Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung

Titel: Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Louis Fetjaine
Vom Netzwerk:
Stimmung des Herolds wieder sofort ein wenig. Diese betriebsamen Stunden amüsierten ihn immer. Zu keinem anderen Moment des Tages wurde die Mannigfaltigkeit der im Palast zusammentreffenden Rassen so deutlich. Dieser verschnupfte Gnom, fast so breit wie hoch, mit seinem Gesicht, das so runzlig und rot war wie ein schrumpliger Apfel, kreuzte den Diener eines hoch gestellten Elfen mit seiner bläulich durchsichtigen Haut, während ein junger Zwerg von sechzig Jahren mit seinen breiten Füßen über die Fliesen trampelte, ein Tablett voller Speisen in den Armen, das zwei ausgewachsene Männer nicht hätten stemmen können, und das vor Weinkrügen, Würsten und Kohl überquoll ...
    Der Herold schüttelte sich und setzte seinen Weg fort. Er musste noch den Saal des Großen Rats für den kommenden Tag vorbereiten.
    Draußen hatten die Zwerge die Pferde in den Stall geführt, und ihre Pagen waren bereits dabei, alles, was für dessen Stadtaufenthalt unabdingbar war, in die Räume des Königs Baldwin hinaufzutragen (und da der alte Baldwin, seit er in die Jahre gekommen war, einen gewissen Komfort liebte, war das Unabdingbare sehr umfangreich). Unberührt von ihrem Hin und Her strich sich ein Mitglied seiner Eskorte, das auf den ersten Stufen der großen Stein treppe zum Palast saß und seine Satteltasche und seine Waffen vor sich aufgestellt hatte, träumerisch durch seinen braunen Bart und rauchte dabei eine lange weiße Tonpfeife.
    »Meister Tsimmi!«
    Der Zwerg schien zu erwachen und musterte den Pagen (einen Jungzwerg von kaum fünfzig Jahren), der sich zu ihm beugte.
    »Was ist?«
     
    »Möchtet Ihr, dass ich Euer Gepäck nehme?«
    »Ja, gern, danke ...«
    Er hob das kurze Bein, das er über seine Taschen und seinen Streithammer gelegt hatte. Der Page nahm geflissentlich sein Gepäck auf und lief hinter den anderen her. Tsimmi blieb allein und regungslos im Nieselregen sitzen, bis seine Pfeife erlosch. Im Gegenteil zu den anderen war er prunklos gekleidet, trotz seines Ranges, und trug kein einziges Schmuckstück. Ein langes Panzerhemd aus gepunztem Leder, das bis zu den Knöcheln fiel, bedeckte eine einfache grünen Tunika, und an seinem Gürtel hingen mehrere Börsen und Säckchen sowie die Lederschnüre einer Schleuder, einer Waffe, die eigentlich eher einem Kind gemäß war. Aber keiner der Zwerge der Roten Berge wäre auf den Gedanken gekommen, darüber zu lachen. Tsimmi war, was die einen Meister der Steine nannten und die Menschen einen Magier. Zwischen ihm und der Erde, dem Gestein und den Felsen bestand eine enge und machtvolle Verbindung, die selbst das Verständnis der Weisesten überstieg. Seit undenklichen Zeiten hatten Meister wie Tsimmi in den Tiefen ihrer Schmieden unzählige Geheimnisse entdeckt. Die Menschen, geblendet von den Reichtümern, die sie aus ihren tiefen Minen holten, gingen so weit, zu behaupten, dass ihre Magier das Große Geheimnis kannten, die Verwandlung herkömmlicher Metalle in reinstes Gold. Aber nur die Meister der Steine hätten hierauf eine zutreffende Antwort geben können.
    Tsimmi zog die grüne Kapuze seiner Tunika über sein strubbliges braunes Haar und stand knurrend auf. Mit der Fußspitze stocherte er im Staub und legte dann die Hand auf die riesigen Steinblöcke, aus denen die Palastmauern bestanden. Die Meister der Steine besaßen die Gabe, im Stein zu lesen, diesem stummen Zeugen der vergehenden Zeit. Er vermochte nichts herauszulesen, doch von dem Augenblick an, da die hohen Türme von Loth ins Blickfeld gekommen waren, hatte ihn ein vages und unangenehmes Gefühl überkommen.
    »Erhebt Euch für den König!«
    Der Mundschenk stieß seinen beknauften Stock, das Zei chen seines Amtes, gegen die Fliesen. Auf der Stelle erbebte der riesige Saal unter dem lautstarken Rücken der schweren Eichenstühle, die die Bankettgäste zurückschoben. Es war ein normales Abendessen, ohne Gepränge. Es gab ungefähr dreißig Gäste, zumeist obskure Vasallen oder Bittsteller aller Art, die hier waren, um in Loth einen Posten für ihre Söhne zu erwirken oder sich über die königlichen Steuern zu beschweren. Zwei Küstenelfen, jene, die zur See fuhren, waren zweifellos hier, um irgendwelche exotischen Stoffe zu verkaufen. Ein Zwergenbaron, am anderen Ende der Tafel, umringt von seiner Frau und den zwei kleinen Zwergenkindern von kaum 30 Jahren, war neben einem Gnomenpaar platziert, das auf groteske Weise mit Schmuck behängt war, und schien von dieser Nachbarschaft höchst angewidert.

Weitere Kostenlose Bücher