Die Elfen
Elfen, Menschensohn?«
Überheblicher Mistkerl, dachte Mandred. »Wenn ihr ihn aufgebt, dann bringt mich zum Ufer. Ich werde nach ihm suchen!«
»Was willst du tun? Zur Nachtzinne kriechen?«
»Jedenfalls werde ich nicht einen Freund im Stich lassen.«
»Was nutzt es Farodin, wenn auch du stirbst?«, fragte Elodrin.
»Das wirst du nie begreifen, Elf. Es ist eine Frage der Ehre, seine Freunde nicht aufzugeben. Ganz gleich, unter welchen Umständen. Und ich bin mir sicher, Farodin würde dasselbe für mich tun!«
Der alte Elf nickte. »Ja, er hat sich sehr verändert. Das konnte ich spüren. Vielleicht… Schweig nun, Mensch. Ich brauche Ruhe!«
Elodrin ließ die Ruderpinne los und kauerte sich ins Heck. Leise summte er eine einlullende Melodie. Das sanfte Schaukeln des Bootes und die Erschöpfung machten Mandred schläfrig. Sein Kopf kippte zur Seite. Nicht einschlafen, war sein letzter Gedanke.
Erschrocken fuhr der Jarl hoch. Die Elfen saßen wieder an den Rudern, und der Nebel hatte sich aufgelöst.
Sie mussten den Fjord verlassen haben! Wütend blickte Mandred zu Elodrin auf. »Du mieser Feigling! Du hast einen Schlafzauber über mich gelegt, um dann zu fliehen!« Er tastete nach seiner Axt. Sie war fort. Jede Bewegung ließ brennenden Schmerz durch sein Bein fahren.
Der alte Elf hatte seine Augenbinde angelegt. Er neigte den Kopf in Mandreds Richtung und lächelte. »Dass du gerade jetzt erwachst, zeigt, wie stark das Band eurer Freundschaft ist.«
»Du wirst mich sofort in den Fjord zurückbringen, du elender, dreckfressender .«
»Nardinel! Landal! Helft ihm auf! Sein Gerede stört meinen Zauber!«
Die angesprochenen Elfen zogen ihre Ruder ein und kamen zu ihm herüber. Auch sie trugen wieder ihre Augenbinden. Mandred stöhnte vor Schmerz, als sie ihn unter den Achseln packten und auf die Beine brachten.
»Ich weiß nicht, wie du es geschafft hast«, zischte Nardinel ihm ins Ohr, »aber deine Unvernunft hat nun auch Elodrin ergriffen! Die Schamanen der Trolle vertreiben den Nebel aus dem Fjord. Jeder kann uns sehen. Und trotzdem halten wir auf den Hafen der Nachtzinne zu!«
Während er sich auf die Elfen stützte, konnte Mandred über die Reling sehen. Das Schneetreiben hatte aufgehört. Der Himmel war klar und voller Sterne. Etwa eine halbe Meile entfernt erhob sich der Turm der Trolle über dem Fjord. Überall auf den Klippen und entlang des Strandes bewegten sich Fackeln. Der Fuß des Turms war von einem matten, rötlichen Leuchten umgeben. Dichter Rauch quoll aus den Fenstern.
Die lange Hafenmole war voller Trolle. Offenbar wurden in aller Eile Schiffe bemannt.
»Siehst du ihn?«, fragte Elodrin vom Heck. »Farodin muss kurz vor uns im Wasser sein. Ich spüre seine Nähe. Es kostet kaum noch Kraft, den Suchzauber aufrechtzuerhalten.«
Mandred spähte in die sanfte Dünung. Einen Schwimmer, der das Wasser aufwühlte, hätte man sofort sehen müssen. Doch da war nichts.
»Bist du sicher, dass er hier ist?«, fragte er leise.
Elodrin deutete links am Vordersteven vorbei. »Dort. Das ist die Richtung, in die du blicken musst!«
Mandred kniff die Augen zusammen. Das Licht der Fackeln spiegelte sich in der glatten See. Plötzlich stieg eine Feuerkugel von der Nachtzinne aus steil in den Himmel. Sie beschrieb einen weiten Bogen und stürzte dann fast senkrecht auf sie zu. Das Geschoss verfehlte sie um viele Schritt. Es war ein Speer mit einem kleinen Brandkorb unter der steinernen Spitze.
Kaum war er im dunklen Wasser verschwunden, stiegen bereits zwei neue Feuerkugeln von der Nachtzinne auf. Vom Hafen her waren kehlige Schreie zu hören. Mandred sah, wie eines der großen schwarzen Schiffe die Leinen löste.
Verzweifelt suchte der Jarl das Wasser ab. Endlich entdeckte er etwas. Einen hellen Fleck. Goldenes Haar, das sich im Takt mit der sanften Dünung wiegte. »Dort! Haltet ein wenig nach Steuerbord! Farodin!«
Sein Gefährte reagierte nicht. Er trieb mit dem Gesicht nach unten im Wasser.
»Schnell! Ein Ruder.«
Mandred stieß Farodin mit dem Ruderblatt an, doch der machte keinen Versuch, sich festzuhalten.
»Landal, hol ihn raus!«, befahl Elodrin.
Der Elf löste sich von Mandred, sprang über Bord und tastete sich am Ruder entlang, bis er zu Farodin gelangte. Er drehte den Elfen um, packte sein Haar und kam mit zwei kraftvollen Schwimmzügen zum Boot zurück.
Als auch Nardinel ihn losließ, um zu helfen, musste Mandred sich an der Reling festklammern. Er konnte sein gebrochenes Bein
Weitere Kostenlose Bücher