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Die Elfen des Sees

Die Elfen des Sees

Titel: Die Elfen des Sees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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seinem Gürtel und reichte ihn der Priesterin. »Heute Morgen. Wie viele es waren, weiß ich nicht. Ein halbes Dutzend, vielleicht auch mehr.«
    »Blutperlen.« Die Priesterin hatte den Beutel geöffnet und sog scharf die Luft ein. »Schon wenige können tödlich sein. Rasch, leg ihn dort nieder!«, wies sie den Mann an und deutete auf eine Stelle im weichen Gras. »Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
    »Könnt Ihr ihm helfen?«, fragte der Mann mit bebender Stimme, während er seinen Sohn auf das Gras bettete. Lya-Numi sah, dass er weinte, und spürte Mitleid. Das Gefühl überraschte sie. Menschen und Elfen waren keine Freunde. Seit die Menschen vor einigen hundert Sommern nach Thale gekommen waren, errichteten sie ihre Gehöfte und Dörfer im ganzen Land und beanspruchten immer mehr Gebiete für sich. Die Nebelelfen duldeten die fremde Rasse in ihrem Land, beobachteten die Entwicklung aber mit großer Sorge und wichen wenn möglich in Gebiete aus, wo noch keine Menschen lebten. Im Grasland sprach man in letzter Zeit oft im Zorn von den Menschen, die kamen, um den Nebelelfen ihre Heimat zu rauben.
    Es war das erste Mal, dass Lya-Numi einen Angehörigen der fremden Rasse zu Gesicht bekam, aber dieser hier entsprach in seiner aufrichtigen Sorge ganz und gar nicht dem Bild des brutalen Räubers, das man in ihrer Heimat gern von den Menschen zeichnete. Neugierig trat sie näher. Das Kind war noch klein, vermutlich hatte es keine fünf Sommer gesehen. Es war blass und atmete nur schwach. Lya-Numi spürte bereits den Atem des Todes, der von ihm ausging, und fragte sich, wie die Priesterin ihm wohl helfen wolle.
    Diese hatte sich ins Gras gekniet. Ihre Hand ruhte sanft auf der Stirn des Jungen. Für einen kurzen Augenblick hielt sie den Blick starr geradeaus gerichtet, dann schloss sie die Augen und versank in eine tiefe Meditation.
    »Was tut sie?«, richtete Lya-Numi flüsternd eine Frage an die Novizin, die neben ihr stand.
    »Sie versucht das Gift aus dem Körper des Kindes zu ziehen«, gab diese leise Antwort. »Wir nennen es Überantworten .«
    Lya-Numi hatte das Wort noch nie gehört, fragte aber nicht weiter nach. Sie spürte, dass die Priesterin Ruhe benötigte. Auf keinen Fall wollte sie schuld daran sein, wenn das Überantworten scheiterte und das Kind starb.
    Im Kräutergarten herrschte eine gespannte Stille. Alle Blicke waren auf die Priesterin gerichtet, die heftig zu atmen begonnen hatte, aber immer noch unerschütterlich und ruhig dasaß.
    »Sie schafft es«, hörte Lya-Numi eine der älteren Schülerinnen murmeln, und eine andere flüsterte: »Die Gütige Göttin stehe ihr bei.« Hoffnung und Sorge lagen bei diesen Worten so dicht beieinander, dass Lya-Numi erschauderte. Die Priesterin atmete nun heftig und zitterte so stark, dass zwei der älteren Novizinnen sie stützen mussten. Schweiß perlte auf ihrer Stirn. Die Augen bewegten sich hinter den Lidern hektisch hin und her. Es war nicht zu übersehen, dass sie litt, aber niemand unterbrach das Ritual, und auch sie selbst löste die Hand nicht von der Stirn des Jungen. Lya-Numi wagte kaum zu atmen. Die Hände zu Fäusten geballt, stand sie da und beobachtete mit wachsendem Entsetzen, wie die Priesterin immer blasser und schwächer wurde. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus: »Warum tut ihr denn nichts?«, fragte sie die Novizin neben sich, aber diese schüttelte nur stumm den Kopf und legte mahnend den Finger auf die Lippen.
    »Aber die Priesterin …«
    »… weiß, was sie tut.« Lya-Numi drehte sich um und sah Elwren, die unbemerkt hinter sie getreten war. »Das Überantworten ist ein gefährliches Ritual«, raunte sie Lya-Numi zu. »Sie weiß um die Gefahr und hätte den Schritt nicht gewagt, wenn sie sich des Erfolgs nicht sicher gewesen wäre.«
    »Was ist mit ihr?«, wollte Lya-Numi wissen.
    »Sie nimmt das Gift aus dem Körper des Kindes in sich auf«, erklärte Elwren leise. »Sieh nur!«
    Als Lya-Numi den Blick wieder auf die Priesterin richtete, glitt deren Hand gerade kraftlos von der Stirn des Jungen, und er schlug die Augen auf. Sein Blick war klar und frei von Fieber. Als er die Gesichter der vielen Novizinnen sah, erschrak er. Seine Lippen bebten und formten leise ein einziges Wort: »V… Vater?«
    »Ich bin hier!« Für den Vater gab es kein Halten mehr. Mit einem Aufschrei stürmte er auf seinen Sohn zu und schloss ihn in die Arme. Lya-Numi traute ihren Augen nicht. Der Junge, eben noch todkrank, war gesund. Es war, als hätte

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