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Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Titel: Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Es lag inmitten des Erdhügels am Rand des königlichen Dorfes Firnstayn. Die Grabkammer war mit dicken Kiefernbalken verschalt. Zwei Fackeln spendeten warmes, gelbes Licht. Kälte sickerte durch den Gang, der hinaus in die Nacht führte. Wenn sie die Kammer verließ, würde sie mit einem schweren Rollstein verschlossen werden. Und dann würde man den Tunnel ganz mit Erde auffüllen. Draußen an der Hügelflanke würde man die ausgestochenen Grassoden wieder an ihren Platz legen, und in zwei Wochen würde niemand, der es nicht wusste, mehr erkennen können, wo genau der Eingang zum königlichen Grab lag.
    Sie erhob sich müde. Aus Erzählungen wusste sie, wie sie als kleines Mädchen in einem blauen Kleid an diesem Fjord gespielt hatte. Und wie sie bei einem Fest dem Bärenbeißer namens Blut auf die verletzte Schnauze gelangt hatte und alle Gäste vor Schreck den Atem anhielten, aus Angst, der große Hund würde sie zerfleischen. Angeblich hatte sie auch an der Seite ihrer Mutter Asla gestanden, als das Wolfspferd in das alte Langhaus des Alfadas eingedrungen war. An all dies konnte sie sich nicht mehr erinnern. Sie war zu klein gewesen. Die Trolle hatten ihr schon damals Alfadas genommen, als ihre Familie während der Kämpfe im Elfenwinter auseinandergerissen wurde. Damals, als die Schlachten beendet waren, hatte ihre Mutter Asla entschieden, mit ihr und Kalf in ein einsames Tal weitab von jeder Siedlung zu flüchten. Ihre Mutter hatte ihr nie erklärt, warum sie das getan hatte.
    Kadlin wusste, dass Asla Kalf, den Jäger und Fischer, von ganzem Herzen geliebt hatte. Und sie selbst hatte Kalf die meiste Zeit ihres Lebens für ihren Vater gehalten. Sie blickte in das Antlitz ihres leiblichen Vaters. Selbst im Tod wirkte es noch müde und ausgezehrt. Er war ein einsamer Mann gewesen. Er hatte nie wieder eine Frau genommen. Lange hatte er nach ihr und Asla gesucht. Er hatte ihren vermeintlichen Tod nie verwunden. Kadlin fand, ihre Mutter hätte ihr früher sagen sollen, wer ihr leiblicher Vater war. Sie hätte selbst wählen sollen, wo sie leben wollte.
    Sie blickte zu den beiden leeren Totenlagern, die für sie und Asla gemacht waren. Sie sahen aus wie schmale Betten. Das Leinenzeug war mit dunklen Stockflecken übersät. Ihr Totenlager war klein. Das Bett eines Kindes. Darauf lag eine halb verbrannte Puppe, die einst ihr gehört hatte. Alfadas hatte sie in den Trümmern ihres niedergebrannten Hauses gefunden, als er von seinem Feldzug in die Snaiwamark zurückgekehrt war. Auf Aslas Lager lag eine Kette aus bunten Perlen. Ihr Vater hatte sie nie vergessen. Deshalb war sie in den Norden gegangen, um seine Leiche zu holen. Sie war es ihm schuldig gewesen.
    Sie küsste ihn auf die Stirn. Sie würde nie mehr in die Grabkammer kommen, schwor sie sich. Nicht, solange sie lebte. »Wir sehen uns in den Goldenen Hallen. Ich weiß, du bist dort und wartest.« Mit diesen Worten wandte sie sich ab. Mit festem Schritt verließ sie die Totenkammer. Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
    Kaum dass sie den Hügel verlassen hatte, begannen die Krieger ihrer Leibwache damit, den Zugang zum Grab zu verschließen. Lambi hatte auf sie gewartet. »Du warst lange dort unten.«
    »Ja.« Sie wollte allein sein. Und doch wusste sie, dass sie zur Totenfeier musste.
    »Wirst du Frieden mit den Trollen halten?«, fragte er ohne Umschweife. »Alle wisse das mit dem Herzen …«
    »Sie wollten ihn damit ehren, behauptet Melvyn.«
    »Ich glaube das auch.«
    Kadlin dachte darüber nach. »Ich werde es dem Herzog nicht verzeihen.« »Aber du wirst Frieden halten?« Sie schwieg.
    »Verdammtes Gör! So warst du schon als Kind!«, entfuhr es ihm.
    »Soweit ich gehört habe, hat man dich von mir ferngehalten, als ich noch ein Kind war.«
    »Dein Vater hat mir so oft von dir erzählt, dass es mir vorkommt, als seiest du meine eigene verzogene Tochter!«
    Die Worte waren zu viel. Ihr stieg ein Kloß in den Hals, und sie biss sich rasch auf die Lippen, um nicht loszuweinen.
    »Du hast den Elfenwinter überlebt, du hast in der Schlacht an der Nachtzinne gekämpft, du hast ein Wolfspferd erschlagen. Du bist der einzige lebende Mensch, der zur Schwelle der Goldenen Hallen ging und wieder zurückkehrte. Und du bist nur mit deinem verrückten Bruder in Orgrims Herzogtum gereist, um Alfadas zurückzuholen. Ihr zwei habt euch einem ganzen Heer von Trollen gestellt. Das ist genug für ein Leben. Das wären sogar für zwei Leben genügend Heldentaten.

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