runter, bei Rot über die Ampel und blieben erst stehen, als wir einen Straßenzug weiter waren. Die meisten Erwachsenen sind völlig spaßfrei. Die Alte hätte uns sicher verprügelt, oder mindestens die Ohren auf Elefantengröße gezogen, wenn sie uns erwischt hätte. Und das nur, weil sie kein Iguanodonfutter auf Lager hatte.
    Wir haben den Iguanodon-Spaß nur noch einmal probiert. Aber diesmal war der Tierladenbesitzer ein Typ wie Albert Einstein, wo wir schon beim Hineingehen wussten, dass es diesmal vermutlich nicht klappen würde. Mona fragte trotzdem.
    „Entschuldigen Sie bitte. Mein Vater schickt uns. Wir sollen eine Dose Iguanodonfutter holen.“
    „Eine große, weil es schon ein halbes Jahr ist und viel frisst“, ergänzte ich dann noch.
    Einstein ging ohne ein weiteres Wort zur Türe, machte sie sperrangelweit auf und sagte nur:
    „Raus mit Euch. Sofort.“
    Da haben wir den Iguanodon-Spaß vor Ort aufgegeben. Aber Frau Dr. Müller-Nöllendorf bleibt natürlich für immer die Iguanodondame.

6
    Mein Vater platzte ins Zimmer, damit wir endlich loskämen und ich mich bei dem Bombenbauer entschuldigen könnte.
    „Trödel nicht dauernd herum“, rief er. „Los jetzt.“
    „Los jetzt“ macht mich komplett konfus. Ich bin ein Kind und kann nicht immer sofort loshopsen wie die Erwachsenen. Ich muss beispielsweise den Todesstern an die richtige Stelle auf dem Schrank legen, damit er während meiner Abwesenheit meinen Raumsektor gut überwachen kann. Eigentlich bin ich mit dem Todesstern gar nicht so zufrieden. Denn im Grunde gehört er ja den Bösen. Ich wollte aber auf der

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