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Die Elfen des Sees

Die Elfen des Sees

Titel: Die Elfen des Sees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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nichts sehnlicher wünschte, als einmal auf dem Rücken eines Riesenalps über das Land zu fliegen, in der Hoffnung, sie damit umstimmen zu können. Das hatten die beiden sich ja fein ausgedacht. Aber so einfach würde sie der Hohepriesterin nicht in die Falle gehen. »Gebt Euch keine Mühe«, sagte sie kühl. »Mein Entschluss steht fest. Ich bleibe hier.«
    »Willst du dir den Tempel denn nicht einmal ansehen?«
    »Wozu?«
    »Ganz unverbindlich. Für drei Mondläufe.«
    »Nein.«
    »Man kann den Wein erst dann als ungenießbar ablehnen, wenn man ihn gekostet hat«, gab die Hohepriesterin zu bedenken.
    »Schon möglich. Aber ich will ihn nicht kosten.« Lya-Numi ließ sich nicht beirren. »Mein Platz ist hier.«
    »Das ist nicht besonders weise.«
    »Ein Fischer muss nicht weise sein. Es genügt zu wissen, wie man Netze flickt und einen reichen Fang nach Hause bringt.«
    »Siehst du das wirklich so?«
    »Ja.«
    »Nun denn.« Gilraen seufzte ergeben, erhob sich und schickte sich an, den Steg zu verlassen. Zuvor aber wandte sie sich noch einmal an Lya-Numi. »Du musst deine Entscheidung nicht sofort fällen, meine Tochter«, sagte sie sanft. »Denk noch einmal darüber nach, was ich dir angeboten habe. In zwei Sonnenläufen kehre ich zurück. Dann erwarte ich deine Entscheidung.« Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging davon, ohne Lya-Numi Gelegenheit für eine Antwort zu geben.
    Lya-Numi schaute ihr nach. Selbst als Gilraen hinter dem Schilf nicht mehr zu sehen war, blieb ihr Blick weiter auf die Stelle gerichtet, an der sie die Hohepriesterin zum letzten Mal gesehen hatte, während sie die Ereignisse des Morgens noch einmal an sich vorüberziehen ließ.
    Im Nachhinein schämte sie sich ein wenig für ihr unwirsches Verhalten. Die Hohepriesterin war sehr freundlich gewesen und hatte offen zu ihr gesprochen. Sicher gab es viele, die alles dafür gegeben hätten, ein solches Angebot zu bekommen, und die ohne zu zögern zugestimmt hätten – aber sie gehörte nun mal nicht dazu.
    Sie war glücklich hier am See – jedenfalls war sie es gewesen, bis Dirair fortgegangen war –, und sie würde es schon bald wieder sein, wenn Dirair zurückkehrte, dessen war sie gewiss. Jetzt fortzugehen erschien ihr als ein schändlicher Verrat an ihren Hoffnungen. Ein Eingeständnis dessen, was sie seit vielen Sonnenläufen so beharrlich leugnete.
    Ein Besuch im Tempel wäre eine gute Gelegenheit, der Ungewissheit zu entfliehen , meldete sich die leise Stimme in ihr zu Wort, die ihr schon seit langem zuflüsterte, dass sie Dirair niemals wiedersehen würde. In den fernen Sümpfen wirst du auf andere Gedanken kommen. Dort wirst du frei sein von den Erinnerungen, die dich hier umgeben und quälen.
    Lya-Numi ballte die Fäuste. Sie spürte die Wahrheit, die in den Gedanken lag, wehrte sich aber noch immer dagegen. Sie hatte Dirair ewige Liebe geschworen, sie hatte versprochen, auf ihn zu warten …
    Warten kannst du auch in den Sümpfen. Wenn er zurückkommt, kannst du jederzeit ins Grasland zurückkehren.
    »Ach, Dirair.« Lya-Numi wischte eine Träne fort und ließ den Blick über das wogende Meer aus Schilf schweifen.
    Es ist nur ein Besuch. Er verpflichtet dich zu nichts. Sieh es dir wenigstens an. Du kannst dabei nur gewinnen.
    »Aber ich will nicht.« Die Worte hallten über den See und scheuchten zwei Gänse auf, die in der Nähe gründelten. Lya-Numi schloss die Augen und atmete tief durch. In Gedanken sah sie sich an Dirairs Seite auf dem Steg stehen. Er hatte den Arm um sie gelegt. Das Licht der untergehenden Sonne färbte das Wasser blutrot. »Wenn ich nicht gehe«, hatte er zu ihr gesagt, »werde ich mich mein Leben lang für meine Feigheit verachten.«
    »Wenn du gehst«, hatte sie geantwortet und ihm tief in die Augen gesehen, »werden wir uns nie wiedersehen.«
    »Was immer auch geschieht, ich werde bei dir sein«, hatte er erwidert, ihr sanft über die Wange gestrichen und …
    »Lya-Numi!« Die Stimme ihrer Mutter ließ die Bilder der Erinnerung zerplatzen wie eine Luftblase auf dem Wasser. Leichte Erschütterungen kündeten davon, dass sie den Steg betrat und rasch näher kam. »Lya-Numi, Kind! Was fällt dir ein?«, begann sie in dem leisen, aber strengen Ton, den sie immer dann wählte, wenn sie besonders verärgert war. »Was du getan hast, war mehr als respektlos. Da bekommen wir ehrenwerten Besuch, und du rennst fort, als wärst du geschlagen worden. Was hast du dir nur dabei gedacht? – Novizin der

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