Die Elementare von Calderon
von Leibern auf die Mauern von Kaserna nicht bremsen.
»Speere!«, brüllte Pirellus. Die Bogenschützen traten zurück, und Legionares mit schweren Schilden und langen, spitzen Speeren nahmen ihre Plätze ein.
Nun kamen auch die ersten Pfeile von den kurzen Maratbögen über die Mauer, und Amara wich aus, als ein Schaft mit Steinspitze an ihrem Gesicht vorbeisurrte. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und sie suchte Deckung hinter einer Zinne, während Pirellus mit seinem Helm den Marat entgegenblickte und die Pfeile, die um ihn herumpfiffen, gar nicht beachtete.
Als die Marat die Mauer erreichten, bebte der Boden. Amara sah dieses Meer wilder, unmenschlicher Augen, sah ihre Raubtierzähne. Wölfe liefen zwischen ihnen wie große, geisterhafte Schemen. Das Tor wurde erschüttert, als ein Baumstamm dagegenkrachte, der von einem Dutzend Hände getragen wurde. Mehrere lange Pfähle mit kurzen Sprossen ragten in die Luft, wurden an die Mauer gelehnt, und Marat stiegen flink herauf, mit der Waffe in der Hand, während ihre Mitstreiter Pfeile auf die Verteidiger abschossen.
Es herrschte ein so unglaublicher Lärm, Schreie zerrissen die Luft und machten jede Form von Verständigung nahezu unmöglich. Pfeile gingen dichter als Hagel im Sturm nieder, ihre dunklen Spitzen glitzerten im Elementarlicht, wenn sie auf Stein oder auf guten aleranischen Stahl schlugen - und Amara beobachtete, wie ein grauhaariger alter Soldat über die Brüstung nach unten fiel. Aus seinem Hals ragte ein dunkler Schaft. Ein anderer Mann verharrte plötzlich mitten in der Bewegung, als ihn ein Pfeil geradewegs ins Auge traf.
»Durchhalten!«, brüllte Pirellus. »Durchhalten!«
Die Legionares kannten keine Gnade. Mochten die Marat noch so flink die Stangen hinaufklettern, die Speere der Verteidiger trafen sie mit tödlicher Genauigkeit. Die bleichen Barbaren fielen von der Mauer ins wilde Getümmel unter ihnen und riefen noch mehr Geschrei unter den Kriegern hervor. Wieder und wieder
trieben die Speerträger der Legion die Marat zurück, kippten die Sturmleitern um und drängten mit kaltem Stahl die Krieger zurück, die es auf die Mauer geschafft hatten. Die Legionares kämpften zu zweit, während einer gegen die Waffe des Feindes anging, stieß der andere dem Angreifer den Speer in den Bauch oder ins Bein und warf ihn so von seinem heiklen Standpunkt auf den Zinnen. Das Blut tropfte von den aleranischen Speeren, den Schilden und der Rüstung und bildete rote Flecken auf dem Wehrgang. Stumm legte es Zeugnis ab vom Mut der Marat.
Von unten hörte Amara das stete Donnern und Krachen des Rammbocks, der gegen das Tor gestoßen wurde - plötzlich jedoch schwang sich ein Marat mit wilden Augen von einer der langen Pfahlleitern zwischen zwei Zinnen hindurch und schlug mit einer schweren Keule nach ihrem Kopf.
Amara duckte sich, wich auch dem zweiten Hieb aus, der auf ihre Schulter zielte, und zog dem Marat ihre Klinge über den Oberschenkel. Aus der Wunde strömte Blut. Der Marat schrie, taumelte auf sie zu und schwang die Keule. Amara tänzelte zur Seite und stach dem Mann die kurze Klinge in die Rippen. Der Marat schrie, und die Schwingungen dieses Schreis konnte Amara durch den Stahl spüren. Voller Abscheu und doch froh, diese erste Auseinandersetzung überlebt zu haben, brüllte sie, riss ihr Schwert aus dem Leib des Gegners und sprang zurück. Der Krieger stürzte in den Hof unterhalb der Mauer.
Sie blickte keuchend auf. Pirellus sah sie an. Er nickte und rief dann: »Versuch, sie wieder nach draußen zu stoßen. Wir wollen unsere eigenen Männer unten nicht mit ihnen erschlagen.« Damit wandte er sich wieder dem Geschehen vor der Mauer zu und runzelte nur abwesend die Stirn, als die Steinspitze eines Pfeils an seinem Helm zersprang.
Amara wagte einen Blick nach unten ins Chaos, und im gleichen Moment pfiffen Pfeile über sie hinweg. Sie zog rasch den Kopf ein und bemerkte, dass Bernard neben ihr hockte. Auch der
Wehrhöfer schaute kurz über die Mauer, ehe er sich halb erhob und die Bogensehne bis zur Wange zog. Er zielte kurz und ließ den Pfeil los, der zwischen zwei Legionares hindurch in den Rippen eines Marat versank, welcher gerade mit einer Stahlaxt über die Mauer stieg und vor einem benommenen Legionare mit Beule im Helm stand. Die Wucht des Treffers warf den Marat zurück, und er verschwand in der Tiefe.
»Hast du ihren Anführer schon entdeckt?«, rief Bernard ihr zu.
»Ich kann gar nichts sehen!«, schrie Amara. »Sie
Weitere Kostenlose Bücher