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Die Elfen von New York

Die Elfen von New York

Titel: Die Elfen von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Millar
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Rassenkrawalle«, sagte Kerry. »Wie schade, daß Menschen nicht wie Feen sind, so wie du heute morgen gesagt hast.«
    »Genau«, sagte Morag und starrte zur Decke.
    Kerry stellte das Radio ab und schaute nachdenklich.
    »Was meinst du mit teuflische gelbe Feen‹?«
    »Nichts. Überhaupt nichts. Das ist bloß ein netter schottischer Gruß, den wir oft benutzen, wenn wir einen alten Freund treffen.«
    Morag holte ihren Whiskeyvorrat hervor und setzte sich dann aufs Bett.
    »Ich gehe jetzt lieber schlafen. Wenn jemand anruft, sag, ich bin nicht da.«
    »Mußt du unbedingt auf meiner Schulter sitzen?« beschwerte sich Dinnie.
    »Warum nicht? Es ist eine hübsche dicke Schulter mit viel Platz darauf.«
    »Ich habe keine dicken Schultern.«
    »Klar hast du die.«
    Sie blieben an der Ecke stehen und stritten sich. Dieser hitzige Disput zwischen einem Geigenspieler und einer unsichtbaren Fee hätte andernorts Aufmerksamkeit erregt. An einer Ecke der 4. Straße nahm niemand Notiz.
    Sie gingen weiter, Dinnie noch brummiger als sonst, Heather dagegen völlig unbeeindruckt. Dinnie war auf dem Weg zum Supermarkt in der Second Avenue, wo er billig einkaufen konnte und seine Lieblingskekse bekam.
    »Hast du’n bißchen Kleingeld?« fragte ihn eine Bettlerin. Dinnie würdigte sie keines Blicks. Dinnies Herzlosigkeit stimmte Heather traurig. Sie fand, für einen MacKintosh schicke es sich nicht, den Armen seine Hilfe zu verweigern.
    »Sie hat kein Zuhause. Es ist schrecklich, wenn man kein Zuhause hat.«
    »Was geht mich das an! Geh doch hin und bau ihr eins, wenn du soviel Mitleid mit ihr hast. Dann hängst du mir wenigstens nicht dauernd im Haar.«
    »Ich war noch nie in deinem Haar. Das ist mir viel zu dreckig.«
    Dinnie hatte dickes, schwarzes Haar. Meistens war es struppig und ungekämmt. Mit seiner verfilzten Mähne und seinem kräftigen Körperbau sah er manchmal wirklich wild aus, besonders, wenn er nicht rasiert war – entweder weil er keine Lust dazu hatte oder weil er den Heißwasserboiler nicht in Gang bekam.
    Er schätzte es nicht, von einer Fee kritisiert zu werden, und beschloß, stumm seines Weges zu gehen.
    Aber mit Heather auf der Schulter war das nicht möglich.
    »Warum steigt da Dampf vom Trottoir auf?«
    »Keine Ahnung. Außerdem heißt das Bürgersteig.«
    »Wirklich? Sind wir bald da?«
    »Nein.«
    »Bestens. Dann erzähle ich dir eine Geschichte, solange wir unterwegs sind. Ich erzähle dir die traurige Geschichte, warum ich von den herrlichen Seen und Schluchten Schottlands vertrieben wurde, warum ich nie mehr zurück darf, nie mehr die schönen mit Heidekraut bewachsenen Hügel und die schneebedeckten Berge von Glencoe sehen werde. Warum ich für immer dem Genuß von Heidekrautbier und dem von den MacKintosh-Feen so vorzüglich gebrauten und destillierten Whiskey entsagen muß und warum ich den hübschen kleinen Friedhof von Inver niemals wiedersehen werde.«
    Dinnie knirschte mit den Zähnen. »Nun fang schon an mit deiner Geschichte.«
    »Ich wollte dich doch bloß erst in Stimmung bringen. Also, eines Nachts, es war stockdunkel und goß in Strömen, waren Morag und ich auf Skye unterwegs, einer Insel vor der schottischen Westküste. Wir wollten zum großen MacLeod-Feenfiedelwettbewerb. Die Reise war sehr beschwerlich, aber als echte MacKintosh konnte mich das nicht abschrecken. Morag dagegen jammerte die ganze Zeit, ihr sei kalt und sie hole sich noch den Tod in den feuchten Kleidern. Die MacPhersons sind alle verweichlicht. Sie wollte sich schon irgendwo hinlegen und aufgeben, als ich die Sache in die Hand nahm und eine Burg fand, in der wir unterschlüpfen konnten.«
    »Du hast eine Burg aufgetrieben? Einfach so?«
    »In Schottland sind Burgen nichts Ungewöhnliches, im Gegenteil, es wimmelt geradezu von solchen Gemäuern. Wir fanden einen Raum, der schön trocken war. Es gab zwar kein Bett darin, aber auf dem Boden stand eine bequem aussehende Schatulle, und in die kletterten wir. Darin war nichts außer einem großen grünen Tuch.«
    Im Schrittempo rollte ein Taxi vorbei, hupte den Lastwagen vor sich an, der wiederum das Auto vor sich anhupte, dem gerade ein anderes Auto mit abgewürgtem Motor im Weg stand. Die Fahrer hinter dem Taxi taten es den anderen gleich und stimmten ein gewaltiges Hupkonzert an, obwohl sie natürlich wußten, daß es ihnen nicht das geringste nutzte. Dinnie schlängelte sich zwischen den Autos hindurch über die Straße.
    »Morag jammerte natürlich immer noch, ihr sei

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