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Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Titel: Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Rollen über das Seil. Er wurde immer schneller. Das Seil federte nur wenig. Er hatte lange gezögert, ob er seinen Auftritt nicht mit einem dramatischen Ausruf würzen sollte. Etwas wie: Der Tod holt dich! Aber das wäre dumm. Sollte Michel Sarti sich daraufhin geistesgegenwärtig zu Boden werfen, wäre alles verdorben. Er musste ihn überraschen!
    Armand holte mit der Sense zum Schlag aus. Hals oder Torso? Torso. Er glitt über den vordersten Priester hinweg. Jemand blickte auf. Ein Schrei. Jetzt sah auch Michel zu ihm. Die Sense fuhr nieder. In weitem, kräftigem Schwung. Die gekrümmte Klinge traf den Ritter mitten auf der Brust.
    Armand schrie auf. Er hatte das Gefühl, ihm würde der Arm ausgerissen. Seine Schulter krachte. Gleißende Lichtpunkte tanzten ihm vor den Augen. Michel war gestürzt. Der heftige Aufprall hatte Armand ein Stück am Seil zurückgleiten lassen. Jetzt sauste er wieder vorwärts.
    Der weiße Ritter rappelte sich auf. Er wirkte benommen. Das konnte nicht sein! Niemand konnte einen solchen Hieb überstehen. Schon gar nicht in einer Lederrüstung.
    Der Ritter zog sein Schwert. Die Priester schrien. Sie deuteten zu ihm hinauf. Manche waren niedergekniet, um zu beten. Armand glitt der Sicherheit des Baugerüsts entgegen. Niemand konnte klettern wie er. Er würde entkommen. Der Seiltänzer sah über die Schulter zurück. Michel hatte sein Schwert gezogen. Was für eine dumme, nutzlose Geste!
    Der Ritter warf die Klinge hoch. Armands Füße berührten die Balken des Baugerüsts. Er streckte die Hand vor, um sich auf eines der Bretter zu ziehen. Im gleichen Augenblick erschlaffte das Seil.
    Er ließ die Sense fallen und stürzte. Verzweifelt versuchte er etwas zu greifen zu bekommen. Armand schlug hart auf den Boden auf. Heißer Schmerz stach durch seine rechte Schulter. Er wusste, er hatte sie sich ausgekugelt. Der Sturz war nicht so tief gewesen, als dass er zerschmettert sein könnte. Armand setzte sich auf. Halb benommen blickte er auf den Platz. Eine weiße Gestalt kam auf ihn zu.
    Der Ritter trat gegen die Sense. Schlitternd glitt sie über das Pflaster davon. Ein Schwertspitze berührte sanft Armands Hals.
    »Wer schickt dich?«
    »Das werde ich nicht sagen.«
    »Man wird dich foltern.«
    »Ich werde trotzdem schweigen.« Es gab auch nicht viel, was er hätte sagen können. Wer einen Meuchler suchte, der stellte sich nicht mit Namen vor. Und er erklärte auch nicht, warum ein Mann oder eine Frau sterben sollten. Selbst wenn sie es schafften, seinen Willen zu brechen, würden sie von ihm nichts erfahren.
    Der Ritter nahm ihm die Maske ab. Inzwischen waren Priester mit Laternen gekommen. Leute aus den angrenzenden Häusern traten zögerlich auf den Platz. Fensterläden wurden aufgeklappt. »Warum?« »Weil ich einen Beutel voll Gold dafür bekommen habe.«
    Der Ritter nickte. Ein harter Zug war um seine Lippen erschienen. Er wirkte plötzlic älter.
    »Ich habe eine Bitte an dich, Michel Sarti.«
    Ein Wangenmuskel des Ritters zuckte. »Warum sollte ich dir eine Bitte gewähren?« »Weil du nicht bist wie ich.«
    Michel antwortete ihm nicht. Der Blick des Ritters hielt ihn gefangen.
    »Ich weiß, ich werde hingerichtet werden. Ich habe es verdient. Du bist ein Mann mit Macht und Ansehen. Bitte sag ihnen, dass sie mich hängen sollen. Ich war früher einmal ein Seiltänzer. In Zeiten, als ich noch nicht für Gold gemordet habe. Ich möchte noch ein letztes Mal am Seil tanzen. Und sei es ein Galgenstrick.«

KEIN SCHLECHTER TOD
    Als Anderan Feylanviek erreichte, waren seine Füße gefühllos und seine Finger so steif gefroren, dass er die Hände, mit denen er seinen Mantel zusammenhielt, nicht mehr öffnen konnte. Vier Tage hatte der Fußmarsch am Ufer des Mika entlang gedauert. Immer wieder hatte es geschneit. Der Schnee reichte ihm jetzt bis über die Knie. Und die Schneeflocken schmolzen nicht mehr, wenn sie ihm auf die Hände fielen. Auch schmerzte ihn der Nordwind nicht mehr. Seine Messer schienen alles durchtrennt zu haben, was Schmerz empfinden konnte.
    Anderan sah das Gesicht seines Sohnes vor Augen. Er sah ihn als kleinen Jungen spielen. Sah, wie er vor den Winkerkrabben davonlief. Das weiße Land war ein unbeschriebenes Blatt, auf dem in immer lebhafteren Farben seine Träume erschienen. Er starrte vor sich hin. Ohne nachzudenken, setzte er einen Fuß vor den anderen. Stetig, unermüdlich, so wie ein Herz schlägt, obwohl man nicht daran denkt, dass es dies tun sollte.
    Er hielt erst

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