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Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung

Titel: Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Louis Fetjaine
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wirst du verstehen können ...«
    Dann wandte er sich Lliane zu und nahm den Faden seiner Rede wieder auf.
    »Die Menschen haben immer vor allem Angst gehabt. Vor Gewittern, Stürmen, Wildwasser, dem Wald, dem Gebirge ... Und alles, was sie fürchteten, war in ihren Augen heilig: die Sonne, die Sterne, die großen Bäume oder die Felsen. Und nun haben sie angefangen, nur mehr einen einzigen Gott anzubeten. Einen einzigen Gott, der alle anderen ersetzen soll und zu gleich Vater und Sohn ist, Himmel und Geist. Das ist es, was ihnen fehlte, verstehst du? Eine einzige Kraft, ganz einfach zu verstehen, die einzige Erklärung für das ganze Universum und seine Geheimnisse ... Kommt mit mir, ich muss euch etwas zeigen.«
    Diesmal gehorchten sie ihm, im Banne der dünnen und zugleich so mächtigen Stimme. Keiner von beiden verspürte mehr das unerklärliche Unwohlsein, das sie bei seiner Erscheinung befallen hatte. Sie stiegen langsam den Hügel hinauf und griffen nach den Händen, die er ihnen hinhielt.
    Aus der Nähe sah Myrrdin wirklich wie ein Kind aus, ohne dass es jedoch möglich gewesen wäre, genau zu sagen, wie alt er sein mochte. Seine Haut war nicht blau wie die der Elfen, sondern von übermenschlicher Blässe, so hell, dass sie durchsichtig wirkte. Dazu das weiße Haar, nicht das helle Silbergrau alter Menschen, sondern ein reines Weiß ohne den geringsten Schimmer, das um seine Schläfen herum wirkte wie ein Helm aus Schnee. Und in all dieser Blässe hatte er die gleichen Augen wie Lliane: ein helles, golden leuchtendes Grün.
    »Ihr musstet scheitern, damit der wahre Kampf beginnen kann«, sagte er mit einem Blick auf Uther. »Und in diesem Scheitern liegt keine Schande, denn es ist das, was jedermann von euch erwartet hat. Denn alle haben euch angelogen, sogar der Grund für eure Reise war bereits Verrat. Gewiss, du kannst versuchen, den Frieden zu retten, Uther, aber du wirst scheitern, und diesmal wird dein Scheitern ein wirkliches sein. Wenn ihr nach Loth geht, werdet ihr sterben, und mit euch wird alle Hoffnung auf immer sterben. Die Elfen, die Zwerge und selbst die Ungeheuer werden im Zeitendunkel verschwinden wie lang vergangene Legenden, bis zu dem Tag, wo sogar ihr Name vergessen sein wird, niemandem mehr etwas sagen wird und niemand auf dieser Erde mehr an ihre Existenz glauben wird ... Schaut.«
    Er zog sie mit sich und stieg die letzten Schritte zur Kuppe des Hügels hinauf. Der Horizont war blutrot.
    »Das ist Loth«, sagte er schlicht.
     
    Die Flammen wüteten noch immer in der Stadt, und in den Herzen der Menschen loderte ein noch stärkeres Feuer, und sie waren bereit, das ganze Königreich niederzubrennen.
    »Niemand anders als die Menschen hat diesen Brand gelegt ... Niemand anders als ein Mensch wird ihn löschen können. Ein Mensch, dem der Atem des Drachen hilft.«
    Myrrdin musterte Lliane und Uther, und einen Augenblick lang war sein sorgloses Lächeln von unendlicher Traurigkeit verschleiert. Der Recke jedoch, der gebannt auf den flammenden Horizont starrte, bemerkte es nicht.
    »Natürlich«, sagte der Kindmann, »ist es jetzt noch zu früh.«
    Und dann stürzte er in die Tiefe und verschwand im Schutze der Nacht.
    »Myrrdin!«, rief Uther.
    Mitten aus der Finsternis antwortete ihm durch die Stille der schneebedeckten Landschaft eine Stimme.
    »Nur die Elfen nennen mich Myrrdin ... Für die Menschen bin ich Merlin.«
     

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