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Die Elementare von Calderon

Die Elementare von Calderon

Titel: Die Elementare von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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sanft ins Gefieder der toten Gefährtin.
    Einen Marat hatte Tavi nie zuvor gesehen. Er war größer als
jeder Mann, den Tavi kannte. Dabei ähnelte er durchaus einem ganz normalen Menschen, allerdings waren die Schultern breiter, und der Körper war mit Muskeln bepackt. Um die Hüften trug er einen Lendenschurz, doch schien der vor allem eine nützliche Funktion zu haben: An ihm waren mehrere Beutel sowie ein Dolch befestigt, der aus schwarzem Glas gemacht zu sein schien. Das lange, dichte Haar wirkte im trüben Licht, das durch die Regenwolken drang, eigenartig weiß. Ins Haar waren hier und dort dunkle Federn gesteckt, die dem Wesen etwas Wildes verliehen.
    Der Marat trat an den Kadaver des Herdentöters, kniete sich hin und griff mit den breiten, kräftig wirkenden Händen nach dem Tier. Er gab einen klagenden Laut von sich, auf den das Männchen antwortete, und beide neigten einen Moment lang still den Kopf.
    Dann fauchte der Mann, fletschte die weißen Zähne und schaute sich um. Seine Augen hatten genau die gleiche goldene Farbe wie die der Herdentöter, und sie funkelten auf eine unmenschliche Art und Weise.
    Tavi verharrte an der Stelle, an der er kauerte, und wagte kaum zu atmen. Die Miene des Marat war nicht schwer zu deuten. Zorn sprach daraus, und der Mann ließ den Blick langsam über die Lichtung schweifen. Seine Hände und die Zähne waren mit Blut befleckt.
    Der Marat erhob sich und hielt sich eine Hand an den Mund. Er holte tief Luft und stieß einen klagenden Pfiff aus, laut genug, damit Tavi zusammenzuckte. Der Marat pfiff eine kleine Melodie mit hohen und tiefen, langen und kurzen Tönen. Danach verstummte er.
    Tavi runzelte die Stirn, schloss halb die Augen und lauschte.
    Nach einer Weile ertönte, halb vom kräftigen Wind verweht, ein Antwortpfiff. Tavi hatte nicht die geringste Ahnung, was die Signale bedeuteten, aber dass überhaupt jemand antwortete, beunruhigte ihn. Schließlich konnte das nur eins heißen: Hier trieb sich nicht nur der eine Barbar herum.

    Die Marat waren ins Calderon-Tal zurückgekehrt.
    Vielleicht befanden sie sich lediglich auf der Jagd und suchten hier im Kiefernödland um Garados, wo es keine Menschen gab, eine Zuflucht. Oder handelte es sich womöglich um die Kundschafter einer ganzen Horde? Dieser Gedanke jedoch erschien ihm verrückt. Seit über fünfzehn Jahren hatte man keine Horde mehr gesichtet, es war noch vor Tavis Geburt gewesen. Damals hatten die Marat zunächst einige Siege errungen, sogar eine ganze Kronlegion vernichtet und den Princeps Gaius getötet, woraufhin die aleranischen Legionen sie nur Wochen später so verheerend zermalmt hatten, dass niemand glaubte, sie würden sich je wieder blicken lassen.
    Tavi schluckte. Aber da waren sie. Und falls sie beabsichtigten, in großer Zahl zu kommen, so waren diese Marat im Tal Kundschafter. Also würden sie einen eher mageren und kleinen Jungen, der sie beobachtet hatte, auf keinen Fall fliehen lassen, damit er Alarm auslösen konnte.
    Der Marat suchte weiter die Lichtung ab. Er packte einige Federn, riss sie dem toten Herdentöter aus und befestigte sie sich im Haar. Dann pfiff er dem anderen Herdentöter zu und winkte ihn zu sich. Der Vogel kam mit langen Schritten angelaufen und blickte sich derweil ständig um.
    Inzwischen war der Marat auf alle viere gegangen. Er schnüffelte an dem Blut an den Krallen des verendeten Herdentöters und beugte sich, zu Tavis Entsetzen, sogar vor, um daran zu lecken. Anschließend schloss er den Mund und prüfte den Geschmack des Blutes, als koste er Wein. Er blieb auf allen vieren und kroch über die Lichtung wie ein Hund, der Witterung aufnimmt. Beim Schwert hielt er inne, hob es hoch und musterte die Waffe, die mit dem Blut des Herdentöters verschmiert war. Er wischte die Klinge im Gras sauber und schob sie sich in den Stoffgürtel.
    Der böige Wind änderte ständig die Richtung. Tavi spürte, wie
er über seinen Rücken strich. Der Junge hockte erstarrt da, weil ihn die geringste Bewegung verraten würde.
    Plötzlich hob der Marat den Kopf und blickte geradewegs zu Tavis Versteck. Der Junge hielt vor Schreck die Luft an. Erneut stieß der Marat einen Pfiff aus und gab dem Herdentöter ein Handzeichen, der daraufhin auf Tavis Unterschlupf zuschritt.
    Wie ein Huhn auf den Wurm zugeht, dachte Tavi. Und ich bin der Wurm.
    Aber nach wenigen Schritten stieß der Herdentöter einen Schrei aus und wandte sich nach Süden. Der Marat folgte dem Herdentöter und las mit den

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