Die Elementare von Calderon
nickend zurück. »Beschwörungstrauma.
Gedächtnisverlust. Wie damals, als Frederic sich das Bein gebrochen hat.«
Bernard knurrte. »Das gefällt mir nicht. Wenn es nun stimmt, was Tavi sagt -«
Sie sah ihn fragend an. »Was sagt Tavi denn?«
Nun lauschte sie, während Bernard Tavis Geschichte erzählte, und sie konnte nur immer wieder den Kopf schütteln. »Dieser Junge.« Sie schloss die Augen. »Ich weiß nicht, ob ich ihn herzen soll oder ausschelten.«
»Wenn wir tatsächlich von diesem Marat angegriffen wurden - Schwesterchen, das könnte übel werden. Wir müssen Graem benachrichtigen.«
Isana biss sich auf die Unterlippe. »Ich glaube, das solltest du. Bernard, ich habe ein ganz schlechtes Gefühl. Irgendetwas stimmt nicht.«
Er sah sie sorgenvoll an. »Was meinst du damit?«
Wieder schüttelte sie den Kopf und wusste, ihre Niedergeschlagenheit schwang in ihrer Stimme mit. »Ein schlechtes Gefühl eben. Etwas stimmt nicht. Ich kann es nicht besser erklären.« Sie holte tief Luft und sagte sehr leise: »Ich habe das erst ein einziges Mal erlebt.«
Bernard wurde bleich. Er schwieg eine Weile, ehe er antwortete: »Ich kann mich an keinen Marat erinnern,’sana. Daher kann ich Graem auch nicht benachrichtigen. Seinem Wahrheitssucher würde es auffallen.«
»Dann muss Tavi ihm davon berichten«, sagte Isana.
»Er ist noch ein Kind. Du kennst doch Graem. Er würde Tavi niemals ernst nehmen.«
Isana drehte sich um und ging ein paar Schritte hin und her. »Er muss aber. Wir müssen ihn dazu bringen.«
Bernard schüttelte den Kopf. »Niemand kann Graem zu irgendetwas bringen.« Er verlagerte sein Gewicht ein wenig, und so stand er mehr zwischen Isana und der Tür zu seinem Zimmer.
»Damit sollte man nicht leichtfertig umgehen -« Isana runzelte die Stirn und verbog sich, um an ihrem Bruder vorbeizuschauen. Mit Unschuldsmiene bewegte er sich, um ihr die Sicht zu versperren. Isana seufzte ungeduldig, schob ihren Bruder zur Seite und blickte in sein Zimmer.
»Bernard«, sagte sie, »warum liegt da ein Mädchen in deinem Bett?«
Ihr Bruder hüstelte und wurde rot. »Isana, so wie du das sagst -«
Sie funkelte ihn an. » Bernard. Warum liegt ein Mädchen in deinem Bett ?«
Er verzog das Gesicht. »Das ist übrigens Amara. Die Sklavin, der Tavi geholfen hat. Ich wollte sie eigentlich unten am Feuer auf eine Pritsche legen, aber sie hat plötzlich Angst bekommen. Flehte mich an, sie nicht unten schlafen zu lassen. Flüsterte, sie würde sich vor etwas fürchten. Also habe ich ihr gesagt, das käme nicht in Frage, und da ist sie ohnmächtig geworden.« Er drehte sich zu seinem Zimmer um. »Daraufhin habe ich sie hochgebracht.«
»Und in dein Bett gelegt.«
»Isana! Wohin sollte ich sie sonst legen?«
»Sag mir jetzt noch, dass du nicht glaubst, sie sei einfach nur eine verirrte Sklavin, die Tavi zufällig gerettet hat.«
»Nein«, sagte er. »Ja. Ihre Geschichte ist einfach vorne und hinten nicht stimmig. Zuerst klang es ganz richtig, aber dann habe ich ihre Wunden gesäubert und ihr nichts gegen den Schmerz gegeben. Sie wurde rasch müde. Wäre mir beinahe zusammengebrochen.«
»Sie ist verletzt?«
»Nichts Schlimmes, solange sie kein Fieber bekommt. Doch, ja. Hat sich die Füße an den Felsen aufgerissen, und am Arm hat sie eine Wunde, die könnte von einer Klinge stammen. Angeblich ist sie gestürzt.«
»Ungeschicktes Ding«, meinte Isana. Sie schüttelte den Kopf. »Klingt, als wäre sie mehr als eine Sklavin. Vielleicht steht sie im Dienste eines Fürsten?«
»Wer weiß. Sie macht einen ganz anständigen Eindruck. Es könnte stimmen, was sie sagt.«
Isana befiel eine stille Furcht, fast schon Verzweiflung. Ihre Hände zitterten, ihre Knie wurden weich. »Und sie sind sich einfach ganz zufällig über den Weg gelaufen?«
Er seufzte und schüttelte den Kopf. »Der Teil gefällt mir auch nicht. Und noch etwas: Unten sind drei Fremde. Sie haben um Obdach gebeten, bis der Sturm vorüber ist.«
»Ausgerechnet heute?« Isana schluckte. »Es passiert tatsächlich, nicht?«
»Wir wussten, dass es so weit kommen könnte.«
Sie fluchte leise. »Bei den Elementaren, Bernard. Bei den Krähen und den verfluchten Elementaren.«
Seine Stimme klang gequält. »Isana -«
Sie hob die Hand. »Nein, Bernard. Nein. Es gibt zu viel zu tun. Wie geht es Tavi?«
Ihr Bruder presste kurz die Lippen aufeinander und antwortete schließlich: »Nicht gut. Ich bin hart mit ihm ins Gericht gegangen, vermutlich weil
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