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Die Elementare von Calderon

Die Elementare von Calderon

Titel: Die Elementare von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Tavi die Hände zu Fäusten. Das war alles seine Schuld. Wenn er sich nicht vor seinen Pflichten gedrückt hätte, um Beritte zu imponieren, hätte er gar nicht nach Gauner suchen müssen, und sein Onkel wäre jetzt nicht hier.
    Tavi zitterte. Plötzlich erschien ihm der Tod sehr wirklich und sehr nah.
     
    Schatten zogen über das Tal, die Sonne wurde von vorbeihuschenden Wolken verdunkelt, und in der Ferne grollte Donner. Der Wind warf die Bäume und die kargen Büsche hin und her, während das Erdfloß zu kriechen schien. Obwohl es inzwischen Schrittgeschwindigkeit erreicht hatte und weiter beschleunigte, hätte sich Tavi lieber schneller bewegt. Er fürchtete, es könnte bereits zu spät sein.
    Falls sie erneut angegriffen würden, wäre sein Onkel nicht in der Lage, ihm zu helfen. Tavi war auf sich allein gestellt.
    Ein schrilles Pfeifen ertönte von dem Hang im Westen, aus den Bäumen.

    Tavi drehte den Kopf in die Richtung, konnte jedoch nichts entdecken. Das Kreischen wiederholte sich.
    Ein zweiter Herdentöter.
    Es folgte ein Antwortschrei, diesmal von Osten her und aus beunruhigender Nähe. Ein dritter? Vielleicht fünfzig Schritte entfernt raschelte es im Gebüsch. Tavi meinte eine Bewegung zu sehen, die auf sie zukam.
    »Da sind sie«, sagte er leise.
    Tavi schluckte. Irgendwann würde Brutus wohl die Geschwindigkeit eines laufenden Mannes erreichen und diese stunden- oder sogar tagelang durchhalten, aber das genügte nicht, um in Sicherheit zu gelangen. Bernard war bewusstlos und konnte sich nicht gegen einen weiteren Herdentöter wehren, und Brutus war ganz damit beschäftigt, sie nach Hause zu bringen.
    Daher gab es nur eine Möglichkeit, wie sein Onkel gerettet werden konnte: wenn die Herdentöter von etwas anderem abgelenkt wurden. Wenn jemand sie in eine andere Richtung lockte.
    Also holte Tavi tief Luft, wälzte sich von dem Erdfloß und blieb am Wegesrand still liegen. Falls die Herdentöter auf Bewegungen reagierten, erschwerten ihnen die im Wind schwankenden Bäume die Sache erheblich. Zunächst würde Tavi eine Weile ruhig liegen und dann viel Lärm erzeugen, die Jäger auf sich aufmerksam machen und sie auf diese Weise von der verwundbaren Beute, seinem Onkel, ablenken.
    Wieder grollte Donner, und Tavi spürte einen kalten Regentropfen im Gesicht. Er schaute hinauf zum Berg, der sich noch dichter in dunkle Wolken gehüllt hatte. Wieder traf ihn ein Regentropfen. Vor lauter Angst hätte er sich beinahe übergeben. Wer sich während eines Elementarsturms im Freien bewegte, setzte leichtfertig sein Leben aufs Spiel. Da Tavi nicht in den festen Mauern eines Wehrhofs Zuflucht suchen konnte, war er dem Sturm schutzlos ausgeliefert. Er sammelte einige Steine auf, die sich gut zum Werfen eigneten. Dann wandte er sich nach Westen
und schleuderte den ersten Stein mit ganzer Kraft in hohem Bogen davon.
    Der Stein flog still durch die Luft und landete dumpf auf einem Baumstumpf. Tavi drückte sich an einen Stamm und rührte sich nicht.
    Auf der anderen Seite des Weges ertönte ein pfeifender Schrei, und etwas bewegte sich. Dann hörte Tavi hinter sich Schritte, eine dunkle Gestalt sauste an ihm vorbei und machte einen Satz über die Spur, die Brutus mit dem Floß hinterlassen hatte. Dieser Herdentöter war größer und dunkler als der erste, den er getötet hatte. Er lief auf den Zehen, die Krallen raschelten durch die Kiefernnadeln auf dem Boden, und die Federn strichen durch das Laub der immergrünen Gewächse. Das Tier rannte auf den Baumstumpf zu, den der Stein getroffen hatte, und verschwand wieder im Dickicht.
    Tavi atmete auf. Er warf einen zweiten Stein zur Lichtung, in der entgegengesetzten Richtung, die Brutus genommen hatte. Dann duckte er sich und lief selbst auf die Lichtung zu, wobei er alle paar Schritte wieder einen Stein warf. Der Wind gewann stetig an Kraft, und immer häufiger stachen Tavi eiskalte Regentröpfchen ins Gesicht.
    Der Junge bemühte sich, so leise wie möglich zu atmen, und schlich still wie eine Katze zu der Lichtung. Das letzte Stück kroch er sogar auf dem Bauch unter den Ästen eines Gebüsches hindurch. Die Schafe waren nirgends zu sehen.
    Doch der zweite Herdentöter war bereits da.
    Ebenso wie der Marat.
    Dieser Herdentöter war mindestens einen Kopf größer als der erste, das Gefieder wirkte dunkler, und die goldenen Augen hatten einen Stich ins Braune. Er stand vor dem Kadaver, hatte ein Bein unter den Körper gezogen, beugte sich vor und stieß mit dem Schnabel

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