Die Elementare von Calderon
schickte langsam ihre Sinne durch den Elementar in die schlafende Sklavin.
Bernard hatte sich nicht geirrt. Das Mädchen hatte mehrere Verletzungen, von schmerzhaften Kratzern und Schnitten bis hin zu dem stark geschwollenen Knöchel und der bösen Wunde am Oberarm. Die Fremde war vollkommen erschöpft, und noch im Schlaf spürte Isana die Angst und die Sorge. Sie murmelte Bächlein leise etwas zu und fühlte, wie der Elementar sanft durch das Mädchen floss, die kleinen Schnitte schloss und die Schwellung und den Schmerz linderte. Bei der Anstrengung wurde Isana schwindelig, und sie zog die Hand zurück und bemühte sich, auf den Beinen zu bleiben.
Als sie das Mädchen wieder ansah, hatte es die müden Augen aufgeschlagen und starrte sie an. »Du«, flüsterte sie, »du bist die Wasserbeschwörerin, die den Wehrhöfer geheilt hat.«
Isana nickte. »Du solltest dich ausruhen. Ich wollte dir nur eine Frage stellen.«
Das Mädchen schluckte, und ihre Augen schlossen sich.
»Bist du wegen des Jungen gekommen?«, fragte Isana. »Willst du ihn mitnehmen?«
»Nein«, antwortete das Mädchen, und Isana fühlte die schlichte Wahrheit in den Worten so klar wie den Ton einer Silberglocke. In der Weise, wie sie sprach, lag eine Aufrichtigkeit, die Isana tröstete. Ihre Schultern entspannten sich, wenn auch nur ein wenig.
»Gut«, sagte Isana. Sie zog die Decken abermals zurecht und bedeckte die Füße. »Schlaf jetzt. In einer Weile werde ich dir Essen bringen.«
Das Mädchen erwiderte nichts, lag nur reglos im Bett, und Isana verließ das Zimmer und ging zur Treppe. Von unten hörte sie Stimmen, denn das Hofvolk hatte sich in der Halle versammelt. Draußen, von Norden her, grollte tief und Unheil verkündend der Donner. Schaudernd erinnerte sich Isana an die Ereignisse der vergangenen Nacht, an den Angriff der Kordhöfer.
Dann atmete sie tief durch und stieg die Treppe hinunter, um sich mit den Fremden zu befassen, die nach Bernardhof gekommen waren.
17
Fidelias wartete, bis der große Wehrhöfer, der jemanden in eine Decke gehüllt trug, die Treppe hinaufgestiegen und verschwunden war. Der ehemalige Kursor blickte sich in der Halle um.
Wenigstens für einen Moment war er mit seinen Begleitern allein. Er wandte sich Odiana und Aldrick zu.
Der Schwertkämpfer stand da, schaute dem Wehrhöfer nach und murmelte: »Na, ich frage mich, was es damit auf sich hat.«
»Ziemlich offensichtlich«, meinte Fidelias. Er sah Odiana an.
»Angst«, flüsterte sie, zitterte und schmiegte sich an Aldrick. »Höchst ergötzliche Angst. Erkennen.«
»Amara.« Fidelias nickte. »Sie ist hier. Das war sie.«
Aldrick zog die Augenbrauen hoch. »Aber du hast ihr Gesicht nicht gesehen.«
Fidelias blickte Aldrick gleichgültig an und unterdrückte seine Gereiztheit. »Aldrick, bitte. Soll sie denn noch ein Schild an die Tür hängen, dass sie hier ist? Es passt alles zusammen. Die Spur von drei Menschen - der Junge, der Wehrhöfer und sie. Sie hat gehumpelt. Deshalb hat er sie getragen.«
Aldrick seufzte. »Also gut. Ich werde hochgehen, die beiden umbringen, und dann können wir weiterziehen.« Er drehte sich um und legte die Hand auf sein Schwert.
»Aldrick«, zischte Fidelias. Er packte den Schwertkämpfer am Oberarm und langte in die Erde, um sich Kraft von seinem Elementar zu leihen.
Aldrick betrachtete Fidelias’ Hand und entspannte sich. »Darum geht es doch, oder?«, sagte er. »Fidelias, wir müssen verhindern, dass sie Graem Bericht erstatten. Ohne den Überraschungsmoment könnte unser ganzes Unternehmen scheitern. Wir sind hier, um den Wehrhöfer und den Jungen zu suchen, die unseren Freund Atsurak gesehen haben, und wir wollen sie töten. Ach, und natürlich auch die Spionin der Krone, mögen sie die Krähen holen, wenn sie uns zufällig über den Weg läuft; was ja anscheinend der Fall ist.«
»Liebster«, sagte Odiana. »Wir wissen noch immer nicht, wer der Junge ist, oder? Wenn du jetzt einfach das hässliche kleine Mädchen tötest, wird der Wehrhöfer nicht etwas dagegen haben?
Und dann musst du ihn auch umbringen. Und alle anderen, die oben sind. Und diese Menschen hier...« Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und wandte sich an Fidelias. »Warum eigentlich nicht?«
»Vergesst nicht, wo wir sind«, meinte Fidelias. »Dies hier ist die gefährlichste Gegend des Reiches. Mächtige Elementare, gefährliche Tiere. Das ist nicht irgendeine Pflanzung im Amarant-Tal. Dieses Land bringt starke Beschwörer
Weitere Kostenlose Bücher