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Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung

Titel: Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Louis Fetjaine
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die Elfe sich beklommen und unwohl. Weit weg rief jemand einen Namen und das Echo wehte über den See.
    Sie hatte ihre Augen nur für eine Sekunde lang fortbewegt, aber als sie wieder zu dem Mann hinsah, schien dieser näher gekommen zu sein; er war genauso ruhig wie zuvor und blickte sie lächelnd an, als warte er auf etwas. Aus der Nähe wirkte er jünger, trotz seiner kurzen weißen Haare. Und seine Züge, seine hoch gewachsene Gestalt, sein ewiges Lächeln kamen ihr bekannt vor.
    »Der Atem des Drachens«, sagte er.
    »Was?«
    Der Kindmann nickte, und sein Lächeln wurde noch breiter.
    Von neuem erklang der Ruf, viel näher diesmal.
    »Lliane!«
    »Ich bin hier!«, rief sie.
    Der Mann war verschwunden. Dieser Gedanke drang in das Bewusstsein der Elfe, noch bevor ihre Augen es wahrnahmen. Unschlüssig blickte sie sich nach ihm um, erstaunt, ihr Herz stärker schlagen zu spüren, erstaunt auch über ihre Erleichterung ...
    Ein Elf löste sich aus einem Gebüsch, er saß ohne Sattel auf einem Fuchs mit langer roter Mähne. Der Reiter trug eine Rüstung mit einem ledernen Harnisch, der seine Brust, seine Unterarme und Beine bedeckte und einen Langbogen über der Schulter. Er warf einen flüchtigen Blick auf den verkohlenden Leichnam des Froschfängers.
    »Meine Königin, der König Llandon verlangt aufs Dringlichste nach Euch.«
    Lliane nickte schweigend und schwang sich auf den Pferderücken.
    »Was gibt es?«
    »Baldwin«, sagte der Elf schlicht. »Er kommt ...«
     
    »Schließt das Tor wieder!«, befahl der Sergeant seinen Wachen. »Es wird bald Nacht!«
    Ohne auf die Ausführung seiner Order zu warten, drehte der alte Soldat sich um und blickte der kleinen Truppe nach, die bereits in den Gassen der Stadt verschwand.
    Er zog sich den Mantel enger um die Schultern und lächelte trotz der abendlichen Kälte. Der Mann hatte die Runen auf dem langen Banner, das der erste Ritter des Zuges stolz trug, nicht erst zu entziffern brauchen, um das Emblem Baldwins zu erkennen, des Königs der Zwerge vom Roten Berg.
    Unter einem plötzlichen Hustenanfall kniff er die Augen zusammen und krümmte sich nach vorn. Er fühlte sich alt und müde. Die eiskalte Feuchtigkeit dieses Wintertages hatte alte Schmerzen wieder heraufbeschworen.
    »Der Bart des alten Baldwin ist noch ein Stück länger geworden«, murmelte er zu sich selbst.
    Beim Passieren der Pforte hatte der König ihn nicht wiedererkannt. Er hatte ihn nicht einmal eines Blickes gewürdigt. Sein Blick war starr auf den Rücken des Ritters vor ihm gerichtet gewesen, sein Gesichtsausdruck hatte die Mischung aus Kühnheit und Überdruss besessen, die so typisch für die Zwergen- herrscher war. Und wie hätte Baldwin ihn auch erkennen sollen? Zur Zeit der großen Schlachten, vor vielen Jahren schon, war er bereits länger als zweihundert Jahre der Lehnsherr der Zwerge vom Roten Berg gewesen, wohingegen der Sergeant nur ein einfacher Krieger gewesen war, jung und voller Illusionen. Und doch hatten sie zusammen gefochten, am Tag der Schlacht in den Sümpfen.
    Der alte Mann strich beiläufig über die lange Narbe auf seinem Arm, eine Erinnerung an den bösartigen Streich einer Lanzenspitze der Dämonen. Das war ein trister Tag gewesen, genauso grau und regnerisch wie der, der gerade zu Ende ging. Es war den Dämonen gelungen, die Armee der freien Völker in ihre stinkenden Sümpfe zu locken, wo sie unter den feststeckenden Truppen ein Gemetzel sondersgleichen veranstaltet hatten. Nur wenige, wie der alte Sergeant oder Baldwin, waren dem Moor, den schwarzen Klingen der dämonischen Schwerter und den messerscharfen Reißzähnen ihrer Wölfe entkommen. Und dann, im späteren Verlauf des Krieges, hatte das Glück sich gewendet ... Das Geräusch von Schritten auf dem Rundweg riss den Sergeanten aus seinen Träumen. Die schweren Eichenflügel des Haupttors waren geschlossen worden und ein junger Bogenschütze gesellte sich zu ihm auf die Zinnen.
    »Wofür halten die Kerle sich eigentlich?«, fragte er im Näherkommen seinen Vorgesetzten.
    Der alte Soldat erstarrte auf der Stelle.
    »Halt deine Zunge im Zaum. Dieser Zwerg dort wäre imstande, sie dir abzuschneiden, wenn du es ihm gegenüber an Respekt fehlen ließest.«
    »Ich hab keine Angst vor Zwergen«, erwiderte der junge Mann und spuckte in ihre Richtung hin aus. »Selbst wenn es Könige sein sollten!«
    »Du hast es erraten ... Das ist Baldwin.«
    Der Bogenschütze erblasste und ein Anflug von Panik huschte über sein Gesicht.

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