Die Elementare von Calderon
Verwundeten nach unten zu tragen. Dort wurden sie von den Wasserwirkern in den Wannen behandelt, zunächst jene mit leichteren Verletzungen, bei denen man rasch Wunden schließen oder gebrochene Knochen zusammenfügen und sie dann, wenn auch erschöpft, wieder in den Kampf schicken konnte. Die schwerer Verwundeten brachte man zu Chirurgen und zu Männern und Frauen, die in der Heilkunst gelehrt waren und ihnen das Leben bewahren konnten, bis die Wasserwirker Zeit für sie hatten.
»Ungefähr das haben wir erwartet«, sagte Pirellus, der sich auf
der Mauer mit jemandem unterhielt. Amara lauschte dem Gespräch. »Obwohl der Rammbock neu war. Sie lernen schnell.«
Giraldi schnaubte. »Kinder. Bei den Krähen, diese Metzelei gefällt mir gar nicht.«
»Wie geht es den Männern?«
»Gut so weit, wenn man bedenkt, dass sie die ganze Nacht nicht geschlafen haben. Leichte Verluste auf der Nordseite, nur Verwundete im Süden.«
»Hervorragend«, meinte Pirellus. »Sie sollen mit Wasser und Pfeilen versorgt werden. Außerdem brauchen wir neue Feuertiegel auf der Mauer und Essen für die Feuerwirker. Die können nicht mit leerem Magen arbeiten.«
»Brauchst du dafür auch etwas?«, fragte Giraldi und deutete auf Pirellus’ Stirn.
»Wofür?«
»Du blutest.«
»Stammt von der Kante des Helms«, erklärte Pirellus. »Ein Pfeil hat ihn in die Haut gedrückt. Sieht schlimmer aus, als es ist.«
»Aber dir soll doch sicherlich nicht im falschen Moment Blut ins Auge tropfen. Ich rufe einen Chirurgen hoch.«
»Die Chirurgen sollen sich um die Verwundeten kümmern«, widersprach Pirellus. »Und du solltest auch ein wenig Wasser trinken, Zenturio.«
»Ja, Herr.«
Nachdenklich legte Amara die Stirn in Falten, erhob sich und ging ein Stück über die Mauer. Bernard stand an einer Zinne und betrachtete seine Hände.
»Das ergibt doch alles keinen Sinn«, sagte Amara.
Bernard sah zu ihr hoch. »So ist es immer beim ersten Mal.«
Ungeduldig schüttelte sie den Kopf. »Nein, nein. Es ergibt keinen Sinn für die Marat. Nur einen Bruchteil ihrer Krieger in den Angriff zu schicken - und auch noch die unerfahrensten. Warum werfen sie uns nicht alle Mann gleichzeitig entgegen?«
»Marat denken anders als wir«, sagte Bernard. »Man hat es immer zuerst mit ihren jüngsten Kriegern zu tun. Manchmal kommen sie wie Velites oder Plänkler vor der Hauptarmee, manchmal machen sie in der Nacht vor dem Angriff Überfälle, aber immer stehen sie ganz vorn. Was sich heute mal wieder bestätigt hat.«
»Sie sind doch nicht dumm«, meinte Amara stur. »Wie viele junge Männer sind gerade gefallen? Hunderte? Tausend? Wofür? Sie haben ein halbes Dutzend Legionares getötet und ein paar weitere verwundet, die aber in einer Stunde wieder auf der Mauer stehen.«
Pirellus kam dazu und stemmte die Hände in die Hüften. »Wäre es dir lieber gewesen, wenn sie mehr getötet hätten?«
»Ich bitte dich«, schnappte Amara zurück. »Ich überlege nur, ob sie nicht etwas anderes vorhaben.« Sie sah Bernard an. »Wo sind die Söldnerritter?«
Der Wehrhöfer bedachte sie mit einem Stirnrunzeln, doch Pirellus ergriff das Wort, ehe Bernard etwas sagen konnte. »Genau, Gräfin, wo sind die? Ich gebe zu, die Marat sind da, doch bislang haben wir nur einen Clan gesehen, noch dazu ohne Hordenmeister. Du wirst dich zum Gespött der Leute machen, wenn Riva seine beiden Legionen herbringt und keine Marat findet, gegen die er kämpfen kann.«
Kalte Wut schäumte in Amara auf, und sie starrte Pirellus an. Bernard erhob sich, als wollte er sich zwischen die beiden stellen.
Plötzlich erscholl ein Signalhorn und rief zu den Waffen, ein heller Ton, der durch die kalte Luft hallte. Die Soldaten sprangen auf und griffen zu Schilden und Waffen, ehe das Horn verklungen war.
»Herr«, rief Giraldi von seinem Posten über dem Tor, »sie kommen.«
Pirellus kehrte Amara den Rücken zu und lief in großen Sätzen zu dem Zenturio.
Am Rande des Lichts tauchten die Marat wieder auf und stürmten als brüllende Menge voran, diesmal jedoch wurden ihre Schreie nicht vom Heulen der großen dunklen Wölfe begleitet, sondern vom pfeifenden Kreischen der riesigen Raubvögel, die mit ihnen heranpreschten.
»Bogenschützen«, rief Pirellus, und wieder flogen Pfeilsalven davon, Marat gingen zu Boden. »Speere!«, rief Pirellus, und abermals bereitete sich die Legion auf die Ankunft der Marat vor.
Aber damit endete die Ähnlichkeit mit dem vorhergegangenen Angriff des
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